Ich stürmte den Flur entlang und stieß die Tür des Waschraums auf. Leer. Wutentbrannt stampfte ich auf die weißen Fliesen und drehte mich wieder um, um die Tür hinter mir zuzudonnern. Seit fast einer Stunde rannte ich wie eine Wahnsinnige durch die gesamte Anlage. Warum? Jenna war verschwunden. Sie war nicht zum Frühstück gekommen, auch nicht als wir noch eine halbe Stunde auf sie gewartet hatten. Da sie sonst eigentlich immer die erste auf der Terrasse war, machte das nicht nur mich, sondern auch Emmet und Jamie misstrauisch, weshalb wir losgezogen waren, um nach ihr zu suchen. Das Verschwinden einer Person auf der Insel hatte nie etwas gutes zu bedeuten. Umso beunruhigender war es, dass die Brünette weit und breit nicht zu finden war. Ich war bereits dreimal in ihrem Zimmer, in jedem noch so kleinen Winkel des Hotels, am Strand und sogar auf dem Schiff gewesen. Jamie und Emmet durchkämmten nun den Strand und das Schiff noch einmal genauer, während ich das Hotel noch einmal unter die Lupe nahm. Bis jetzt hatte sich aber noch nichts getan. Und das machte mich wahnsinnig. Was, wenn ihr nun was passiert war? Erst am Vortag hatte es genau den selben Fall gegeben. Jemand war über Stunden hinweg nirgendwo zu finden und am Ende fand man seine Leiche auf dem Wasser treiben. Allein schon bei der Vorstellung, Jenna so daliegen sehen zu müssen wie die junge Frau wurde mir speiübel. Ich machte mir die schlimmsten Vorstellungen und jede erwies sich als noch schlimmer als die andere. Und das machte mich krank. Ich schwor mir heiß und innig, dass ich Jenna den Hals umdrehen würde, wenn ich sie fand. Allerdings musste ich sie erst einmal finden, ehe ich darüber nachdenken konnte, diesen Gedanken in die Tat umzusetzen.
Ich ging noch einmal rüber zu ihrem Zimmer. Wieder fand ich Leere vor. Ich raufte mir die Haare und stieß lautstark die Luft aus meinen Lungen. Ich machte ein paar Schritte weiter in den Raum und sah mich um. Der Geruch von Deodorant und Parfüm hing in der Luft, was mich vermuten ließ, dass es erst vor Kurzem benutzt worden war. Es sei denn natürlich Jenna benutzte die Fenster nicht und es roch immer so in ihrem Zimmer. Genau sagen konnte ich es nicht, da ich das erste Mal ihr Zimmer betrat. Die anderen drei Male, die ich ihr Zimmer gestürmt hatte, hatte ich nur einen Blick hinein geworfen, festgestellt, dass sie nicht da war und war wieder gegangen. Jetzt beschloss ich, mir ihre Hinterlassenschaften einmal genauer anzusehen.
Neben des blumigen Geruchs in der Luft, bemerkte ich, dass ihr Bett gemacht war. Sie war also entweder gar nicht ins Bett gegangen, oder sie war am Morgen genau so gemütlich aufgestanden wie immer. Auf der umgeschlagenen Bettdecke lag ein Top neben einer kurzen Hose. Vermutlich ihre Schlafsachen. Ich nahm das Top vom Bett und legte meine Hand von innen auf den dünnen Stoff. Eine leichte Wärme wies das Kleidungsstück noch auf. Sie musste es also erst kürzlich getragen haben. Ich schlussfolgerte daraus, dass sie am gestrigen Abend noch sicher ins Bett gekommen war. Da sie aber am Morgen scheinbar noch Zeit gehabt hatte, sich fertigzumachen und das Bett zu machen, war in ihrem Zimmer nichts passiert. Sie musste es früh verlassen haben. Nur wieso? Und wohin war sie gegangen?
Ich legte das Top zurück an seinen Platz und sah mich weiter um. Die Tür des Kleiderschrankes stand einen Spalt breit offen. Ich zog die Tür ganz auf. Eine ihrer Strickjacken hatte sich in der Tür eingeklemmt und sie aufstehen lassen. Eines der Oberteile, die auf den Bügeln hingen, war halb runtergezerrt und die Teile daneben sahen aus, als hätte man sie auf die Schnelle zur Seite gerissen. Der Anblick des Inneren ihres Schrankes ließ mich annehmen, dass sie sich doch etwas beeilt hatte. Vermutlich hatte ihr Badaufenthalt zu viel Zeit in Anspruch genommen und sie war in den letzten Minuten in Zeitnot gekommen. Trotzdem brannte mir eine Frage immer noch wie ein Feuer im Kopf. Wieso? Wieso hatte sie sich beeilt? Wieso war sie nicht zum Frühstück gekommen? Und wieso war sie nirgends zu finden?
Ich bekam Kopfschmerzen von der ganzen Sache. Viel mehr als das, was ich bereits gesehen hatte, gab es in den Zimmern nicht zu sehen. Kaum Passagiere hielten sich außerhalb der Nachtruhe darin auf, weshalb jedes nur mit einem Bett, einem Schrank und einem Tisch mit Stuhl ausgestattet war. Vollkommen ausreichend. Allerdings wünschte ich mir in diesem Fall, es würde mehr geben, was mir Hinweise auf Jennas Aufenthaltsort geben könnte.
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Spuren im Sand
FantasyIm Leben der sechzehnjährigen Milena läuft gerade alles schief. Ihre Mutter, der wichtigste Mensch in ihrem Leben, stirbt bei einem Unfall. Für die einsame Blondine bricht eine Welt zusammen. Sie soll zu ihrem Vater ziehen. Während ihrer Reise schli...