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Schon zum dritten Mal an diesem Tag, rieb sich Ethan Lockheart über die Brust. Genau dort, wo, Anatomisch gesehen, ein lebendes Herz hätte schlagen müssen. Das, und da waren sich alle, einschließlich er selbst, einig, eigentlich nur dazu diente, ihm am Leben zu erhalten. Ansonsten war es kalt und verdorben.

Wieso tat es dann heute so weh? Er wusste durch die Automatischen Check Ups seines Key- Schlüssel, dass ihm medizinisch gesehen nichts fehlte.

Aber was war es dann?

Weil es ihn so sehr abgelenkt hatte, hatte er sich sogar früher aus der Konferenz entschuldigt. Was er noch nie getan hatte. Herr Gott! Zehn Minuten nach dem er seinem alten Herren eine letzte Kugel rein gejagt hatte, und ihn somit Schluss endlich alle Lebenslichter ausgeblasen hatte, war er zu den Verhandlungen der neuen Waffenlieferungen, die von China nach Afrika verschifft werden sollten.

Die gestrige Nacht kam ihm plötzlich wieder in den Sinn. Seufzend stand er auf und trat an die große Fensterfront seines Stadtbüros. Irgendetwas stimmte nicht. Und zwar mit ihm. Er hatte gedacht, die Hochzeit wäre etwas nützliches gewesen. Inzwischen bezweifelte er es jedoch.

Das Feuer und die Wut, die er früher bei Mia so leidenschaftlich hatte miterleben dürfen, war verschwunden und seitdem wandelte sie als halbe Tote durch das Anwesen. Gestern sprach auch eher für den Alkohol, als dass sie sie selbst gewesen wäre. Und doch... hatte er es genossen, sie wieder zu berühren.

Dass Gefühl in ihr zu sein... war schlichtweg berauschend. Eine Droge, von der er versuchte, nicht süchtig zu werden.

Vielleicht hatte es ihn deswegen da zu veranlasst, ihr tatsächlich seine private Nummer zu geben. Eine Nummer, die nur eine Handvoll Leute besaß.

Wie auf Kommando, fing sein Key-Schlüssel an zu piepen und mit einer Handbewegung nahm er dein einkommenden Anruf entgegen.

"Sir, bei den Franzosen regt sich etwas." Die dunkle Stimme war ihm nur allzu vertraut und lockte ihm eines seiner seltenen Lächeln aufs Gesicht. Jack Hyde war sein Springer und einer seiner besten Angestellten. Er redete nie um dem heißen Brei herum.

"Es hätte mich auch gewundert, wenn nicht", sagte er amüsiert und ging zu einem kleinen Beistelltisch um sich einen Scotch einzuschenken. "Allerdings werden sie ohnehin nicht weit kommen. Nicht ohne ihre größte Geldquelle."

Auf der anderen Seite der Leitung herrschte kurz Stille. "Sir, meine Spione berichten beunruhigende Aktionen in den Katakomben."

Das überraschte ihn ebenfalls nicht. Immerhin waren die Katakomben ein wahres Labyrinth und die Franzosen wären dumm gewesen, sich dies nicht zu nutze zu machen um den einen oder anderen Notgroschen dort zu verstecken.

Aber so viel hatte sich auch sicher schon Jack zusammen gereimt gehabt, weshalb es dort wohl noch mehr geben musste.

"Was schlägst du vor?", fragte er seinen Springer deshalb und nahm einen tiefen Zug seines Scotches.

" Ich schlage vor, wir schalten den weißen Wolf hinzu."

Ethan überlegte kurz. Der schwarze Wolf war einer ihrer besten Spione und bereits so tief im Gebiet des Feindes, dass, erst mal in Aktion getreten, er nicht lange unentdeckt bleiben würde. Auf der anderen Seite hatte er die weiße Seite bereits in seiner Hand. Jetzt musste er nur dafür sorgen, dass das auch so blieb.

"Einverstanden. Erstatte mir am Sonntag den ersten Bericht."

"Ja, Sir."

Die Verbindung brach ab und Ethan trank seinen Scotch auf Ex. Es ging in die Entscheidende Runde. Und deshalb musste er mehr als alles andere einen kühlen Kopf bewahren. Er würde wie geplant um 20 Uhr sein Flugzeug nach Mexico starten und dort mit den örtlichen Drogenbossen ihre Lieferung nach Kolumbien zu besprechen. Außerdem überprüfte er die Wahre von solcher Größe immer erst gerne selbst.

Mia würde bis dahin aus seinem System raus haben. Das Ziehen machte sich wieder bemerkbar und er stand auf, um sich ein neues Glas einzuschenken. Vielleicht würde der Alkohol ja helfen. Bei seiner Frau hatte es ja offensichtlich geklappt, dachte er leicht sarkastisch.

Mit einem Ruck wurden plötzlich die Türen zu seinem Büro aufgestoßen. Niemand würde es jemals wagen, so bei ihm vorzutreten.

Es sei denn er oder sie war Lebensmüde. Nur stand im Türrahmen nicht einer seiner Angestellten.

Im Türrahmen stand seine Frau, wieder mit Farbe im Gesicht und Leben in den Augen.

Es kostete ihn ganze fünf Sekunden, um festzustellen, dass der Schmerz aufgehört hatte.

Schachmatt #2 ~der letzte Zug des Königs~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt