neunundzwanzig

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„Meine Familie ist gestorben als ich zwölf war. Bei einem Autounfall nach einem Ausflug, bei dem ich hätte dabei sein sollen. Aber ich wollte nicht. Ich hatte keine Lust. Und ich frag mich halt ob es anders gewesen wäre, wenn ich dabei gewesen wäre. Vielleicht wären wir fünf Minuten später losgefahren. Oder wir wären früher zurück gefahren, oder länger geblieben. Vielleicht würden wir dann noch zusammen sein. Vielleicht wären sie dann noch am Leben. Und eigentlich weiß ich, dass ich so nicht denken soll. Darüber habe ich schon mit so vielen Menschen geredet, auch in der Klinik. Aber es ist nichts, was ich einfach wegschließen kann. Und auch, wenn ich eine Zeit lang nicht so denke, kommt es wieder. Als ich die Fotos gesehen habe, habe ich mich geschämt. Weil ich lebe. Weil ich lebe und sie nicht. Und weil ich meine Mama vermisse. Ich finde ich bin zu jung um meine Mama zu vermissen. Das macht mich traurig. Ich bin traurig, weil ich mich alleine fühle. Ich weiß, ich bin nicht alleine. Aber ich bin alleine mit der Situation die einzige aus meiner Familie zu sein, die lebt. Und es macht mich traurig. Und ich schäme mich. Weil ich mit 17 meine Eltern vermissen muss. Wenn ich daran denke, wie ich früher war, fühlt es sich komisch an. Ehrlich gesagt, war ich nie besonders gut mit meiner Familie... Wir waren eher distanziert, manchmal hab ich mir sogar gewünscht... naja nicht das sie sterben natürlich... aber, in einer anderen Familie zu wohnen. Und das klingt so blöd, aber ich denke manchmal, dass es sowas wie Karma war. Dass ich es nicht verdient habe, eine Familie zu haben, wenn ich sie gar nicht will. Aber ich wollte sie. Ich wünschte ich könnte das alles rückgängig machen. Aber auch wenn ich das denke, schäme ich mich. Dann habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich mein jetziges Leben nicht zu schätzen weiß. Aber das tue ich. Wirklich. Nur weiß ich nicht, was schlimmer ist. Ich bin so verwirrt. Und ich bin so verloren in dieser Ungewissheit. Was wäre, wenn und wie wäre es, wenn. Ich habe ein schlechtes Gewissen Louis gegenüber. Einmal, weil er mich bei sich haben muss und durch das alles mit mir muss. Aber eben auch, weil ich das nicht genug wertschätze und lieber bei meiner Familie wäre. Und mein Freund... ich liebe ihn, so sehr. Und er tut so viel für mich und ich bin so dankbar dafür. Dann frage ich mich, ob sein Leben besser wäre, wenn ich nicht hierher gekommen wäre. Und ich habe Angst, dass er nur noch mit mir zusammen ist, weil er nicht Schluss machen will. Und dann fühl ich mich schlecht, weil ich sowas denke. Manchmal würd ich ihn gerne fragen und ihm sagen, dass er Schluss machen darf, sozusagen. Aber ich will nicht, dass er denkt, ich würde das sagen, weil ich nicht mehr mit ihm zusammen sein will. Und meine Freunde... Sie sind so unterstützend und lieb. Aber ich kann ihnen das gar nicht zurückgeben und ich denke so oft, dass ich sie nerve oder enttäusche. Ich will niemanden enttäuschen, das wäre irgendwie das schlimmste. Aber ich habe das Gefühl ich tue es. Und es ist irgendwie auch okay, wenn sie enttäuscht von mir sind. Aber es tut mir so leid. Ich will das alles gar nicht." Ich saß mit Dr. Barrie auf einer Bank im Park. Ganz plötzlich sprudelten die Worte förmlich aus mir heraus. Es tat gut. Und ich wusste, dass es gut war. Gleichzeitig fühlte es sich so falsch an die Wahrheit zu sagen. Mein Kopf schmerzte vom Weinen und plötzlich fühlte ich mich einfach nur erschöpft. Als wär all die Energie in meinen Worten gewesen.

„Amy, das ist ein sehr guter Schritt, dass du mir das erzählt hast. Ich weiß, dass das nicht leicht war." Ich nickte schwach und starrte in die Luft. „Willst du dich erstmal ausruhen und wir reden später nochmal? Oder morgen?" Ich nickte erneut und wir standen auf. Schweigend folgte ich ihr zurück in das Klinikum. Als ich in mein Zimmer zurückkehrte, stand Ben vor mir. „Hey," sagte er und als er mich in seine Arme schloss, konnte ich nicht anders als mich einfach in fallenzulassen. Ich weinte und er hielt mich fest.


xx

leider nur ein etwas kürzeres Kapitel, Freund der Sonne, aber die nächsten 3 Tage bin ich in Schottland und habe meinen Laptop nicht und wollte euch hier nicht zu lange warten lassen. 

Danke für die lieben Kommentare und danke, dass ihr immer noch da seid. 

Passt auf euch auf!

Ahoi,

 Annyy

Team Tomlinson [III]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt