2. Six Clowns

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Ich werde mir alle Knochen brechen. Ich werde auf dem harten, kalten Asphalt aufschlagen und wenn ich Pech habe werde ich sterben. So oder so wird es sehr schmerzhaft werden. Der Boden rast mir förmlich entgegen und ich presse fest die Augen zu. Zwei Sekunden später lande ich. Zwar ist es keine Weiche Landung, doch der Schmerz hält sich in Grenzen. Ich blinzle vorsichtig und blicke in eine der grinsenden Masken. Zwei der Member haben mich aufgefangen. Hinter mir klettert gerade Zico nach unten und springt lässig vom Seil weg, als er nur noch einen Meter vom Boden entfernt ist. "Nun seht euch den armen Kleinen Mal an, der heult gleich los." Spottet der im hellblauen Anzug. Die Anderen lachen und ich versuche den Kloß der sich in meinem Hals gebildet hat runter zu schlucken. Als ob es nicht reichen würde, dass ich vor Panik nicht mehr klar denken kann, durchströmt jetzt auch noch Scham meinen Körper.

Das entfernte Geräusch von Polizeisirenen lässt ihr Lachen jedoch schnell verstummen. "Wir müssen los Leute. U-Kwon du fährst. Taeil, vergiss nicht die Bombe zu zünden. P.O und B-Bomb, ihr passt mir auf unser Riesenbaby hier auf." Alle nicken während Zico knapp die Befehle erteilt. Der, der mir das Tuch in den Mund gestopft hat und der im schwarzen Anzug packen mich grob und zerren mich mit sich. Ich schaffe es kaum mit ihnen Schritt zu halten und lasse mich mehr von ihnen ziehen als selbst zu laufen.

Nach knapp einer Minute kommen wir zu einem schwarzen Van mit dunklen Scheiben. Als alle darin sitzen holt Taeil eine Fernbedienung aus seinem Jackett. Er grinst schadenfroh und dann drückt er ohne zu zögern auf einen roten Knopf. Ein unglaublich lauter Knall ertönt hinter uns. Er hat gerade meine Schule in die Luft gejagt.
Die Gänge durch die ich jahrelang gelaufen bin sind jetzt nur noch Schutt. Mein Zimmer in dem all meine Sachen waren steht in Flammen und der Klassenraum wo wohl noch immer meine Halbfertige Mathearbeit lag existiert nicht mehr.

Ich presse die Augen zu und frage mich, wie viele wohl gestorben sind. Innerhalb dieser kurzen Zeitspanne konnten sie unmöglich alle das Gebäude verlassen haben.
Ich kannte keinen von ihnen wirklich und sie haben mir auch nie was bedeutet, doch wenn ich mir vorstelle, dass der Junge der vor mir saß jetzt in tausend Fetzen zerrissen ist, wird mir speiübel. Das Tuch in meinem Mund verbessert diese Tatsache nicht gerade.
Ich würge heftig und beuge mich nach vorne. Ich darf mich jetzt auf keinen Fall übergeben. Ich würde an meinem eigenen Erbrochenem ersticken.
"Ey, wehe du kotzt jetzt und verreckst uns deswegen." Ich öffne verkrampft die Augen und sehe in die Augen hinter der Clownsmaske. Sie sind kalt und voller Hass. "P.O alles in Ordnung?" Fragend ertönt die Stimme des Leaders vom Vorderraum des Autos.
"Der Typ kotzt gleich, glaub ich." Erwidert der im lila Anzug sachlich, welcher wohl P.O sein muss. "Schlag ihn bewusstlos. Er darf eh nicht sehen wo unser Versteck ist und so macht er wenigstens keinen Ärger mehr."
Ich weite die Augen und sehe P.O groß an. Er wird mich jetzt doch nicht wirklich einfach so bewusstlos schlagen. Der vor mir Sitzende grinst und holt weit aus. Okay, er wird mich doch einfach so bewusstlos schlagen. Natürlich wird er das. Er hat bestimmt auch schon einfach so Leute umgebracht, also warum sollte er das jezt nicht tun?
"Gute Nacht, Jaehyo." Mit diesen Worten trifft mich seine harte Faust an der Schläfe. Ein durchdringendes Piepen verbannt alle Gedanken aus meinem Kopf. Ich falle nach hinten und lasse mich von undurchdringlichem Schwarz umhüllen.

Als ich die Augen das nächste Mal aufschlage ist es kalt um mich. Ich hole tief Luft. Mein Mund ist frei, kein Tuch steckt mehr darin. Ich seufze erleichtert.
Es war nur ein Traum. Ich werde jetzt aufstehen und das Licht einschalten, ins Bad gehen, mich duschen, anziehen und in den Unterricht laufen. Es wird ein ganz normaler Tag werden wie jeder andere auch.
Ich drehe den Kopf leicht zur Seite und will die Arme heben, um mich zu strecken. Doch es geht nicht. Meine Arme lassen sich nicht bewegen. Etwas hartes das um meine Handgelenke gewunden ist hindert sie daran. Ich hole tief Luft.
Es war nur ein Traum. Nur ein Traum. Ich werde jetzt aufstehen. Vorsichtig versuche ich meine Beine anzuheben, doch auch das funktioniert nicht. Um meine Fußgelenke sind ebenfalls Fesseln, die dafür sorgen, dass ich mich nicht bewegen kann.

"Ganz ruhig, es war nur ein Traum Jaehyo. Du träumst nur noch." Leise flüstere ich mir diese Worte zu um die in mir aufsteigende Panik zu unterdrücken. Als ich den Kopf wieder bewege, spüre ich einen stechenden Schmerz. Ich keuche leise auf und beiße mir fest auf die Lippen. Meine reche Schläfe pocht, genau da, wo P.O mich getroffen hat. Als ich erneut versuche meine Beine zu bewegen, bemerke ich, dass ich gar nicht liege. Ich bin in aufrechter Position irgendwo hin gefesselt. Der Untergrund hinter mir ist hart und unnachgiebig. Das ist keine Matratze. Das ist nicht mein Bett. Und das alles war kein Traum.

Ein leiser, verzweifelter Laut schleicht über meine Lippen. Ich will nicht weinen. Nicht hier wo ich nicht sehen kann, ob noch jemand im Raum ist. Nicht hier, wo sie jeder Zeit reinkommen könnten.
Wenn ich jetzt weinen würde, würde ich damit Schwäche zeigen. Doch ich kann nicht anders. Ich bin vollkommen überfordert mit allem was in den letzten Stunden passiert ist. Ich habe Angst, mein Kopf schmerzt und ich habe keine Ahnung was diese Verrückten mit mir vorhaben.
Irgendwann höre ich einfach auf dagegen anzukämpfen und schluchze leise. Erste Tränen rollen meine Wangen hinab und ich spüre wie sie vom Saum meines Hemdes aufgefangen werden.

Ich weiß nicht wie lange ich weine und es ist mir auch egal. Mein ganzer Körper schmerzt und ich wünsche mir nichts mehr als von den Fesseln befreit zu sein. Mir ist allerdings klar, dass das in nächster Zeit wohl eher nicht passieren wird, was mich nur noch heftiger Schluchzen lässt.
Als mein Kopf immer schwerer wird und meine Augen von dem vielen Weinen brennen, schließe ich sie irgendwann und falle nur wenige Sekunden später erneut in tiefen Schlaf.

Das Geräusch einer ins Schloss fallenden Tür lässt mich wieder erwachen. Ich reiße die Augen auf und im selben Moment betätigt jemand einen Lichtschalter. Blinzelnd versuche ich mich an die abrupte Helligkeit zu gewöhnen und sehe mich um.
Der Raum in dem ich mich befinde ist nicht besonders groß. An einer Wand steht ein silbern schimmernder Schrank und in der Mitte ist eine Liege aus Metall, an der geöffnete Fesseln aus Eisen für Hände und Füße befestigt sind. Das ganze Zimmer hat einen seltsamen Geruch nach Verwesung.

Nur wenige Meter von mir entfernt stehen sechs junge Männer. Ich kenne keinen von ihnen, doch Hoffnung keimt in mir auf, als ich in ihre Gesichter Blicke. Sie müssen von der Spezialeinheit meines Vaters sein. Sie haben mich gefunden und sind hier um mich zu retten.
Ich will gerade den Mund öffnen um etwas zu sagen, als mir ihre Kleidung auffällt.
Sie tragen alle schwarz weiß gemusterte Anzüge. Dazu hat jeder von ihnen noch ein auffälliges Accessoires.
Der Kleinste trägt eine große, runde Brille. Neben ihm steht Einer mit zwei Goldketten um den Hals. Der Dritte hat runde, recht auffällige Ohrringe. Der in der Mitte stehende hat eine Cap mit zwei Ringen an der Seite auf und der neben ihm hat lila gefärbte Haare. Ganz am Ende der Reihe, lässig an die Wand gelehnt ist der Letzte von ihnen. Er trägt ein paar Kopfhörer um den Nacken gelegt.

Ich starre sie stumm an. Würden normale Menschen so rumlaufen? Würden die Angestellten meines Vaters sich so kleiden?
Nein, das würden sie nicht. Das hier sind nicht die Angestellten meines Vaters. Das hier sind nicht mal normal denkende Menschen.
Vor mir stehen alle sechs Mitglieder von Block B. Nur, dass ich sie das erste Mal ohne ihre schützenden Masken sehe.

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