Am nächsten Morgen beim Frühstück beklagte Stegi sich über starke Schmerzen. Er konnte sich nicht setzen, kaum laufen und wenn er es doch versuchte, watschelte er bloß langsam und schief mit unglücklich verzerrtem Gesicht. Der Ärmste... Die Salbe hatte scheinbar nicht wirklich geholfen und nach all seinem Jammern und Klagen begann ich darüber nachzudenken, ob wir nicht doch zu einem Arzt gehen sollten. Ich kannte zwar keinen einzigen, der einen Neko behandeln wollte, wenn er außerdem kaum die Größe eines Jugendlichen besaß und sich offensichtlich beim Geschlechtsverkehr verletzt hatte, aber langsam verzweifelte ich. Wenn wir niemanden um Hilfe fragten, würde sich auch absolut nichts an unserer Situation ändern!
Aber Stegi weigerte sich plötzlich umso mehr. Er meinte, er hätte Angst davor, einem anderen außer mir sein wahres Aussehen zu zeigen. Unbegründet war seine Furcht durchaus nicht, wer wusste schon, wie die Leute in der Praxis reagieren könnten, wenn sie zum ersten Mal in ihrem ganzen Leben einen echten Neko zu Gesicht bekamen? Also ließ ich mich am Ende dazu breit schlagen, am Nachmittag nach der Uni zur Apotheke zu gehen und mich dort in seinem Namen beraten zu lassen. Das würde unendlich peinlich für mich werden, aber für meinen Dino war ich bereit, selbst das über mich ergehen zu lassen, inklusive verwirrter, angeekelter oder überlegener Blicke der Verkäuferin, wenn ich ihr erzählen musste, dass ich letzte Nacht meinen Freund beim Akt verletzt hatte und nun etwas brauchte, das ich auch an empfindlichen Problemstellen auftragen konnte. Ohje, schon die Vorstellung daran war extrem seltsam und ich schätzte bereits jetzt jede wertvolle Minute, die mich von diesem peinlichen Besuch trennte.
Die Zeit schien heute zu rasen und ehe ich mich versah, streifte ich auch schon durch die Stadt auf dem Weg zur nächsten Apotheke. Ob ich einfach nach Schmerztabletten und einer Wundheilcreme für eventuelle innere Verletzungen fragen sollte? Dann brauchte ich niemandem meine intimen Geschichten aufzutischen. Aber ob sie dann auch die Dringlichkeit meiner Bitte noch verstanden? Ich wusste es nicht und grübelte angespannt, als ich plötzlich aus der Ferne ein lautes "Timmiii!" hörte, unverkennbar und doch musste ich erst genauer hinschauen, bis ich denjenigen erkannte, der da auf mich zugestolpert kam und mich dann glücklich auf Hüfthöhe in seine Arme schloss. Einige Leute um uns guckten ihn verwundert an und mir wurde heiß. "Was machst du hier, Stegi? Wolltest du nicht Zuhause auf mich warten? Du weißt doch, wie gefährlich es hier draußen für dich ist! Und dann auch noch ganz alleine, was wenn du dich verlaufen hättest? Wir hatten uns das doch ausgemacht!"
Mein Freund wirkte verwirrt. "Eh... Hatten wir?", fragte er erst nach, ehe er den Kopf schüttelte und dann nickte, "Du hast Recht, Timmi! Es war eine dumme Idee von mir, Entschuldigung! Können wir bitte schnell wieder nach Hause gehen? Ich... hatte mir einfach Sorgen um dich gemacht, das ist alles!"
"Du weißt schon, dass du echt verdammt großes Glück hast, mich hier gefunden zu haben! Und ich wollte doch noch die Creme für dich kaufen, hast du das schon vergessen? Wegen deinen Schmerzen!" Stegis Reaktionen machten mich stutzig. Er wirkte, als hörte er einige meiner Worte gerade zum ersten Mal, dabei hatten wir doch heute früh noch alles miteinander besprochen! Und an seinem leichten Humpeln sah ich auch, dass er über den Vormittag nicht spontan genesen war und noch immer ziemlich leiden musste. Warum lief er dann auch den ganzen Weg hierher?!
"Na komm, ich nehm dich hoch! Das in der Apotheke geht ja schnell, danach können wir heim!", versicherte ich ihm und hob ihn schon an, als er wild den Kopf schüttelte. "Nicht zur Apotheke! Es geht schon wieder, bitte lass uns jetzt nach Hause! Es, äh, es ist wichtig!"
Ich stutzte. "Okay? Wie du meinst", antwortete ich ihm unsicher und machte mich auf den Weg zurück, den ich eben erst gekommen war. Sofort entspannten sich Stegis Gesichtszüge und er kuschelte sich glücklich an mich. Wenigstens ich schien ihm nicht urplötzlich fremd geworden zu sein! Ein schönes Gefühl. Also gab ich ihm rasch einen Kuss und strich ihm über den Rücken, weswegen er nun an der Reihe war, überrascht zu blinzeln und mit seinen in Handschuhen versteckten Pfoten seine Wange zu berühren. Seine Verwunderung wechselte zu einem breiten, freudigen Lächeln und er sagte nichts weiter dazu, aber ich war noch immer nicht ganz überzeugt. Mein Dino würde hoffentlich nicht noch einen Blackout kriegen...! Aber diesen Gedanken verdrängte ich vorerst schnell wieder und konzentrierte mich stattdessen auf den Weg.
Es dauerte erstaunlich lang, bis ich das nächste Mal stutzte, und das obwohl der Anstoß dazu die ganze Zeit vor meiner Nase war. Skeptisch betrachtete ich Stegis Klamotten. "Haben wir diese Sachen wirklich gekauft? An die Mütze und die Jacke erinnere ich mich gar nicht!"
"Haben wir aber, Timbo! Ist nur schon ein wenig her", meinte er mit einer so sicheren Selbstverständlichkeit, dass ich einfach nur kurz nickte. Würde schon stimmen, woher sollten die Sachen auch sonst stammen? Bald kam meine Straße in Sicht, ich kramte nach den Schlüsseln, huschte bedacht auf den Nachbarn schnell ins Innere meiner Wohnung und setzte Stegi dort ab. Er schien unendlich erleichtert darüber, wieder hier zu sein, denn er atmete mehrmals tief durch und ließ sich dann scheinbar unendlich müde auf die Couch fallen. Ich wollte mich gerade zu ihm setzen und ihn wieder in meine Arme nehmen, als eine schneidende Stimme das Wohnzimmer füllte: "Wer ist das, Timmi? Und was macht der hier?!"
DU LIEST GERADE
Garfield - Zwei Jungs, ein Kater und ein verworrenes Schicksal (#Stexpert)
FanfictionTims und Stegis Wege sind durch das Schicksal fest miteinander verwoben. Aus einer flüchtigen Bekanntschaft wird schnell eine Freundschaft und für Tim vielleicht sogar noch mehr. Doch bevor er Stegi seine Gefühle gestehen kann, wendet sich das Blatt...