Prolog

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Heute

 Er starrte in dieses vertraute Gesicht. Sie brauchten einander nicht zu fragen, was hier geschehen war. Schweigend betrachteten sie einander.

Worte waren überflüssig. Es war geschehen, doch ohne es aussprechen zu müssen, ohne es hören zu müssen, wusste er, dass es keine Wiederholung geben würde. Nicht, wenn sie nicht zerstören wollten, was sie besaßen.

Einander zu haben wiegte nicht den Schmerz auf, den sie brächten. Sanft nahm er das Gesicht in die Hände, wollte nur ein letztes Mal kosten, fand sich aber in einem tiefen Kuss wieder.

Er wollte, dass die Zeit stehen blieb. Das sie für immer in diesem Augenblick verharren konnten, anstatt zurückzukehren. Geheimnisse vor seiner Frau zu haben, war nicht das Non plus Ultra. Aber er wüsste auch nicht, wie er ihr beibringen sollte, was hier geschehen war.

Trauer und Schmerz spiegelte sich in dem jüngeren Gesicht wieder. Aber auch eine gewisse Resignation.

Sie wussten beide, dränge das durch, zerbreche alles, was sie besaßen.

Nicht sie durften die Verursacher eines Bruchs sein. Nicht nach allen, was die anderen durchgemacht hatten. Nicht nach all den Opfern, die sie alle gebracht hatten.

Nach all den Jahrhunderten spürte er das erste Mal vollkommen Frieden. Sanft zog er den Anderen zu sich, umarmte ihn fest und verlor sich für den Augenblick in der absoluten Ruhe, die ihm nur dieser Eine bisher gebracht hatte. Bewusst führte er seine Gedanken in wärmere Gefilde.

Nur noch ein paar Minuten.  

Opfer für die FamilieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt