Kapitel 23

4.9K 196 2
                                    

Nachdem Amelia, Claire, Emely und ich gestern wieder zu Hause waren bin ich vor Erschöpfung ins Bett gefallen. Wortwörtlich. Heute morgen bin ich erst halb zwölf aufgestanden, habe meinen Tag mit dem Mittag begonnen und bin anschließend eine Runde mit Ben gelaufen. Das hab ich echt ewig nicht mehr gemacht, wurde echt mal wieder Zeit.
Nunja, jetzt stehe ich vor meinem Schminkspiegel und versuche zum 14. Mal irgendwie diesen bescheuerten Eyeliner in einer halbwegs ordentlichen Form auf meinem Auge aufzutragen. Was sich dabei nicht so sonderlich gut macht ist, dass ich 1. total im Stress bin, da ich gerade eine Nachricht von Emelie bekommen habe, dass die Mädchen in 10 Minuten bei mir wären, um mich abzuholen, ich 2. noch nie, nicht einmal, in meinem ganzen Leben einen ordentlichen Lidstrich hinbekommen habe und 3. meine Hand vor Aufregung so zittert, als würde ich gleich eine Panikattacke erleiden. Abgesehen davon, dass unser lieber Herr Nachbar heute scheinbar auf die glorreiche Idee gekommen ist, lautstark mit seinem scheinbar 150 Jahre alten Rasenmäher das Gras zu kürzen und der Wind dachte sich auch , dass heute der perfekte Tag ist, um pfeifend um unser Haus zu wehen. Seit ich heute morgen, okay morgen ist relativ, aufgewacht bin habe ich dieses Kribbeln im ganzen Körper, aber leider absolut keine Ahnung warum. Da meine Hand sich dachte nochmal an Zittern zuzulegen rutschte mein Lidstrich auch beim 15. Mal wieder ab und ich gab ein unzufriedenes Geräusch von mir. Ich schmiss den Eyeliner in den Schubkasten meines Schminktisches, öffnete die Abschminktuchpackung zum 15. Mal und rupfte genervt das letzte Abschminktuch aus der Verpackung, welche anschließend direkt im Müll landete.

Du hast echt absolut kein Händchen für Make-Up.

Jaja, lach du nur May. Ich denke du hast absolut keinen Plan, wie anstrengend es sein kann, einen Lidstrich hinzubekommen! Besonders bei dem Lärm, den die da draußen gerade veranstalten.

Na ich kann das sicherlich 100 mal besser als du.

Ach ja? Wollen wir wetten?

Gerne doch. Lass mich kurz die Kontrolle übernehmen, du wirst schon sehen.

Gesagt, getan. Dank dem gestrigen Training konnte ich mich schon soweit kontrollieren, dass es mir möglich war, May die Kontrolle zu überlassen, zumindest für eine kurze Zeit.
Ich schloss meine Augen und konzentrierte alle meine Gedanken darauf, sich zurückzuziehen. Nachdem ich meine Augen wieder öffnete, nahm ich meine Umgebung verschwommen und verzerrt wahr und auch die Geräusche um mich herum waren gedämpft, ganz so, als würde ich durch eine dichte Schicht Watte hören. Der Rasenmäher unseres Nachbarn drängte nur noch ganz leicht in mein Gehör und auch der Wind, der uns Haus pfiff, war leiser.
Die Einschränkung meiner Seh- und Hörstärke war, laut Oliver, am Anfang ganz normal und würde mit der Zeit besser werden, sodass ich auch mit meinen „unrsprünglichen" Sinnen alles klar wahrnehme kann.

So, jetzt bin ich dran!

May holte den Eyeliner wieder aus dem Schubfach, setzte ihn an meinem rechten Auge an und zog mit einer grazilen Bewegung einen perfekten Lidstrich. Danach wechselte sie die Hand und wiederholte das ganze Szenario auch an meinem linken Auge. Anschließend verschloss sie den Eyeliner wieder und legte ihn wieder weg. Als ich merkte, wie meine Umgebung  und die Geräusche wieder klarer wurden, wusste ich, dass May sich wieder zurückgezogen hatte und ich somit wieder die volle Kontrolle hatte.
Wow, hätte ich jetzt echt nicht erwartet, dass du das so gut hinbekommst.

Tja, ich habe halt viele versteckte Talente. Wenn du ganz nett und freundlich zu mir bist und mir vielleicht mal den einen oder anderen Gefallen tust, weihe ich dich vielleicht, aber nur ganz vielleicht, mal in meine tiefen und dunklen Geheimnisse ein.

Ja na klar doch May. Wenn's sonst nichts ist.
Ich warf noch einen kurzen Blick in meinen Schminkspiegel und ging anschließend zu meinem Kleiderschrank um mir mein Kleid rauszuholen. Nachdem ich es angezogen und zurechtgerückt hatte, stellte ich mich vor meinen Spiegel und betrachtete mein Erscheinungsbild.

Es fällt mir zwar schwer das zu sagen, aber du siehst wirklich atemberaubend aus. Oliver wird es aus den Socken hauen.

Wow, danke May, ich wusste gar nicht, dass du du so nett und höflich sein kannst.

Jaja, du mich auch.

Ich grinste noch vor mich hin, als ich hörte wie es an der Tür klingelte. Ich schnappte mir meine bereits zurechtgelegte Handtasche, in welcher sich mein Handy, Taschentücher, eine kleine Haarbürste und noch so allerlei anderer Mädchenkram befand. Dann ging ich so schnell wie möglich barfuß die Treppe hinunter, da ich meine Absatzschuhe 1. sowieso unten im Schuhschrank stehen habe und ich mir 2. mit diesen Absätzen hundertprozentig beim Treppen runtergehen die Füße gebrochen hätte. Unten im Flur angekommen, öffnete ich mit der einen Hand zuerst die Haustür, während ich mit der anderen Hand Ben am Halsband festhielt, damit er den Besuch nicht direkt ansprang. Claire, Amelia und Emelie standen wie zu erwarten vor der Tür und streichelten Ben zur Begrüßung alle einmal über den Kopf. Dieser beruhigte sich augenblicklich, was wahrscheinlich daran lag, dass er bemerkt hatte, dass die drei ebenfalls Werwölfe waren, genau wie ich. Diese Veränderung seines Verhaltens ist mir heute bei unserem Spaziergang zum ersten Mal aufgefallen. Normalerweise lief er immer ein Stück voraus und schnupperte mal hier und da, aber heute lief er die ganze Zeit an meiner Seite und ließ sich nicht einmal von dem Kaninchen ablenken, dass vor uns über den Weg hoppelte. Zu dem Zeitpunkt wusste ich allerdings noch nicht, warum er sich so verhielt, deswegen war ich sehr verwirrt darüber. Doch als ich heute Nachmittag in meinem Zimmer während des Schminkens mit ihm „geredet" habe, klärte May mich über sein Verhalten auf. Ich war mir allerdings nicht sicher, ob das jetzt positive oder negative Auswirkungen auf ihn hat, jedoch meinte May, dass dies sehr vorteilhaft ist, da er mich nun wirklich als Alphatier akzeptiert und nicht nur als Spielgefährten. Deswegen machte ich mir keine all zu großen Sorgen darüber.
,,Na Mia, bereit für die Party?", fragte mich Emelie zur Begrüßung. ,, Na klar doch, ich muss mir nur noch kurz diese Mördersandalen anziehen, dann können wir sofort los." alle drei kicherten. Ich schnappte mir noch schnell Olivers Geschenkgutschein, welchen ich gestern noch in einen Umschlag verpackt und mit seinem Namen beschriftet hatte, steckte ihn in meine Handtasche, zog mir meine dünne, schwarze Lederjacke über, da es immernoch sehr windig war und ging mit den Mädchen aus dem Haus. Meine Eltern waren mit Sam im Kino, deswegen schloss ich die Tür hinter mir zu und folgte den anderen anschließend zum Auto.
Wow, dass nenn ich mal eine geile Limousine!
Sie war mattschwarz und extrem lang. Beim Einsteigen bemerkte ich, dass sie außerdem getönte Scheiben hatte, sodass wir nach draußen, aber von draußen keiner nach innen schauen konnte. Im Inneren war die Limousine mit hellem Leder ausgekleidet und es gab, wie sollte es auch anders sein, eine Minibar mit gekühlten Getränken und Snacks. Wir nahmen jede ein Glas in die Hand und Amelia schenkte uns allen Sekt ein. ,,Also Mädels, auf eine erfolgreiche Geburtstagsfeier für meinen herzallerliebsten Bruder.", erhob Claire das Wort und wir alle stießen mit unseren Gläsern an.
Let the party begin!

My wolf and meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt