Friede

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„Ich habe schon so viele Scheidungen in den Gedanken der Menschen gesehen. Aber es ist witzlos, was sie sich hier ableistet." Mit einem Schnauben warf Edward den Brief quer über den Tisch. „Laut den Papieren hier müsste Bella über dreißig sein. Ich ebenso. Sie kann doch keinem Anwalt verklickert haben, dass das eine echte Ehe war."

Carlisle stimmte Edward in Gänze zu – es war ein witzloses Unterfangen. Lediglich einer Sache gewidmet, nämlich Edward zu quälen. Ein gelungenes Unterfangen.

„In Anbetracht ihres Lebens hat das hier kein Bestand." Er nahm die Papiere und zerriss sie. „Sie wird den Kopf verlieren, wenn die Menschlichkeit sie weiterhin so im Bann hält. Derzeit macht sie sich nur lächerlich." Die kleinen Papierfetzen stopfte er in den kleinen Mülleimer, der auf dem Tisch stand. „Die Vampirwelt hält nichts von Ehe, weder staatlich noch kirchlich, und sie wird es merken. Wir haben das größere Vermögen. Und den größeren Einfluss."

„Meinst du das genügt? Sie hat auch einiges angesammelt."

Der Flughafen war gut besucht, aber kaum einer achtete auf sie. Diese lächerliche Scheidungssache wollte er vor dem Abflug hinter sich haben.

„Hast du auch den Teil ihres Vermögens bedacht, der auf den Familienkonten sind?" Er war Pazifist. Hieß aber nicht, dass er frei von Rachegedanken war. Oder gewissen Maßnahmen, die ihr das Leben eventuell etwas erschweren konnte. „Ich habe jedem von euch niemals den Zugriff auf das Familienvermögen verwehrt, egal aus welchem Grund ich euch nicht mehr sehen wollte. Aber Bella hat sich von diesem Clan abgewendet. Sie hat kein Recht darauf, sich auch nur im Ansatz an diesem Vermögen oder den Cullen'schen Privilegien zu bedienen."

„Macht das wirklich einen so großen Anteil aus?"

„Fünfundsiebzig Prozent ihres Vermögens laut Buchhaltung. Allein damit kann ich weitaus bessere Anwälte besorgen als sie. Witzig hingegen ist, dass meine Beziehungen in die juristische Welt schon weitaus stärker sind als jedes Geld, dass sie in den nächsten fünfzig Jahren auftreiben kann."

„Wo hast du nicht deine Finger drin?", fragte Edward, sichtlich bemüht Witz in diese Sache zu bringen. „Sie ist den Ärger nicht wert, oder?"

„Natürlich nicht", murmelte er selbst, „Sie ist es nicht wert. Trotzdem macht man sich Gedanken darum." Er griff nach Edwards Hand. „Ein Anruf und sie wird die nächsten Wochen ein wenig leiden."

Was schon ziemlich unschön war. Wann hatte er begonnen so zu denken? Seine Kontakte waren stets dem guten gewillt gewesen. Obwohl, es war gut. Gut für seinen Gefährten. Gut für seine Nerven.

„Nein", seufzte Edward und schüttelte den Kopf, „Sie ist einfallsreich. Ich will nicht, dass irgendwas zurückkommt. Wir hatten genug mit Nomaden zu tun, ich brauche keine Rache meiner... meiner Ex-Frau." „Hier stand nur die Frage, ob ich die Scheidung akzeptiere. Alles weitere kann dann dein Kontakt regeln. Es gibt doch keine Dokumente über Renesmee oder?"

„Sie ist volljährig, in allen Belangen. Bella kann sie dir nicht nehmen, selbst wenn sie wollte." Beruhigend drückte er die Hand seines Gefährten. Eine menschliche Angst. Aber selbst wenn Renesmee auf irgendwelchen Papieren heute minderjährig gewesen wäre – eine Änderung war keine Mühe. „Es ist allein Renesmee's Entscheidung."

„Weißt du, was ich mich seit Bellas Weggang oft gefragt habe?" Edward hatte die Stimme soweit gesenkt, dass nur er sie hören konnte.

Mir fallen viele Dinge ein, aber ich liege wohl meilenweit daneben. Ein kurzes Grinsen zeigte sich für seinen direkten Gedankengang. Verrat es mir.

„Ich vermeide zumeist den Gedanken an Gott oder Schicksal oder eine festgeschriebene Zukunft", begann Edward und starrte die Tischplatte nieder, „Wir sind unserer selbst Herr und wenn wir das gut getan haben, erwartet uns der Himmel. Und wenn man ein Monster ist, ist es eben ein wenig schwieriger, aber nicht unmöglich."

Opfer für die FamilieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt