Kapitel 26

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So leise wie möglich versuchten wir den Stimmen zu folgen, was sich als schwieriger als gedacht herausstellte. Der Boden war übersät von knackenden Ästen und raschelndem Laub und man musste ganz vorsichtig auftreten, um möglichst keine Geräusche zu erzeugen. Oliver lief hinter mir her und ich blieb alle paar Meter stehen und lauschte, wohin die Stimmen gingen. Wir waren näher an sie herangekommen und ich konnte feststellen, dass es sich um zwei männliche Stimmen handelte, die mir nicht bekannt vorkamen, sodass ich sie nicht zuordnen konnte. Ich drehte mich zu Oliver um und erkannte, dass auch er die Stimmen hörte. Aber in seinen Augen sah ich Wut aufflammen, wodurch mir bewusst wurde, dass er diese Stimmen definitiv zuordnen konnte. Er schlich an mir vorbei und jetzt war ich an der Reihe ihm zu folgen. Wir folgten keinem Weg, sondern liefen quer durch den Wald, bis wir an eine Stelle kamen, wo der Wald sich ein wenig lichtete. Dort standen rund zehn Dutzend Leute, die ich am Geruch den Vampiren zuordnen konnte, aber ich konnte auch den Geruch eines Werwolfs wahrnehmen, genau wie Oliver. Das konnte nur eines heißen, Ryan und Logan waren ebenfalls hier.
Oliver wollte sofort in ihre Richtung stürmen, aber dieses Mal konnte ich ihn zum Glück noch zurückhalten. ,,Was ist?", fragte er mich gereizt, behielt seinen Blick aber unverwandt auf dem Geschehen vor uns. ,,Du kannst da nicht einfach drauf zu rennen.",wisperte ich aufgeregt, ,,Was, wenn sie dich wieder angreifen, was mit ziemlicher Sicherheit passieren wird. Du bist alleine und die sind über 100 Leute." Er blickte mir in die Augen und ich erkannte, dass er verzweifelt war, da er scheinbar keine Ahnung hatte, was er tun sollte. ,,Wir bleiben jetzt hier sitzen und belauschen sie, okay?", schlug ich ihm leise vor. ,,Okay."

,,Also Leute, wie ihr wisst, werden wir heute endlich Rache nehmen, für dass, was diese Köter uns angetan haben, indem sie unser Oberhaupt, meinen Vater, ermordeten.", erhob Logan seine Stimme und jetzt konnte ich ihn auch in der Masse ausmachen. Um ihn hatte sich ein Kreis aus vielen Vampiren gebildet, welche alle nur so vor Kraft zu strotzen schienen und zustimmend durcheinander riefen. ,,Viele Jahre haben wir unter ihrer Gewalt gelebt, doch damit ist heute Schluss! Wir werden uns erheben und stärker denn je zurückkehren, um ihnen den gar aus zu machen! Wir werden am Ende herrschen!"
Die gesamte Masse der Vampire bebte, als Logan diese Worte aussprach und sie alle jubelten laut und applaudierten. ,,Die erste Welle wird nun sofort aufbrechen und von unserem guten Freund Ryan angeführt werden. Dank Valentina haben wir ihn als einen guten Kämpfer und todeslustigen Krieger an unserer Seite, der bei den Hunden mit uns zusammen einfallen wird." Die Leute schauten sich nach hinten um, denn Ryan stand etwas abseits der Masse an einen Baum gelehnt und beobachtete das ganze Spektakel aus stumpfen Augen. Seine Augen hatten keinen Glanz und man konnte in ihnen nicht erkennen, was ihn ihm vorgeht. Sie sahen einfach nur tot aus.
,,In Kürze wird dann auch die zweite Welle von der anderen Seite angreifen, sodass wir sie einkesseln und besiegen werden. Valentina und ich werden diese anführen und wir werden bis zum bitteren Ende kämpfen. Können wir auf euch zählen?" Wieder bebte die Menge und die Vampire riefen ihre Begeisterung auf das bevorstehende Spektakel aus. ,,Dann lasst uns loslegen!"
,,Lass und ganz schnell abhauen.", flüsterte Oliver mir zu, kaum dass die Vampire aufbrachen, und rannte los. Wir versuchten schnellstmöglich zum Rudelhaus zurückzukehren, um die anderen zu warnen und um uns auf den kommenden Angriff vorzubereiten. Wir kamen außer Atem an und wir wussten, dass wir nicht mehr viel Zeit hatten. Ohne auf die Anderen zu achten stürmten wir nach oben und gingen ohne zu Klopfen in Erics Büro. Dieser schaute von seinen Blättern auf und wir wurden von ihm mit einem bösen Blick bedacht, welcher mir wieder einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Er wollte gerade anfangen uns eine Predigt zu halten, jedoch fing Oliver direkt an zu sprechen und ließ ihm dazu keine Chance. ,,Logan will... uns angreifen... sie werden bald... hier sein... Und sie nehmen Ryan mit.", erzählte er zwischen seinen schweren Atemzügen, da wir viel zu schnell gerannt sind. ,,Atme ersteinmal durch. Was ist passiert?", fragte Eric, dem anzusehen war, dass ihm die Worte seines Sohnes nicht gefallen würden. Oliver atmete tief durch und fing dann an zu reden. ,,Wir waren im Wald trainieren, als wir Stimmen hörten, welchen wir dann gefolgt sind. Wir verfolgten sie bis wir auf Logan und seinen Clan trafen, die darüber redeten, uns in zwei Wellen anzugreifen. Die erste Welle wird bald hier sein, sie waren nicht mal mehr drei Kilometer von hier entfernt, als Mia und ich zurückgerannt sind, um euch zu warnen." Eric sprang von seinem Sessel auf und rannte um den Tisch herum, an uns vorbei nach draußen. Dort ging er schließlich vor das Haus und rief alle Anwesenden zu einer Notfallbesprechung zusammen. Viele fragten sich, was los ist und es herrschte eine allgemeine Unruhe unter den Werwölfen. ,,Ruhe bitte. Ich habe euch zusammengerufen um euch etwas anzukündigen. Uns allen war klar, dass der Vampirclan sich an uns rächen würde, für das, was vor ein paar Jahren hier stattgefunden hat. Nur haben wir nie gewusst, wann es soweit sein würde, bis heute. Denn mich erreichte soeben die Nachricht, dass zwei Wellen feindlicher Truppen auf dem Weg hierher sind, um uns zu vernichten.", rief Eric über die Menge hinweg, die sich noch immer nicht beruhigte. In den Reihen der Werwölfe war ein bestürztes Aufatmen zu hören und man konnte in vielen Gesichtern Panik erkennen. ,,Aber wir sind vollkommen schutzlos. Wir haben nicht trainiert zu kämpfen und sie sind uns zahlenmäßig überlegen.", rief jemand aus der Menge. ,,Wir werden uns einfach auf sie stürzen, bevor sie sich auf uns stürzen. Und dann werden wir sie niedermetzeln!", äußerte sich ein anderer aus den hinteren Reihen und erntete dafür auch zustimmende Bemerkungen. ,,Wir werden ihnen entgegen treten und wir werden alles daran setzen sie zu überwältigen.", erwiderte Eric auf die Einwürfe, ,,Aber bitte bedenkt, dass wir alle gleichermaßen berechtigt sind zu leben. Wenn ihr jemanden nicht notwendigerweise umbringen müsst, dann tut dies bitte auch nicht." Die Masse wurde lauter und rief Sachen in die Menge, die ich nicht gerne wiederholen möchte. ,,Ruhe jetzt!", brüllte Eric und die Werwölfe, mich eingeschlossen, blickten alle zu ihm auf. Er schaute uns alle mit einem eiskalten Blick an und wieder einmal wurde mir bewusst, dass er noch immer mein Alpha war und mein innerer Wolf sich ihm dementsprechend unterwarf. Die allgemeine Aufregung legte sich soweit, dass Eric uns die nächsten Befehle erteilen konnte. Ich wurde zusammen mit den Frauen und Kindern dazu beauftragt, ins Rudelhaus zurückzukehren und dort alles zu verbarrikadieren, während die Männer und älteren Jungen draußen Widerstand leisten sollten. Während sich die Menge auflöste und jeder seiner Aufgabe nachging, blickte ich mich nervös nach Oliver um, den ich in dem Gedränge verloren hatte. Auf einmal legten sich von hinten zwei Hände auf meine Schultern und ich zuckte panisch zusammen, jederzeit bereit einen Angreifer so gut es geht abzuwehren. Aber als die Person hinter mir anfing zu sprechen, verflog die Panik. ,,Alles wird gut Mia, okay? Geh mit den anderen ins Haus und pass bitte ein bisschen mit auf sie auf. Vor allem auf die Kinder.", sagte Oliver und versuchte mich zu beruhigen. ,,Okay, aber pass du bitte auf dich auf." ,,Mach ich, versprochen." Mit diesen Worten zog er mich an sich, drückte mir einen Kuss auf die Lippen und drehte sich anschließend zu seinem Vater um. ,,Okay Dad, ich bin bereit."

Es waren schon 20 Minuten vergangen, seitdem wir uns ins Rudelhaus eingeschlossen hatten und noch war nichts passiert. Einige der kleineren Kinder hatten unfassbar Angst und wurden deswegen zusammen mit einigen Frauen in das Wohnzimmer gesetzt, wo sie sich beruhigen sollten. Unter ihnen waren auch Jay und Aria, welche mit ihren blauen Augen entsetzt durch die Gegend schauten und bei dem kleinsten Geräusch, welches von draußen kam, zusammenzuckten. Ich war mit einigen anderen Frauen in die obere Etage gegangen, um an den Fenstern Ausschau zu halten, damit wir die Männer, die sich um das Gebäude positioniert hatten, frühzeitig warnen konnten. Ich stand an dem Fenster in Olivers Zimmer und bangte, dass alles gut werden würde. Da ich tief in Gedanken versunken war, schreckten mich die Worte „Sie kommen!" auf. Sofort rannte ich in eines der Zimmer auf der gegenüberliegenden Seite des Hauses, aus dem der Schrei kam und schaute aus dem Fenster. Doch bevor ich dort irgendetwas erkennen konnte, hörte ich Schreie und einen lauten Knall aus der unteren Etage, der alles zum erzittern brachte. Um mich herum sprangen die Fensterscheiben auseinander, es regnete Scherben und der Boden fing an zu beben, sodass ich mein Gleichgewicht verlor und hinfiel. Geradewegs auf die Scherben. Ich versuchte noch nach Hilfe zu rufen, aber aus meinem Mund kam kein Ton mehr, bevor alles um mich herum schwarz wurde.

My wolf and meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt