Kapitel 14

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Am nächsten Tag wachte ich von den ersten Sonnenstrahlen in meinem Gesicht auf. Ich drehte mich auf die andere Seite und erschrak mich sehr. Ich lag neben Oliver im Bett und er hatte seine Arme um mich gelegt und hielt mich fest. Kurz musterte ich ihn, da wachte er auch schon auf. ,,Schönen guten Morgen, gut geschlafen?", fragte er und lächelte mich an. ,,Ja, bestens." ,,Was willst du heute machen?" ,,Weiß nicht, schlag du was vor." ,,Okay, dann zeige ich dir heute meinen absoluten Lieblingsplatz." Gesagt, getan. Eine halbe Stunde später standen wir mit vollen Mägen, angezogen, mit einem Picknickkorb und einer Decke vor der Haustür und liefen los.
,,Ist es weit weg von hier?", fragte ich. ,,Ja, mindestens zwei Stunden." ,,Und warum laufen wir dann?" ,,WIR laufen nicht, nur ICH.", sagte er darauf. ,,Hää, und was soll ich machen? Fliegen vielleicht?" ,,Nein, damit meinte ich, dass ich als Wolf laufe und du dich auf meinen Rücken setzt und die Picknicksachen festhälst." ,,Kannst du voll vergessen, ich bin doch nicht lebensmüde. Wo soll ich mich denn bitte festhalten und was ist, wenn ich runterfalle?", fragte ich aufgebracht. ,,Du kannst erstens nicht runterfallen, weil du meine Mate bist und uns so etwas wie ein Zauber umgibt, der dich schützt und zweitens kannst du dich in meinem Fell festhalten.", erwiderte er. ,,Ich weiß nicht recht..." ,,Ach komm schon, das wird lustig." ,,Nagut, aber lauf langsam."
Es machte ein paarmal 'Knack' und schon stand Oliver als Wolf vor mir. ,,Ach du warst das damals in Wald.", stellte ich fest, als ich ihn genauer betrachtete. Er hatte helles, fast weißes Fell und blaue Augen. ,,Und die anderen Wölfe? War das das Rudel?", fragte ich noch. Er nickte und deutete dann mit seiner Schnauze auf seinen Rücken, als wollte er mir sagen 'Steig auf!'
Er knickte seine Vorderpfoten ein, damit ich besser hochkomme, ich schwang mich etwas zu schnell auf seinen Rücken und wäre fast auf der anderen Seite wieder heruntergefallen, konnte mich aber noch rechtzeitig in seinem Fell festhalten. ,,Wir können.", sagte ich und schon lief er los.
Es war wie ein Rausch, ich fühlte mich auf seinem Rücken unglaublich sicher und jetzt bemerkte ich auch, was Oliver vorhin mit dem Zauber gemeint hat. Er lief schnell, schneller als mir eigentlich lieb war, doch ich hatte keine Angst. Wir zogen an Bäumen und Büschen vorbei, die man kaum erkennen konnte, da wir so schnell waren. Ich konnte spüren, wie sich seine Muskeln unter mir bewegten und ich hielt mich in seinem Fell fest. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen und eine tiefe Ruhe füllte mich und ich fühlte mich unendlich frei.
Nach kurzer Zeit blieb er stehen und drehte seinen Kopf so, dass er mich ansehen konnte. Er blickte mich an und ich verstand, dass er mir sagen wollte, dass ich absteigen soll. Sobald ich mit meinen Füßen auf festem Boden stande, verwandelte sich Oliver zurück. ,,Hattest du nicht gesagt, dass wir zwei Stunden brauchen?" ,,Ja, aber nur als Menschen.", sagte er. ,,Und was ist hier jetzt so tolles?", fragte ich skeptisch und drehte mich einmal im Kreis, doch ich sah nur Bäume. ,,Komm, da müssen wir noch ein kleines Stück laufen.", antwortete er darauf.
Nach ungefähr fünf Minuten kamen wir dann an. Es war eine hohe Klippe und als ich mich an den Rand stellte, konnte ich ungefähr fünfzehn Meter unter mir einen See sehen. ,,Hast du Höhenangst?", fragte Oliver plötzlich hinter mir. ,,Nein, wieso?", fragte ich. ,,Gut." Und noch bevor ich etwas antworten konnte, packte er mich an der Hüfte und sprang mit mir ins Wasser. Nachdem ich wieder auftauchte rief ich: ,,Bist du jetzt eigentlich komplett bescheuert?! Was fällt dir ein, mich einfach von einer Klippe zu stoßen?!" Er schwamm auf mich zu und zog mich an sich. Bevor ich irgendetwas tun oder sagen konnte, lagen seine Lippen auf meinen und ich fühlte, wie meine Wut abebbte. Als er seine Lippen wieder von meinen löste, grinste er mich spitzbübisch an und schon bekam ich einen Schwall Wasser ab. ,,Das wirst du bereuen!", rief ich und lachte. Ich schwamm auf ihn zu und tauchte ihn.
Nach der Wasserschlacht, waren wir beide total K.O. und wir legten uns, nachdem wir die Klippe wieder hochgeklettert sind, auf die mitgebrachte Decke und aßen Sandwiches. Wir sprachen an diesem Tag nicht mehr viel und als er mich dann wieder nach Hause gebracht hatte, legte ich mich ins Bett und schlief ein.

Ich lief durch die Dunkelheit, schneller und schneller. Etwas verfolgte mich und ich hatte Angst. Plötzlich sehe ich eine Hütte, mitten im Wald und renne darauf zu. Es ist kein Licht zu sehen und das Haus sieht einsturzgefährdet aus. Trotzdem gehe ich hinein. Auf dem Boden kauert eine Gestalt. Ein Junge. "Wer bist du?", frage ich. Er setzt sich auf. Er ist dünn und schmutzig und sieht krank aus, aber als er mich ansieht, zucke ich entsetzt zusammen. "Du weißt wer ich bin, Mia. Du musst mich finden und mir helfen, ich werde sonst sterben.", sagte er und seine Stimme jagte mir eine Gänsehaut über den Körper. "Ryan", flüsterte ich.

Mit einem Keuchen wachte ich auf. Ich sah mich um und bemerkte, dass ich noch meine Sachen von heute anhatte. Ich stand auf, zog mich um und legte mich wieder ins Bett, wo ich über den Traum nachdachte. Ich habe Ryan gesehen, Olivers Bruder, und er hat gesagt ich muss ihn retten. Nur wie?

My wolf and meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt