Da wurde mir schlagartig auch wieder klar, was ich hier gerade tat und hektisch riss ich meinen Kopf zurück. Auch Stegi zuckte rückwärts, wandte sich mit roten Wangen ab und blinzelte ungläubig. Oh fuck...! Oh fuck, was hatte ich nur getan?! Von meiner eigenen Dummheit entsetzt raufte ich mir die Haare. "D-das... a-also, ich wollte das nicht! E-es ist einfach über mich gekommen! Tut mir leid Stegi!" Ich wollte aufspringen und wegrennen, aber mein Freund hielt mich am Arm fest und verhinderte meine Flucht. Seine Augen waren geweitet, seine Pupillen wie große, dunkle Perlen und er bebte leicht. "Wolltest du mir das sagen, Timmi?"
"Äh... I-ich, nein, d-das heißt-", versuchte ich mich vergeblich rauszuwinden. Bitte vergiss es doch einfach wieder Stegi! Lass es bei einem Ausrutscher bleiben und uns nie wieder davon reden! Aber er hörte nicht auf mein stummes Flehen. "Deshalb hattest du bei unserem letzten Treffen auch so komisch geguckt! Da wolltest du mich auch schon küssen, oder?"
"Es ist nicht so wie du denkst! Ich kann das erklären, ich-"
"Nein nein nein, weißt du denn nicht, was das bedeutet?", unterbrach er mich aufgewühlt mit dem Kopf schüttelnd und richtete sich wieder vor mir auf. Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen, die Angst, seine Enttäuschung in ihnen zu entdecken, war einfach zu groß! "Ja Dino, ich habe damit u-unsere Freundschaft zerstört, aber bitte gib mir noch eine Chance-"
Wieder ließ Stegi mich nicht ausreden. Stattdessen schnellte er nach vorne und brachte mich nun seinerseits mit einem Kuss zum Schweigen. Plötzlich schien die ganze Welt um mich herum stillzustehen, während ich zu verarbeiten versuchte, was hier gerade geschah. Warum tat mein Dino das...? War das irgendein Streich? Seine Heimzahlung für meinen Ausrutscher, um mich noch mehr zu verwirren? Oder... liebte er mich etwa... auch? Aber was auch immer ihn schließlich dazu gebracht haben mochte, es hieß, dass er es aus freien Stücken tat. Er wollte es so! Und ich wollte es auch, ich hatte es mir so sehr gewünscht! Also erwiderte ich jetzt voller Sehnsucht, genoss jeden Augenblick und jede Sekunde wie eine winzige Ewigkeit und stupste immer wieder sanft gegen Stegis weiche Lippen, während sich eine wunderbare Wärme in meinem ganzen Körper ausbreitete.
Wie aus der Ferne hörte ich Garfield fauchen und dann seinen Futternapf klappern, aber mein Freund dirigierte meinen Kopf so, dass ich den Kuss nicht unterbrechen konnte, um nachzusehen, was passiert war. Und das war mir ganz Recht. Mehr als eine Minute lang hielten wir noch diese sinnliche Verbindung, dann überrumpelte uns der Luftmangel und keuchend trennten wir uns. Stegi weinte, aber lächelte auch glücklich und meine Wangen glühten heiß wie Feuer. "Du... Dir macht das gar nichts aus?", fragte ich ihn vorsichtig und er schüttelte den Kopf. "Natürlich nicht! Weißt du, wie lange ich eigentlich schon darauf warte?"
"Wie? Ja aber... warum hast du dann nie etwas gesagt? Oder mir einen Hinweis gegeben?", fragte ich verdattert. Er verleierte mit einem Grinsen seine Augen. "Mensch du Blindfisch, Timmi! Habe ich doch, immer wieder! Was hast du denn gedacht, wieso ich dir jedes Jahr zum Valentinstag etwas kleines geschenkt habe? Oder wer dir immer die Kekse in Herzform gebacken hat? Tobi etwa? Der war doch immer eine Katastrophe, wenns ums Backen und Rezepte ging!"
Ich erinnerte mich dunkel und griff mir an den Kopf. Stimmt, da hätte ich vielleicht tatsächlich schon etwas ahnen können... Aber Stegi hatte so häufig kurzzeitige Freundinnen gehabt, dass es mir gar nicht in den Sinn gekommen war, er könnte in mich verliebt sein. Oder überhaupt in irgendeinen Jungen.
Stegi strich sich die Tränen beiseite, schnaubte plötzlich belustigt und begann zu lachen. Seine Katzenohren zuckten dabei hin und her und sein Schweif kringelte sich in der Luft. "Ach Timbo, wir sind schon zwei Dummies, was? Nur gut, dass wir uns jetzt wieder haben!"
"Ja, was für ein Glück!", bestätigte ich und drückte ihn an mich. Wenn wir jetzt noch einen Weg fanden, um Stegi wieder normal werden zu lassen, dann wäre unsere Geschichte voller Trubel bestimmt auch mit einem Happy End gesegnet!
Als ich kurz einen Blick an Stegi vorbei warf, sah ich, was Garfield getan hatte. Sein Napf lag umgedreht auf den Dielen, die letzten Bröckchen waren in sämtliche Himmelsrichtungen davongekullert. Und der Kater selbst war verschwunden. "Lässt du mich kurz aufstehen?", bat ich Stegi und ein wenig unzufrieden rutschte er von meinem Schoß. Garfields Verhalten machte mir Angst, da er sonst eigentlich guter Laune war. Und ganz besonders, weil seine Handlungen denen von Menschen so ähnelten!
Ich fand ihn im Flur, zusammengekauert, mit dem Rücken zur Tür, aus der ich kam. Sein Schweif lag platt und kraftlos auf dem Boden und bewegte sich kein Stück von der Stelle. "Garfield?", fragte ich und kam näher. Es war klar, wäre er kein Tier, hätte er in dieser Situation geweint. Doch so machte er seine Trauer mit dieser unterwürfigen Geste klar und rasch streichelte ich ihm über den Rücken. "Hör zu Tiger, ich hab dich immer noch gern! Denk nicht, dass ich vergessen hätte, wer mir die letzten drei Monate geholfen hat und wer immer für mich da war, wenn ich ihn gebraucht hab! Ich würde dich niemals absichtlich verdrängen wollen und auch niemals vernachlässigen, okay? Glaubst du mir das?" Er maunzte leise und zog seine Pfoten an, um über sie zu lecken. Und dann fiel mir auch auf, warum er das tat: "Hast du dich etwa selbst verletzt wegen Stegi und mir?!"
Sein orangenes, kurzes Fell auf seinen Pfötchen und seine Krallen waren rot gesprenkelt und wenn man genauer hinsah, konnte man sogar die Kratzspuren auf seiner Haut entdecken. Ich wusste nicht, ob ich deswegen böse auf ihn sein sollte oder bloß geschockt. Doch was ich sicher wusste war, dass das verarztet werden musste! Und zwar schnell, bevor Keime hinein gerieten!
Im Bad herrschte noch immer Chaos, als ich kurz und umsichtig das Blut von Garfield wusch und ihm anschließend ebenfalls einen Verband umlegte. Während ich das tat, begann er wieder leise zu schnurren, mich anzublinzeln und mir über die Hand zu lecken. Jaja, reuevoller Kater. Das würde noch anstrengend werden, bis die beiden einander akzeptieren würden oder sogar mochten.
Als ich Garfield dann zurück in die Stube trug, fiel mein Blick zufällig auf meine Uhr und ich erschrak: fast um 10, ich hatte bereits anderthalb Vorlesungen verpasst! Verdammt, wenn ich mich beeilte, war ich vielleicht noch pünktlich für die nächste, und wann ich das Versäumte nachholen sollte, wusste ich auch beim besten Willen nicht! Fragend schaute ich meine beiden Findelkinder an: "Kann ich euch das Haus überlassen, ohne dass ihr es auseinander nehmt? Ich muss dringend los!"
Stegi wirkte geknickt, aber beide nickten brav. Hoffentlich konnte ich mich auf sie verlassen! "Essen ist im Kühlschrank, Stegi! Nimm dir was du willst, wenn du Hunger hast! Und bitte gib Garfield auch etwas ab, wenn er bettelt! Bis später!" Mein Freund bekam einen raschen Abschiedskuss von mir, der Kater eine schnelle Streicheleinheit, dann holte ich meine Tasche und meine Jacke und schloss die Wohnungstür auf.
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Die nächsten Kapis dürften dann auch wieder spannender werden, was die Storyline und Stegis Mysterium angeht ;) Insgesamt kommen noch 16 Kapitel und ich verrate euch schonmal, dass es am Ende eine Neuheit geben wird, die ich bisher noch bei keiner meiner Geschichten hatte! Mehr verrate ich aber noch nicht!
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Garfield - Zwei Jungs, ein Kater und ein verworrenes Schicksal (#Stexpert)
FanfictionTims und Stegis Wege sind durch das Schicksal fest miteinander verwoben. Aus einer flüchtigen Bekanntschaft wird schnell eine Freundschaft und für Tim vielleicht sogar noch mehr. Doch bevor er Stegi seine Gefühle gestehen kann, wendet sich das Blatt...