Es dauerte nicht besonders lange, bis ich es doch ein wenig bereute, vorgeschlagen zu haben, zu frühstücken. Ich hatte nicht den geringsten Appetit und als ich einen Schluck von meinem Tee nahm, war die Enttäuschung so groß, dass es verboten gehörte. War es tatsächlich so schwer nur einmal etwas zu bekommen, was man haben wollte? Und dann bringen sie mir in der Schule bei, Folter wäre verboten. Habt doch mal Gnade, Leute!
Jamie neben mir verschluckte sich beim Lachen an seinem Kaffee. "Na, schmeckt der Tee?"
Ich verzog das Gesicht und schüttelte mich. "Das schmeckt wie eingeschlafene Füße."
Er zog erstaunt die Augenbrauen hoch. "Sowas hast du schon probiert?"
Ich verdrehte die Augen und stieß ihm den Ellenbogen gegen den Arm. "Na klar und Scheiße trink ich noch viel lieber."
"Gott, Milena, das ist ekelhaft." mischte sich Jenna ein.
Ich strich mir demonstrativ eine Haarsträhne aus der Stirn. "Er hat angefangen." verteidigte ich mich. Ich kann allerdings nicht leugnen, dass es mich erheiterte, etwas zu tun, beziehungsweise zu sagen, was ihr nicht gefiel. Eigentlich war ich nie ein Typ, der aus solchen Sachen seine Freude zog, aber in Anbetracht der Tatsache, dass sie selbst schon einmal Witze auf meine Kosten gemacht hatte, war es dieses eine Mal doch bereichernd.
Ich wandte mich wieder Jamie zu, als Jenna ohne einen weiteren Kommentar ihren Cappuccino trank. "Probier selbst, wenn du mir nicht glaubst." sagte ich und schob ihm die Tasse hin.
Er warf einen Blick in die Tasse und nahm dann wirklich einen Schluck. Der Gesichtsausdruck, der anschließend auf seinem Gesicht entstand, war ein Bild für die Götter. "Igitt, das ist ja furchtbar." hustete er.
Ich nickte. "Hab ich doch gesagt."
Jenna lachte hinter vorgehaltener Hand. "Die Tante hinterm Tresen hat bestimmt mit Absicht irgdendwas reingetan."
"Wieso sollte sie das tun?" fragte Emmet.
"Hast du nicht gesehen, wie die Milena angeguckt hat, als Jamie zuerst nach ihrem Wunsch gefragt hat, obwohl die Trulla ihm in die Tasche gesabbert hat, als sie fragte, was er wollte?" entgegnete Jenna.
Wie sie das so sagte, zwang mich das zu schlucken. Sie hatte recht, mir war dieser Blick durchaus aufgefallen. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich auf der Stelle tot umgefallen. Igitt, vielleicht hatte sie ja in den Tee gespuckt oder so was.
Jamie hob die Hand, als die Tante vom Tresen mal wieder zu ihm rüber sah. "Entschuldigung?"
Sie kam gleich zu ihm und blinzelte ihn mit großen Augen an. Mein Gott, hatte er einen Keks an der Backe, oder was?
'Kriech ihm doch in die Tasche, du blöde Kuh, dann kannst du ihn noch besser anstarren!' dachte ich giftig.
Huch... was waren denn das für Gedanken? 'Schäm dich, Milena.'
"Was kann ich für Sie tun?" fragte die Bedienungstussi.
Jamie verzog prüfend das Gesicht, so als würde er über etwas ernsthaft nachdenken. Ich musste mich anstrengen, um nicht zu lachen. "Haben Sie unsere Getränke gemacht?" wollte er wissen.
Sie nickte eifrig. "Aber natürlich, gleich nachdem Sie sie bestellt haben."
Jamie lehnte sich vom Tresen zurück und verzog abermals das Gesicht. "Hm, da scheinen Sie wohl noch reichlich üben zu müssen."
Das zuckersüße Lächeln in ihrem Gesicht verrutschte. "Ist es nicht zu Ihrer Zufriedenheit?"
"Nun, als wir gestern hier waren, gab es an nichts etwas auszusetzen. Heute widerum ist der Tee ungenießbar. Woran glauben Sie könnte das liegen?" fragte Jamie.
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Spuren im Sand
FantasyIm Leben der sechzehnjährigen Milena läuft gerade alles schief. Ihre Mutter, der wichtigste Mensch in ihrem Leben, stirbt bei einem Unfall. Für die einsame Blondine bricht eine Welt zusammen. Sie soll zu ihrem Vater ziehen. Während ihrer Reise schli...