Kapitel 23

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Als ich wieder aufwachte, war es bereits Nachmittag. Jamie hatte seinen Platz nicht verlassen, genau wie er es versprochen hatte. Allerdings war er nicht allein. Emmet saß gegenüber vom Bett auf einem Stuhl und unterhielt sich leise mit ihm. Ich bekam nicht mit, worüber sie redeten, aber Emmet sah, dass ich mich regte und deutete mit dem Kinn in meine Richtung. "Sie ist wach."

Jamie drehte sich wieder um und lächelte. "Hey. Gut geschlafen?"

Ich nickte und fasste automatisch an meine Wange, was ich noch im selben Moment bereute. Ich musste mich ernsthaft bemühen, nicht zu fluchen.

Jamie musste sich das Grinsen verkneifen. "Sorry, Kleine, ich konnte nicht allzu viel für dich tun."

Ich lachte leicht. "Vermutlich verdanke ich dir mein Leben, also..."

Er strich über meine Hand, die er noch immer hielt. "Das ist mein Job." Er ließ los und stand auf.

Emmet erhob sich von seinem Platz und schob sich die Ärmel hoch. "Na dann wollen wir doch mal sehen, was von dir noch übrig ist." Er nahm mir dir Wärmflasche ab und erst jetzt bemerkte ich, dass die Bauchschmerzen nachgelassen hatten. "Wo haben sie dich getroffen?" wollte er wissen.

Ich überlegte kurz und deutete dann auf den Bereich, in dem die Treffer jeweils ungefähr gelegen hatten.

Emmet nickte. "Okay." Er griff an den Saum meines Oberteils, was mich zusammenzucken ließ. "Keine Angst, ich tu dir nichts. Halt still." Er schob das Oberteil bis zu den Rippen hoch und legte zwei Finger an die Knochen. Er fuhr sie leicht nach, wobei ich beobachtete, wie seine Augen konzentriert auf seine Hände gerichtet waren. Als er meine unteren beiden Rippen nachgefahren hatte, nahm er die Hände weg. "Deine Rippen sind nicht beschädigt worden, du hast Glück gehabt."

Ich blinzelte ihn perplex an. "Bist du so eine Art Arzt oder sowas?"

"Nein, nicht direkt. Um es schonend auszudrücken, habe ich in dem Zusatzkurs, in dem ich das alles gelernt habe, aufgepasst, während andere geschlafen haben." erklärte Emmet und warf Jamie bei letzterer Äußerung einen Blick zu.

Der hob abwehrend die Hände. "He, ich hab nicht geschlafen! Ich war zwar fast jedes Mal kurz davor, aber eingeschlafen bin ich nie!" verteidigte er sich.

Emmet grinste und richtete den Blick auf seine Arbeit zurück. Er tastete die Stellen ab, die ich ihm gezeigt hatte. An der Stelle unter den Rippen spürte ich es kaum, aber als seine Finger sich der Stelle näherten, die ebenfalls etwas abbekommen hatte, verzog ich das Gesicht. "Okay, stop."

Emmet hielt in der Bewegung inne. "Ich hab es gemerkt, du hast gezuckt. Hast du da Schmerzen?" Er drückte zur Demonstration noch einmal leicht zu und ich versuchte, meinen Körper wegzuwenden, was allerdings nicht klappte. "Ja, hör auf. Bitte."

Emmet zog mich an den Hüften zurück. "Jamie, ich brauche deine Hilfe."

Jamie stand auf und stellte sich neben ihn. "Was soll ich machen?"

"Halt sie fest. Du musst sie nicht wie ein Irrer runterdrücken, sorg nur dafür, dass sie stillhält." befahl Emmet.

Jamie nickte und setzte sich neben meinen Kopf. "Das müsste machbar sein." Er legte die Hände an meine Wangen und sah zu mir herunter.

Emmet legte die Finger wieder an die Stelle, an der er aufgehört hatte. "Tut mir leid, Milly, aber ich muss wissen, ob du innere Verletzungen hast und da wir hier keine Geräte, geschweige denn Ärzte haben, müssen wir uns anders helfen."

Ich nickte einfach und machte mich auf alles gefasst, was mich erwarten könnte. Aber als Emmet wieder einen leichten Druck an meine Bauchdecke abgab, war die innere Einkehr vorbei. Ich verzog sofort das Gesicht und war mir relativ sicher, dass Jamie mich gleich packen und festhalten würde. Aber einen so gewaltsamen Akt gab es nicht. Stattdessen ruhten seine Hände weiter an meinem Gesicht und die Daumen bewegten sich sacht über meine Haut. Im ersten Moment verstand ich nicht ganz, aber dann plötzlich traf es mich wie ein Blitzschlag. Er nahm die Hände nicht weg, weil er es gar nicht musste! Ich konnte mich gar nicht bewegen. Er hatte sich wie damals auf dem Schiff in meinen Kopf geschmuggelt und mich manipuliert. Und so wie er mich damals hatte einschlafen lassen, hielt er mich nun fest.

Spuren im SandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt