Kapitel 16

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Luna:

Ein Tag war vergangen. Amanda hatte einmal kurz nach mir gesehen. Sie wollte sichergehen, dass ich im Bett lag, und meine "Magenverstimmung" auskurierte. Sobald sie jedoch gegangen war, hatte ich mir ein Tageskleid angezogen und meine Haare gekämmt, sodass ich mein Zimmer verlassen konnte.

Ich hatte mich entschlossen, Matteo alles zu erzählen. Ja, wir hatten uns gestritten, aber in dieser Situation musste ich einfach zu ihm gehen. Er hatte ein Recht darauf  zu erfahren, dass er ...Vater würde. Leise öffnete ich die Tür und sah auf den Flur. Da keiner zu sehen war, trat ich hinaus und lief zu den Treppen. Matteos Zimmer lag einen Stock höher.

Ich war noch nicht oft darin gewesen seit ich hier war, doch ich wusste wo es lag. Nach ein paar Minuten stand ich vor einer großen, hellbraunen Tür. Ich atmete einmal tief durch und schloss die Augen. Dann wollte ich gerade klopfen, als von innen Stimmen zu hören waren. Und Schritte. Eigentlich hatte ich nicht vor zu lauschen, doch meine Füße blieben einfach stehen, sodass ich mitbekam was drinnen vor sich ging...

Matteo:

Mein Vater stapfte seit ein paar Minuten wütend in meinem Zimmer herum. Er hatte das Fernsehinterview gesehen und wollte mich nun zur Rechenschaft ziehen. Und sich über Luna aufregen. "Dieses Mädchen ruiniert unseren Ruf! Sie hat weder Manieren, noch Anstand!" schimpfte er, umd konzentrierte sich darauf, auf und ab zu laufen. 

"Aber Vater, so schlimm ist sie doch gar nicht. Sicher liebt das Volk sie, gerade weil sie nicht perfekt ist!" verteidigte ich meine Freundin. Natürlich war es nicht in Ordnung, was Luna getan hatte. Aber ein Stück weit konnte sie auch nichts dafür. Jedem hätten solche Missgeschicke passieren können.

Mein Vater blieb stehen und sah mich an. "Das ist alles deine Schuld!" "Was?!" "Du hast dieses Mädchen hergebracht! Ich habe dich nach Buenos Aires geschickt, damit du etwas lernst, nicht damit du dich verliebst und uns zum Gespött der Leute machst!" "Aber Vater-" wollte ich einwenden, doch er ließ mich nicht ausreden. "Ihr fehlt nicht mehr viel, um uns komplett zu ruinieren! Wenn sie jetzt auch noch schwanger wäre, könnte ich sie gleich aus Mexico verbannen!"

Luna:

Tränen brannten in meinen Augen. Meine Sicht wurde schwammig als ich mich abwandte und wegrannte. Die Regeln, dass ich im Schloss nicht rennen durfte, waren mir in diesem Moment egal. Ich wollte nur weg... Irgendwann kam ich an meiner Zimmertür an und stürtzte hinein. Dort warf ich mich aufs Bett und ließ meinen Tränen freien Lauf.

Ich wusste nicht, wie lange ich einfach nur dalag und weinte, doch irgendwann wurde ich müde und mir vielen die Augen zu. Als ich wieder aufwachte, war es später Nachmittag. Im Schlaf hatte ich einen Gedanken, einen sehr wichtigen. Also stand ich auf umd ging zur Tür. Mir war egal wie ich aussah, im Moment zählte nur eines für mich...

Zögernd stand ich vor der Praxis des Schlossarztes. Sollte ich? Dann gab ich mir einen Ruck, atmete tief ein und betrat die Praxis. Der Artzt saß mit dem Rücken zu mir an seinem Schreibtisch und notierte etwas. "Ähm...Entschuldigung?" machte ich mich bemerkbar. Dabei merkte ich, dass meine Stimme wackelte und etwas kratzig vom vielen weinen war.

Der Artzt sah auf und drehte sich zu mir um. "Miss Valente, kann ich Ihnen behilflich sein?" Nickend, aufgeregt und etwas ängstlich erklärte ich: "Ich möchte mein Kind sehen."
Der Artzt nickte mit unveränderter Miene und stand auf. "Folgen Sie mir bitte." Er führte mich zu einer Liege, auf die ich mich legen sollte. Davor nahm ich mein Handy raus und drückte auf Aufnahme. Ich wollte diesen Moment festhalten. Wieso? Ich war mir nicht sicher. Mein Gefühl sagte es mir.

Dann schob er einen Bildschirm heran, bat mich meinen Bauch freizulegen und holte eine durchsichtige Creme. Sie war kalt, als er sie gleichmäßig auf meinem Bauch verteilte und anschließelnd mit einem Gerät über ihn fuhr.
Es war nicht unangenehm, nur... seltsam.

Dann wurde der Bildschirm plötzlich hell. Graue, schwarze und weiße Wellen wallten über das Display. Zuerst konnte ich nichts erkennen. "Ich sehe nichts..." gab ich zu und kniff die Augen zusammen, um mich besser konzentrieren zu können. Der Artzt fuhr mit dem Finger ein paar Wellen auf dem Bildschirm nach. "Das ist der Kopf, hier ist ein Arm, und da..." Er stoppte mit dem Finger. "Ist das Herz."

Dann sah ich es: Die Umrisse eines Babykörpers. Er war nicht größer als eine Kartoffel, doch ich konnte alles sehen. Den kleinen Kopf, die zierlichen Finger, und schließlich das kleine, aber kräftig schlagende Herzchen. Dieses Wesen war so... so klein und zerbrechlich. Und dieses Herz... es schlug als kämpfe es schon jetzt darum zu überleben. Sein Anblick berührte mich ganz besonders.

Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Unbemerkt liefen heiße Tränen über meine Wangen. Dieser Anblick war so, so wunderschön. Ich trug ein Baby in meinem Körper. Erst jetzt wurde mir bewusst, was für ein Glück das war. "Ich sehe es..." teilte ich dem Artzt mit, ohne den Blick abzuwenden.
Und dann weinte ich. Ich weinte vor Freude und aus Leid. Der Artzt war still gegangen, er hatte gemerkt dass ich Zeit für mich brauchte.

Irgendwann fiel mir ein, dass die Kamera noch lief. Also beendete ich die Aufnahme und packte mein Handy weg. Auch suchte ich nach ein paar Taschentüchern, um meine Tränen zu trocknen. Inzwischen hatte ich einen Entschluss gefasst: Ich würde das Kind behalten. Es kam nicht in Frage, dass ich es abtreiben würde. Allerdings musste ich dafür eine andere Entscheidung fällen. Eine sehr schwere...

Don't lose the PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt