Five

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Five:
Max

Rachel war sich sicher mittlerweile mehr als zwei Stunden in der Bar um die Ecke ihres Hotels zu sitzen und ihren Drink anzustarren.

Irgendwie befand sie es für surreal.

Ihre Schwester starb und wurde beerdigt, doch ihr Vater hatte nichts Besseres zu tun, als sich über sie lautstark auszukotzen, wie sie gekleidet war, wie sie sich verhielt und wen sie mitbrachte. Es kotzte sie an. Dieser Mann kotzte sie an.

„Mir scheinst du wie ein trauriger Mensch, der gerade jemanden verloren hat."

Der Mann in seinen Mittzwanzigern ihr gegenüber seufzte betrübt.

„Oh, du bist nicht der erste Barkeeper, mit dem ich spreche." Rachel hob den Blick. „Spielst du heute meinen Psychiater?"

Sie kniff ihre Augen leicht zusammen und er legte den Kopf schief.

„In wie vielen Bars warst du heute schon?", hakte er nach und sah auf ihr Glas Bourbon.

Normalerweise war sie kein großer Fan von Bourbon, allerdings wollte sie heute Mal etwas anders machen.

„Nur in dieser." Ihre Mundwinkel zuckten.

„Was liegt dir auf dem Herzen?", fragte er sie und stützte seine Arme vor sich.

„Dass ich gerade meine kleine Schwester beerdigt habe und von meiner Familie erniedrigt wurde." Rachel rollte mit ihren Augen. „Ach, ich weiß auch nicht..." Sie strich sich durch ihr offenes Haar. „Wie heißt du nochmal?"

„Max." Die Mundwinkel des Barkeepers zuckten und er schob ihr ihren Drink näher vor die Nase. „Nimm's ihnen nicht übel", bat er sie und hob eine Hand, mit der er herumwedelte. „Vielleicht war es heute wegen all der Trauer nur so, dass sie einen Sündenbock gesucht haben."

„Nein." Rachel schüttelte ihren Kopf und hob heute das erste Mal das Glas an. Sie drehte es in ihrer Hand herum. „So waren sie schon immer zu mir." Sie trank einen Schluck. „Nur nicht Christina." Sie schüttelte weiterhin ihren Kopf. „Sie war nie so zu mir." Sie seufzte, trank noch einen Schluck – in Erinnerung an ihre kleine Schwester. „Sie hat es interessiert, wie es mir ging. Sie hat mir zugehört."

„Und dann tut es umso mehr nur für dich weh?" Er legte den Kopf schief. „Wie muss es deinen Eltern nun ergehen?", stellte er ihr die Frage. „Sie mussten eins ihrer Kinder vor sich zu Grabe tragen." Er schüttelte ebenfalls den Kopf. „Glaube mir, du bist nicht die Einzige, die leidet."

„Ich leide schon lange nicht mehr." Rachel setzte das Glas erneut an die Lippen. Nur legte sie diesmal den Kopf in den Nacken und kippte den Drink in einem Schluck hinunter, ehe sie es auf dem Tresen absetzte und ihm hinschob. „Noch einen davon", verlangte sie mit bittendem Gesichtsausdruck.

„Wie heißt das?"

Ihre Mundwinkel zuckten ein Stück nach oben. „Bitte." Sie fuhr sich erneut durch ihr Haar. „Max." Sie sah auf ihre kleine Handtasche und öffnete sie. Sie holte nochmal acht Dollar hervor. Doch Max schloss seine Hand um ihre mit dem Geld.

„Der nächste geht aufs Haus, Kleine."

„Rachel", korrigierte sie ihn. „Ich heiße Rachel, Max."

„Du bist die erste, die mir ihren Namen verrät." Er zwinkerte ihr zu, ehe er sich zur Bourbonflasche umdrehte.

„Glaub ich nicht." Sie stützte ihre Ellenbogen auf dem Tresen ab und seufzte, während sie aufs Holz blickte. „Viele Frauen müssen sich dir anvertrauen."

„Nur weil ich Barkeeper bin und gut aussehe?"

Sie musterte seinen dunklen Haaransatz, den Dreitagebart und die hellen blauen Augen. Unter anderen Umständen wäre er wirklich ihr Typ gewesen.

》the Retribution《| PART III || TRANFSFORMERSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt