Kapitel 18

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Als ich wieder im Hotel ankam, empfingen mich Johnson, Emmet und Jamie auf der Terrasse. Johnson hielt etwas in den Händen, das aussah wie ein Miniatur-Laptop. Als sie mich sahen, sahen sie alle vom Bildschirm auf und kamen mir entgegen. Schon in den Gesichtern konnte ich sehen, dass meine Abwesenheit keineswegs positiv gewirkt hatte.

"Milena!" rief Jamie schon von Weitem.

"Es geht mir gut." sagte ich nur. Ich hatte keine Lust, jetzt zu erzählen, was ich die ein bis zwei Stunden getan hatte.

Johnson sprach mit dem Laptop und ich konnte innerhalb einer Sekunde erraten, was er da tat. Und auch mit wem.

Jamie ging strikt auf mich zu und sein Blick verrutschte nicht eine Sekunde aus der ernsten Miene. "Wo warst du?"

Ich verspürte beim Blick auf den Laptop eine unbändige Wut. Nicht auf das Gerät, sondern auf den Menschen, der sich durch eine Verbindung von irgendeinem Netzwerk in diesem Moment auf dem Bildschirm befand. Der Mensch, dem ich es zu verdanken hatte, dass ich etwas trug, wofür hunderte Menschen mordeten, weshalb ich wie eine Bombe funktionierte, von der man sich besser fernhielt...und wegen dem und seinen Angelegenheiten ich einen geliebten Menschen verloren hatte. Meine Hände ballten sich zu Fäusten. "Ich hab gesagt, es geht mir gut." knurrte ich, wobei ich Jamie meine Schulter gegen seine rempelte und ohne ein weiteres Wort oder ein Ohr für Protest ins Hotel ging. Besonders unterstützen tat das meine Äußerung wahrscheinlich nicht, aber ich war mir sicher, dass Jamie verstanden hatte, dass sie mir nicht folgen sollten, solange er -wenn auch nur virtuell- dabei war, da ich für den Bruchteil einer Sekunde die Barriere, mit der ich die Übertragung meiner Gefühle zu ihm verhinderte, fallen lassen hatte. Eine noch deutlichere Botschaft hätte ich gar nicht geben können.

Ich lief durch den Flur, als ich eine Vibration an meinem Bein spürte. Ich nahm mein Handy aus der Tasche und öffnete die empfangene SMS. Der Absender war bekannterweise Unbekannt.
Schönes Denkmal, kleine Todesfee.

Meine Finger verkrampften sich um das Handy und innerhalb einer Sekunde stiegen mir die Tränen in die Augen. Aber Weinen kam nicht infrage. Damit war ich gerade erst fertig, das reichte. Ich steckte das Handy weg, lehnte mich an die Wand und schlug mit der Faust dagegen. Ich presste die Augen zu und gewährte meinem Unterbewusstsein, seine Stimme zu erheben. 'Reiß dich zusammen! Ignorier es einfach. Vergiss es. Wenn du das Handy vergisst, vergisst du auch alles andere.' Keine großen Worte, aber wenn man diese kleine Stimme sonst immer verdrängte, war die Wirkung trotzdem ziemlich hoch. Einen Moment blieb ich so stehen. Dann richtete ich mich wieder auf und setzte den Weg in mein Zimmer fort.

Es wurde spät und es war schon dunkel, als ich immer noch bäuchlings auf dem Bett lag und vor mich hin döste. In der ganzen Zeit versank ich nicht, wie man vermuten würde, in Gedanken oder in einer Traumwelt, sondern im Nichts. Ich dachte an nichts und ich träumte von nichts. Ich verfiel beinahe in einen Depressionszustand, wie es nach dem Tod meiner Mutter passiert war.

Ich wurde wieder zurück in die Realität gerufen, als die Tür aufging. Mir war zwar überhaupt nicht danach, aber der Höflichkeit zuliebe setzte ich mich auf und blickte in drei Augenpaare, auf die ich hätte verzichten können...naja, sagen wir auf zwei Drittel davon.

Jenna setzte sich zu mir aufs Bett und schenkte mir eine wortlose Umarmung. Gut, dass sie nichts sagte. Auf Mitleid konnte ich verzichten und ich wusste, dass es ihr nicht viel anders ging. Emmet nickte nur und setzte sich auf den Boden. Jamie tat, was er immer tat. Er sah mich direkt an, ohne mich mit irgendwelchen emotionalen Blicken zu ertränken oder aus Verlegenheit oder Angst, etwas Falsches zu sagen, wegzuschauen. Er setzte sich auf den Tisch und stellte eines seiner Beine auf den Stuhl, weshalb ich mich fragte, wieso er sich nicht einfach auf den Stuhl setzte. Ich sparte mir jedoch die Überlegung, da es vollkommen egal war und nahm eines der Kissen in die Arme, worauf ich mein Kinn betten konnte. Mir lag die Frage auf den Lippen, was sie hier wollten, aber ich ermahnte mich davor, diese Frage zu stellen. Die Antwort darauf war nicht wirklich schwierig zu erraten und es wäre ziemlich unangemessen, jetzt so eine Frage zu stellen.

Spuren im SandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt