Der Satz fühlte sich wie ein Schlag ins Gesicht an, der folgende Augenblick jedoch wie die Kollision mit einem Lastwagen. D-da lehnte Stegi im Türrahmen zum Schlafzimmer, mit angelegten Ohren und zusammengekringeltem Schweif, damit sie niemand Unerwünschtes sofort sah, einem vorwurfsvollen Gesichtsausdruck und leicht vornüber eingeknickt, vermutlich durch seine Schmerzen. Aber... Stegi saß doch neben mir! Wie war das möglich? Ein kurzer, prüfender Blick bestätigte mich. Der erste Stegi hockte recht unbeeindruckt und ruhig auf Garfields Kuscheldecke und schaute uns wissend an, der zweite stand noch immer geradeaus vor mir und schien auch langsam zu begreifen, was hier passierte, aber ebenfalls ohne es zu verstehen. Wie zum Teufel...?
"Ich schätze, ich schulde euch eine Erklärung", meinte plötzlich der neben mir, streifte sich die Handschuhe ab und zog sich die Mütze vom Kopf. Darunter kamen ebenfalls Pfoten und Katzenohren zum Vorschein, allerdings hellgrau und dunkel getigert. Besonders die Ohren sahen lädiert aus, als hätte sie jemand zerkaut und sich seitdem nicht mehr um sie gekümmert. Doch ansonsten glichen sich die Nekos wie ein Haar dem anderen, als befände sich ein Spiegel zwischen ihnen und einer war bloß das flüchtige, unechte Abbild des anderen. Aber da keiner plötzlich verschwand, mussten sie beide wirklich existieren.
"Hallo Tim, hi Sieben, mein Name ist Leo. So hat mich mein Besitzer getauft, nachdem man mich zu ihm geschickt hat. Ich schätze, Sieben hier nennst du weiterhin Stegi, Tim?"
"W-was? A-also, äh, j-ja tu ich, a-aber wieso Sieb-"
"Es tut mir leid, dass ich dich eben so ausgenutzt habe Timmi, aber es war die einzige Möglichkeit, dass du mich rettest, ohne vorerst weitere Fragen zu stellen. Dass du einen von uns bereits kennst, macht die Sache natürlich noch sehr viel leichter, auch wenn ich nicht weiß, wie Sieben zu dir gekommen ist. Die Wahrheit ist, ich wurde eben in der Stadt von meinem Besitzer verfolgt, weil ich von ihm weggerannt bin in der Hoffnung, dich oder deine Wohnung zu finden! Du bist unsere größte Hoffnung und musst dem ganzen Spuk ein Ende bereiten, bevor es noch schlimmer wird!" Dieser Leo schaute mich durchdringend an, schien aber nicht einmal auf eine Antwort zu warten. Ich wusste nicht, ob ich überhaupt zu einer fähig gewesen wäre. Vermutlich nicht, da mir der ganze Kopf brummte und schwirrte durch all die Sachen, die der fremde Neko mir hier auftischte. Meinem Stegi schien es nicht besser zu gehen. "Warum nennst du mich andauernd Sieben? Wer zur Hölle bist du und was hast du vor?", fragte er schrill und kam langsam näher gewatschelt. Leo lächelte mitleidig: "An was kannst du dich im Zeitraum zwischen dem elften Dezember und dem siebenundzwanzigsten März erinnern?"
Stegi stockte und schnappte immer hastiger und unkontrollierter nach Luft. Hinter seinen glasigen Augen sah ich förmlich seine Gedankenströme rasen. "Woher weißt du von meinem Blackout?!", schrie er der Hyperventilation nahe und schnell sprang ich auf, um ihn zu halten und im Notfall auffangen zu können, sollte er wirklich noch kollabieren. Auch Leo reagierte jetzt, stand von seinem Platz auf der Couch auf und kam näher. "Dir gehts nicht gut... Du bist ganz blass, hast du Fieber? Tim, fühl bitte mal seine Stirn! Tut mir leid, dass du jetzt wegen mir nicht zur Apotheke konntest, das wollte ich natürlich nicht!"
Tatsache, Stegi musste sich im Laufe des Tages Fieber zugezogen haben, denn heute früh war seine Körpertemperatur noch ganz normal gewesen! Jetzt glühte er beinahe, als ich Leos Empfehlung folgte. Hilflos schaute ich zwischen den beiden hin und her. "Einen kalten Lappen, die Decke und ein Kissen, und viel trinken! Du musst dich ausruhen!", gab er uns weiterhin als Anweisungen und begleitete meinen Freund zum Sofa, damit er sich dort hinlegen konnte. Ich sprang zeitgleich auf, holte ihm mein Kopfkissen, einen kalten Wickel für seine Stirn und ein Glas Wasser. Wahrscheinlich musste ich mich damit abfinden, dass mein Leben nicht länger normal war und jetzt andauernd die unnatürlichsten und merkwürdigsten Sachen passieren konnten.
DU LIEST GERADE
Garfield - Zwei Jungs, ein Kater und ein verworrenes Schicksal (#Stexpert)
Hayran KurguTims und Stegis Wege sind durch das Schicksal fest miteinander verwoben. Aus einer flüchtigen Bekanntschaft wird schnell eine Freundschaft und für Tim vielleicht sogar noch mehr. Doch bevor er Stegi seine Gefühle gestehen kann, wendet sich das Blatt...