33.

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"Hey Dino. Tut mir wirklich leid, aber das musste sein. Sonst macht Garfield uns noch einen riesigen Radau!"

"M-hm", murmelte Stegi nur abweisend und starrte weiter nach draußen. Er hatte sich mit dem Rücken zu mir auf die Fensterbank gesetzt und seinen Schweif wie eine schützende Barriere um seinen Körper geschlungen. Als ich ihm über die Haare streichen wollte, schlug er meine Hand beiseite, nicht kräftig, aber zackig, sodass seine Botschaft trotzdem klar wurde. Er war böse mit mir. Sehr böse.

"Bitte Stegi, ich wollte dich doch nicht damit verletzen! Ich hab mit Garfield halt auch meine Pflichten und muss ihnen auch ab und zu nachkommen! Lass mich dich wenigstens umarmen, okay?", bat ich ihn, aber er schüttelte den Kopf. "Nein. Geh weg Tim!", verlangte er und biss sich auf die Unterlippe, während er weiterhin stur geradeaus schaute. Diese Körpersprache kam mir seltsam bekannt vor...

"Du bist doch aber hoffentlich nicht eifersüchtig auf Garfield, oder?", fragte ich ihn skeptisch und er bestätigte meine Vermutung mit seinem erschrockenen Zusammenzucken. Doch natürlich stritt er es ab: "Nein! Auf ihn doch nicht! Das wäre lächerlich!" Trotz aller Empörung in seiner Stimme war klar, dass ich einen wunden Punkt getroffen hatte. Ohje, da hatte ich mir aber etwas eingehandelt... Jetzt hatte ich schon zwei Jungs, die einander wegen mir nicht ausstehen konnten. Aber was sollte ich jetzt deswegen machen?! Ich mochte sie beide! Den einen als guten Freund, den anderen als festen Freund. Das hieß doch aber nicht, dass ich einen bewusst bevorzugen wollte und den anderen zukünftig ignorierte oder vernachlässigte. Konnten die beiden auch mit ihrem menschlichen Verstand nicht begreifen, vor was für eine schreckliche Wahl sie mich da zu stellen versuchten? Oder war es eben deswegen, war es ihre Menschlichkeit, die diese Eifersucht entstehen und immer weiter wachsen ließ?

"Dino, ich mach uns Abendessen, okay? So bringt das gerade nichts." Stegi zuckte nur mit den Schultern und seufzte leise, also ließ ich ihn alleine. Wenn er nicht länger bockig war, konnte er mich gerne beim Kochen besuchen kommen und mir vielleicht helfen, aber so war es verlorene Liebesmüh, ihn aufmuntern zu wollen, aber nichts an der Ursache zu verändern. Und trösten durfte ich ihn ja eh nicht, ohne vielleicht noch seine Krallen zu spüren zu bekommen.

Es dauerte nicht lange, nachdem ich das Radio eingeschalten hatte und anfing, Kartoffeln zu schälen, das mir leises Kratzen zeigte, wie Stegi sich die Anrichte hochzog und sich in einem halben Meter Abstand zu mir setzte. Er sagte nichts, aber die Tatsache, dass er auch nicht völlig alleine sein wollte, war mir Bestätigung genug. Er war mir gar nicht so wütend, wie er es vorhin vorgegeben hatte.

Ich hielt ebenfalls meinen Mund. Immerhin war ich im Recht und hoffte, dass Stegi das Schweigen brechen würde und sich vielleicht bei mir entschuldigte. Aber es blieb lange ruhig, nacheinander schnitt ich die Kartoffeln auf, füllte Wasser in den Kochtopf und schätzte das Salz ab, bis das Radio uns die Bürde abnahm und das eine Lied anspielte, dieses Lied, den Lieblingssong von meinem Dino. Ich hielt inne, aber diesmal war ja alles in Ordnung. Stegi war jetzt wieder hier und der Herzschmerz ergriff mich nicht mehr ganz so heftig wie noch vor knapp drei Monaten.

Wahrscheinlich unbewusst begann mein Freund leise mitzusummen und kurz darauf flitzte auch Garfield schnurrend in die Küche, um mitzuhören. Es war ein langes, langsames Lied, gefühlvoll und sehnsüchtig und irgendwann legte ich den Kochlöffel beiseite. Stegi schaute mich fragend an, aber er protestierte nicht, als ich ihn hoch hob und an mich drückte. Der Gedanke war mir spontan gekommen, doch ich war jetzt auch entschlossen, das durchzuziehen, egal wie seltsam das auch aussehen mochte.

Im Takt begann ich mich mit Stegi auf meinen Armen zu bewegen, ein wenig zu schwanken und mich zu drehen, so wie ich mir einen Walzer vorstellte. Ich hatte nie Tanzstunden genommen und sicherlich passte es gar nicht und wirkte furchtbar unbeholfen. Aber es wirkte, als mein Dino verstand, was ich da tat, kicherte er kurz und leise und vergaß völlig, miesepetrig und gekränkt dreinzuschauen. Vorsichtig schlang er seine Arme um mich und drückte seinen Kopf gegen meine Schultern. Ungefähr drei Minuten schunkelten wir so, Garfields wachsame Blicke im Rücken, dann war das Lied vorbei und das köchelnde Essen forderte wieder meine Aufmerksamkeit. Aber diesmal rührte ich bloß mit einer Hand, mit der anderen hielt ich noch immer Stegi, der mich nicht loslassen wollte und sich immer enger an mich kuschelte. Trotzdem war es unerwartet friedlich zwischen den beiden Streithähnen. Sogar später am Tisch herrschte noch immer eine wunderbar friedliche Atmosphäre und ich erwischte die beiden sogar dabei, wie sie einander endlich, endlich zu akzeptieren schienen. Jedenfalls ließ Garfield sich eine kurze, flüchtige Streicheleinheit von meinem Jungen gefallen. Was war denn mit ihnen los? Vor einer Stunde hätte ich noch schwören können, dass sie beim nächsten Kontakt übereinander herfallen und sich beißen und bekämpfen würden, bis einer den kürzeren zog. Aber anscheinend ging es ja auch so! Beinahe zu schön, um wahr zu sein!

Später am Abend kuschelten sie sogar nahe beieinander auf der Couch, während wir zusammen einen Film guckten und mit jeder Minute war ich überzeugter davon, dass jetzt das Eis zwischen den beiden gebrochen war. Wenn wir noch bald eine Möglichkeit fanden, um Stegi wieder zu einem richtigen Mensch zu machen, dann war alles perfekt!

Garfield - Zwei Jungs, ein Kater und ein verworrenes Schicksal (#Stexpert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt