Kapitel 3

99 3 1
                                    

*brrrrrr* *brrrrrr* *brrrrrr*
Ich öffnete, vollkommen verschlafen, meine Augen und schaute mich in meinem hellen Wohnzimmer um. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich gestern Abend noch so lange über den gestrigen Tag nachgedacht habe, dass ich irgendwann einfach eingeschlafen war. *brrrrr* *brrrrr*
Ich nahm mein Handy vom Wohnzimmertisch, es war Lina. Meine Arbeitskollegin und Freundin.
„Hallo?" meldete ich mich verschlafen.
„Aurora! Hab ich dich geweckt? Du klinkst so müde." lachte sie.
„Nein, nein, schon in Ordnung. Was gibt's denn?"
„Hier in der Nähe hat ein neues Café eröffnet, ein richtig schönes vintage Café! Magst du mit mir heute hingehen?" sagte sie, mit voller Vorfreude.
„Gerne, sag mir wann und wo und ich werde da sein."
„Yippee~ Ich dachte, wir treffen uns so in zwei Stunden? Die Adresse schick' ich dir."
„Alles klar, klingt gut. Bis später dann!" sagte ich und legte auf.
Ich ging ins Badezimmer und fing an mich fertig zu machen. Während ich meine Zähne putzte schaute ich nach, ob ich irgendwelche Nachrichten oder verpasste Anrufe hatte.
Nichts.
Also, nichts von ihm.
„War doch klar. Entspann' dich mal, er ist viel beschäftigt. Lass ihm Zeit" dachte ich, um meiner Enttäuschung nicht allzu viel Platz zu geben.
Nachdem ich duschen war zog ich mich an und machte meine Haare und das Make-up, aß eine Kleinigkeit und hielt noch ein kurzes Telefonat mit meiner Mama in Deutschland. Dann machte ich mich auf den Weg.
Das Café ist zu Fuß 15 Minuten entfernt, also lief ich schonmal los.
Vor dem Café sah ich schon Lina stehen und als sie mich sah winkte sie mir mit einem großen Lächeln zu. Wie immer gut gelaunt.
„Heyy~ wie geht's dir?" fragte ich, als ich sie zur Begrüßung umarmte.
„Gut und dir? Ich freu mich so, dass dieses Café endlich eröffnet hat, ich warte schon so lange drauf."
„Dann nichts wie rein" sagte ich lachend.
Ich fühlte mich sofort wohl in diesem kleinen Laden.
Die Wände, sowie der Boden, waren im altbraunen Holzstil. An den Wänden hingen wunderschöne Kunstwerke und Poster und es gab eine riesige Bücherwand mit großen, mintgrünen Sesseln. Es gab auch einen Tresen, welcher den Eindruck von einer Bar im wilden Westen machte.
Ich war so vertief darin die Umgebung zu beobachten, bis Lina mich aus meinen Gedanken riss.
„Auroraa~" sagte sie und wedelte mit ihrer Hand vor meinem Gesicht „Wollen wir uns setzen?"
Wir setzten uns direkt ans Fenster, auf der Seite der Eingangstür.
„Lina, danke dass du mich mitgenommen hast. Ich liebe es hier. Ich will nicht wissen, wie viele Stunden ich in Zukunft hier verbringen werde" sagte ich lachend.
„Dann weiß ich ja, wo ich suchen muss, falls ich dich nirgends finde" sagte sie und musste ebenfalls lachen.
Eine Kellnerin kam zu uns und wir gaben unsere Bestellung auf.
„Ich geh schnell zur Toilette" sagte Lina und ich nickte.
Mein Blick schweifte durch das Café, dann nach draußen auf die Straße. Das Café lag in einem eher ruhigeren Teil von Seoul.
Dann sah ich einen Mann auf das Café zukommen. Groß, schlicht gekleidet und mit Mütze, jedoch schaute eine braune Haarsträhne raus. Er trug einen Mundschutz.
Er kam näher und wollte das Café betreten, als er mich sah.
Wir schauten uns in die Augen.
Jungkook.
Auch wenn es keinerlei Anzeichen dafür gab, dass er es wirklich ist: seine Augen würde ich unter Millionen anderen erkennen. Ich lächelte ihm zu, er jedoch blieb stehen.
Er schaute mich an. Für eine Sekunde.
Er ging.
Er ging zurück zu der selben Richtung aus der er gekommen war.
Er war weg.
***Jungkooks POV***
Heute war es soweit. Das vintage Café hat eröffnet. Es ist das einzige Café im vintagestil hier in der Nähe und ich liebe solche Orte, weswegen ich mich sofort auf den Weg machte. Ich ging zu Fuß, da es nur zehn Minuten entfernt war. Ich hatte eine Mütze auf, einen Mundschutz und komplett schwarze, schlichte Kleidung an. Keinen Schmuck.
Ich konnte es nicht riskieren, erkannt zu werden und dann war auch schon das Café auf der anderen Straßenseite sichtbar.
Während ich rüber ging, sah ich ein Mädchen am Fenster sitzen und ich erkannte sie sofort.
Aurora.
Wunderschöne Aurora.
Sie blickte mich an und lächelte. Sie erkannte mich.
„Ich muss weg" dachte ich und ging schnellstmöglich zurück.
„Wie gerne würde ich mich zu ihr setzen und sie stundenlang ansehen und mit ihr reden." dachte ich. „Aber ich kann es nicht riskieren, dass sie mich anspricht und andere Leute erkennen wer ich bin und außerdem" dachte ich weiter „bin ich nicht vorbereitet. Es wäre so peinlich gewesen, so wie ich aussehe im Moment und ich hätte nicht vernünftig mit ihr sprechen können, so unvorbereitet und schüchtern wie ich bin." Manchmal wünschte ich, ich wäre ein ganz normaler Mensch den niemand kennt.
***Ende von Jungkooks POV***
Ich hatte fast Tränen in den Augen, so sehr schämte ich mich für mich selbst. Er bereut es anscheinend, mir nachgelaufen zu sein. Wie dumm von mir, zu glauben ich hätte eine Chance.
Lina kam wieder und zeitgleich unsere Bestellung.
„Leckeeer~" sagte Lina glücklich. Sie ist so süß.
„Lina?" fragte ich sie.
„Ja bitte?" sprach sie mit vollem Mund.
„Angenommen ein Mann spricht dich an. Einfach so und... Du findest ihn auf den ersten Blick an unglaublich toll und... Dann gibst du ihm deine Nummer und er sagt er meldet sich und dann..." ich merkte wie meine Stimme leicht zu eben anfing.
„Und dann?" fragte Lina vorsichtig.
„Naja, dann... Dann seht ihr euch, auf der Straße zum Beispiel, und er geht sobald er dich sieht, schnellstmöglich in eine komplett andere Richtung und ignoriert dich. Was würdest du denken, was los ist?" ich konnte gerade so sprechen ohne Anzeichen von Trauer zu zeigen.
„Ist irgendwas auf dem Fantreffen gestern passiert?" fragte sie neckisch.
„Nein, natürlich nicht. Aber, nur mal so, theoretisch." Ich wusste, dass sie mir nicht glaubte, aber sie ließ das hinterfragen sein, was ich sehr an ihr mag.
„Alsooo... Es kommt auf die Situation an und darauf, was für ein Typ er ist. Wenn ihr euch unerwartet trefft, kann es natürlich sein, dass er sehr schüchtern ist und so überfordert, dass er, bevor er sich blamiert, lieber geht. Kann natürlich auch sein, dass er ein Fuckboy ist und einem aus dem Weg gehen will. Ich denke, wenn das Mädchen die Situation individuell betrachtet, wird sie wissen was los ist" sagte sie und zwinkerte mir zu, worauf ich lediglich still meinen Kuchen weiteraß.
Wir saßen noch länger in dem Café und schauten uns die Bücherwand an, bevor wir nach Hause gingen.
Zu Hause angekommen, dachte ich nochmal über Linas Worte nach. Sie gaben mir Hoffnung und ich beschloss, nicht direkt den Kopf in den Sand zu setzen.
Ab morgen beginnt eine neue Arbeitswoche.
Wer weiß was sie zu bieten hat?

"You are a poem that breathes"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt