Kapitel 57 - Neue Rivalitäten

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Mit schweren Schritten stapfte Aria an diesem frühen Sonntagmorgen die Treppen zur Eulerei hoch. Die meisten Schüler schliefen bestimmt noch seelenruhig in ihren Betten, doch Aria war schon früh auf den Beinen gewesen, um einen Brief an ihre Eltern zu schreiben. Die Morgensonne strahlte und warf warme Sonnenstrahlen auf das blasse Gesicht von Aria. Den Briefumschlag hatte sie fest gegen die Brust gepresst, damit ihn ihr niemand wegnehmen konnte oder der Wind ihn gar davon trieb, denn der war oben auf dem Turm besonders wild und stürmisch.

Die Nervosität kroch in ihr hoch und trieb ihr Schweiß auf die Stirn. Wie ihre Eltern wohl auf ihren Brief reagieren würde? Reflexartig umschloss sie den Brief noch fester, nur um dann mit Schrecken nachzusehen, ob sie ihn durch ihre Grobheit nicht zerknickt hatte. Erleichterung trat auf ihr Gesicht, als sie den Briefumschlag betrachtete und er noch genau so glatt wie zuvor ausschaute.

Halt suchend griff Aria mit der einen Hand an das steinerne Geländer. Sie fühlte sich benommen und sie konnte es nicht unterbinden, dass ihr Körper von einem Zittern ergriffen wurde. Vielleicht hätte sie sich doch was dickeres anziehen sollen? Sie schüttelte den Kopf. Der Frühling nahte und auch, wenn sie den Winter mit dem vielen Schnee und gemütlichen Abenden vor dem flackernden Kaminfeuer sehr genoss, war sie doch froh darum, dass die Sonne hinter der sonst so dichten Wolkendecke endlich wieder hervor lugte.

Aria betrachtete die vielen Kletterpflanzen, die sich entlang des Turmes hangelten, nur um sich dann zu fragen, wie lange die Pflanzen wohl dafür gebraucht hatten, so hoch zu wachsen. Vielleicht gab es ja sogar einen Zauber für so etwas.

Die Slytherin war an der Spitze angekommen und schlüpfte durch den hölzernen Türbogen hinein in die Eulerei. Der Wind fegte durch die Schlupflöcher und kleinen Fenster, durch denen die Eulen hindurch geflattert kamen. Aria formte augenblicklich ihre Augen zu kleinen Schlitzen und hielt nach Dracos Uhu Ausschau. Er gehörte offiziell der Familie Malfoy und die Slytherin war sehr dankbar gewesen, als Draco ihr sagte, dass sie doch seinen Uhu nutzen konnte.

"Kobra!", rief Aria den Namen des Familienuhus und sofort kam das Tier mit seinen großen Flügeln auf sie zugeflogen. Die neongelben Augen blinzelten sie an, während sich Kobra auf eine kleine Holzstange neben der Slytherin niederließ. "Bitte bring diesen Brief zu meinen Eltern, das ist mir sehr wichtig", flüsterte Aria dem Uhu zu und stopfte Kobra den Brief in den Schnabel. "Und wenn du wieder kommst", murmelte Aria noch und strich mit der Hand über sein weiches Gefieder, "dann gibt es vielleicht auch einen Keks für dich!" Sie lächelte dem Uhu zu, welcher einen kleinen Laut ausstieß. Dann breitete er seine Flügel aus, um loszufliegen.

Immer noch kämpften die Gedanken in Arias Kopf, ob es die richtige Entscheidung gewesen war, die sie da getroffen hatte, aber nun konnte sie nichts mehr rückgängig machen. Der Brief war versandt und alles, was sie jetzt noch hätte tun können, war abwarten. Abwarten auf eine Antwort oder aber auch keine. Und diese Ungewissheit machte ihr ziemlich zu schaffen. Schließlich hatte sie sich ein halbes Jahr nicht gemeldet. Sie seufzte, als sie kehrt machte und die holprigen, steinernen Stufen wieder nach unten schritt.

***

Als Aria in den Gemeinschaftsraum der Slytherins trat, erblickte sie bereits ihre Freunde, wie sie gemütlich auf den Sofas saßen und über Dinge plauderten. Auch Theodore Nott, ein hochgewachsener und schlaksiger Junge mit ovalem Gesicht, war mit von der Partie. Aria wusste, dass der junge Nott auch in der Quidditchmannschaft war und so störte sie es nicht, dass er die Gesellschaft seiner Teamkameraden Draco und Blaise suchte. Zugegeben Theodore war nicht der Hübscheste mit seinen krummen, großen Zähnen und dem schiefen Lächeln, doch man konnte ihn durchaus als angenehm betrachten. Er war nicht zu aufmüpfig, neugierig oder ein schlecht gelaunter Mensch. Theo war einfach Theo. Auch wenn er gerne mal einen frechen Spruch auf den Lippen trug und darüber alles andere als verlegen war, so wie im dritten Schuljahr damals.

Secrets - Who am I?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt