Unbekanntes Terrain

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1923

Esme befand, dass es zu den unangenehmsten Nächten ihres Daseins gehörte. Carlisle und Edward waren ihr bisher als recht friedliches Paar erschienen, einander ebenbürtig und ruhig in Konflikten. Nur hatte sie sich dessen geirrt. Die beiden stritten sehr effektiv.

Man spürte die Kälte in dem sturen Blickduell. Keiner wollte nachgeben. Sie wusste nicht einmal, worum es ging und wusste nur, dass es wohl tiefgreifend war.

„Ich bin nicht du." Edwards Stimme klang kalt und unnachgiebig. Sie würde ja gerne gehen und die beiden das in Ruhe ausdiskutieren lassen, aber es schien nicht einmal, als nehmen die beiden sie überhaupt wahr. Es war ohnehin kurios den beiden zuzuhören – Carlisle antwortete so gut wie nur mental und ohne jeden Bezug für sie.

„Ich hatte einen guten Lehrmeister, du kannst mich nicht einsperren!" Zumindest daraus konnte man ein wenig interpretieren. Edward war in den letzten Woche ungewohnt ruhelos gewesen.

„Nein, es..."

„Komm schon..."

„Ich lasse da nicht mit mir diskutieren, Edward", bestimmte Carlisle plötzlich verbal und beugte sich vor, „Und ich will dich nicht an die zahlreichen, knappen Gelegenheiten der letzten Jahre erinnern."

„Deswegen nachts!"

„Nein."

Die letzte bisschen akzeptable Stimmung kippte. „Das ist unfair!"

„Benimm dich nicht wie ein Kind."

„Dann behandle mich nicht wie eins."

„Du kenn..."

„Sie sind übertrieben."

„Du hast keine Wahl."

„Gott, du kannst mich mal!", schnappte Edward und stand auf, „Das lasse ich nicht so stehen." Damit stürmte ihr Sohn aus dem Raum und gleich darauf knallte eine Tür. Immerhin hörte sie kein splitterndes Holz. Carlisle seufzte tief und fuhr sich mit der Linken durchs Haar.

„Entschuldige, dass du das mitbekommen hast", wandte dieser sich an sie, „Wir haben die Diskussion jedes Jahr." Ihr Mann nannte das Diskussion? Für sie war das ein handfester Streit gewesen.

„Du lässt so mit dir reden?" Das überraschte sie ja mehr als die ganze Szene, die sich vor ihr entfalten hatte.

„Wie meinst du das?" Carlisle wirkte wirklich überrascht. Also so etwas würde sie ihr gegenüber nicht tolerieren.

„Er hat dich in gewisser Form gerade beleidigt."

„Ach, das", murmelte Carlisle und machte eine wegwerfende Handbewegung, „Ich habe ihm auch schon so allerlei an den Kopf geworfen. Das war eigentlich noch ganz human. Eine Diskussion eben."

Heute

Immer wieder hatte sich eine hohe Toleranz gegenüber Edward offenbart und, da war sich Esme sicher, Edward wahrte dieselbe Toleranz gegenüber Carlisle. Sie wusste, dass ihr Mann auch ganz anders konnte, als dieser es vor den Kindern zeigte. Schließlich hatte sie auch schon ihre Streitereien mit ihm gehabt.

Nur das heute war ja ein ganz anderes Verhalten gewesen. Sie war nicht als einzige überrascht gewesen, wie das alles so plötzlich aus dem Ruder gelaufen war. Bella war ja noch ein wenig zu erwarten gewesen (irgendwann hatte es einfach so kommen müssen), auch wenn sie die Reichweite etwas überrascht hatte. Keiner ihrer Kinder wagte es, nicht einmal im Versehen, Carlisle zu beleidigen.

Opfer für die FamilieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt