Zwei Tage später
Mark war wieder da, erschöpft wirkend, aber anwesend. Was hieß, so teilte Jonas Carlisle mit, dass es nur noch die Schicht zu bewältigen gab, ehe er zwei Wochen außerhalb des Krankenhauses verbringen konnte.
Der Flug nach Ashland hatte er bereits organisiert. Was auch immer Esme ihnen da nun im Detail aufgebaut hatte, kannte er auch noch nicht, aber das Haus war fertig. Zwei volle Wochen außerhalb der Familie, nur für sich und der Wald. Dringend nötig und doch war der nächstbeste Flug erst morgen früh. Früher aus der Schicht austreten war nicht möglich, da Mark offensichtlich noch ein wenig Schonung in der ersten Schicht nach dem Krankenschein bedurfte.
„Was macht er hier?", fragte Mark auch schon, als Edward bei einem Notfall mit ins Trauma-Zimmer kam. Sein Gefährte hielt sich zurück, half nur bei Kleinigkeiten, und doch war es hilfreich. Was auch Leon rasch eingesehen hatte. Ohne Versicherungsschutz und alles andere als gesetzlich vertretbar, aber willkommen.
„Es war meine Erlaubnis", informierte Leon diesen vom Beobachtungsposten aus, „Vertrau mir."
„Ist das mit Thomas abgesprochen?"
„Nö."
„Hätte mich auch gewundert, wenn er zugestimmt hätte. Das bringst du aber Jonas bei."
„Schon geschehen."
„Dann kommen mal her, Edward", meinte Mark, ohne große Nachfragen mehr zu stellen oder Leons eigenständiges Entscheiden irgendwie zu rügen, „Wenn wir hier schon mit dem Feuer spielen, dann richtig. Schonmal eine Thorax-Drainage gelegt?"
„Nur zugesehen." Glatte Lüge. Als die Medizin noch nicht ganz so eng gestrickt gewesen war mit ihren Gesetzten, hatte er Edward sehr viel mehr in die Praxis mitgenommen. Gehorsam ging sein Gefährte zu dem Oberarzt auf die Seite.
„Mach's wie bei mir", mischte Leon sich ein. Eine Frage-Antwort-Spiel, um das Wissen zu testen. Hatte er bereits mitbekommen, vor allem bei schwierigeren Patienten, wo sich die Oberärzte gegenseitig das Denken erleichterten. Natürlich bestand Edward mit Bravour. Auch das Legen der Drainage verlief einwandfrei.
Nur ruhte Marks Hand viel zu lange auf Edwards Schulter, als der die lobend drückte. Definitiv als die angemessenen zwei Sekunden. Fünf Sekunden. Sechs. „Schon über deine berufliche Zukunft nachgedacht?" Er war schon dabei erleichtert auszuatmen, als Marks die Hand wegzog – und hielt die Luft wieder an, als die Hand auf dem Rücken zu bleiben schien. Sie ging jedenfalls mal nicht zurück an ihrem passenden Platz. Weg von Edward. Machte dem die Kälte nichts aus?
„Ich schätze Mal, die Medizin ist ein ganz passender Ort für mich."
„Ich dachte ja eher an das Krankenhaus, das du wählst", korrigierte Mark diesen, „Mit Leon und mir dürftest du sehr viel lernen, mehr als du glauben magst. Vielleicht mehr als du für den Anfang brauchst." Beiläufig streifte der Blick des Menschen ihn. „Und natürlich auch von deinem Vater. Insofern er nicht weiter zögert offen mit ihm umzugehen." War er paranoid? Zwar mag er vor vierhundert Jahren geboren sein, aber Zweideutigkeit war damals wie heute ein Thema. Edwards amüsiertes Grinsen entging ihm nicht. „Ich meine natürlich seine Fähigkeiten", fügte Mark frech hinzu, ehe er Edward aufforderte beiseite zu treten. „Vielleicht haben wir dann in ein paar Jahren zwei kleine Genies hier."
Immerhin nahm der Mensch endlich seine Hände von Edward. In seiner Stimme klang nicht sein Wunsch nach, Mark die Hand abzuhaken. „Ich wüsste auch nicht, was du sonst meinen könntest. Welchen Weg auch immer er einschlägt, ich unterstütze ihn darin."
Um einen Patient zu behandeln bedarf es kaum Konzentration. Vieles lief automatisch ab. Dennoch war das bei Menschen nicht so. Mark erwiderte nichts, als sie weiter den Verletzten behandelten. Aber ihm entging nicht diese seltsame Grinsen, dass sowohl Mark als auch Leon auf ihren Gesichtern trugen.
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Opfer für die Familie
FanfictionAls sie sich fanden, fehlte es ihnen an Zeit. Als sie Zeit hatten, fehlte es ihnen an Freiraum. Carlisles und Edward Beziehung war schon immer besonders gewesen. Hundert Jahre nach Edwards Verwandlung, lassen sie Revue passieren, was ihre Beziehung...