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"Alia, du machst mir langsam wirklich Angst.", kam es von David, woraufhin ich mich zu ihm drehte.

Ich wusste nicht worauf ich reagieren sollte. Die Worte von James oder der Gedanke von David, dass ich eine Verrückte bin, die mit imaginären Personen spricht?

"Tu so, als ob du das alles nur vorgespielt hättest.", befahl James in einer ruhigen Tonlage und stellte sich hinter David.

Mit großen Augen sah ich ihm zu; rätselnd, was er als nächstes tun würde. James pustete leicht gegen David's Hals, was ihn zusammen zucken ließ. "Was zum..!", schrie David völlig außer sich.

James brach in Gelächter aus und hielt sich den Bauch. Er raubte all meine Aufmerksamkeit. Wie gebannt starrte ich ihn an. Solch ein Lächeln konnte tatsächlich kein menschliches Wesen haben.

"Worauf wartest du, Alia? Möchtest du, dass dein Bruder gleich ausflippt oder so?"

Mein "was"?

James' Mundwinkel waren noch immer zu einem strahlendem Lächeln gezogen. Dies konnte ich nur erwidern und begann ebenfalls zu lachen.

"Du glaubst mir das auch noch?", fragte ich kichernd und boxte David auf die Schulter. "Du hättest dein Gesicht sehen müssen!"

Genervt runzelte er die Stirn und verschränkte die Arme vor der Brust. "Mach so was nie wieder, klar?"

Mein Blick rutschte wieder zu James, der mir den Daumen hoch hielt.

Er war keine Einbildung.

Er existierte und nur ich konnte ihn wahrnehemn.

Ich bin doch nicht verrückt.

"Ach, sowas macht man doch unter Geschwistern, nicht?" Ich legte ihm die Hand über die Schulter und sah ihn entschuldigend an. "Du bist ein toller Bruder, David. Mir fällt es nur schwer..." Ich seufzte. "Also, ich..."

Ohne dass ich meinen Satz beenden konnte, schloss er mich in die Arme. "Ich hab dich lieb."

Ich hätte ihm nur zu gern gesagt, dass ich das auch tue, nur gab es in meinem Herzen keinen Platz für Menschen. Mit dem Tod meiner Familie, wurden nicht nur sie in einen Sarg gesteckt, sondern auch mein Herz. Es war ein Sarg aus Eisen, gefüllt mit vielen, warmen Gefühlen, die niemals wieder an die Erdoberfläche gelangen könnten.

Nichts konnte diesen Sarg durchbrechen und mein Herz berühren, außer James' Lächeln vielleicht, denn das, würde diesen Sarg zum schmelzen bringen.

* * *

"Viel Spaß, Ally!", rief mir Lena zu und winkte wie wild mit ihrer Hand.
David lehnte mit ihr am Türrahmen und rief mir ebenfalls was zu. "Verspäte dich nicht, versprochen?"

"Versprochen!", schrie ich noch, wonach ich mich von den beiden abwandt und endlich allein meinen Spaziergang genießen konnte.

In meinen Rucksack hatte ich wieder einmal nur einen Bleistift und Notizblock eingesteckt. Falls ich Glück hatte, fischte ich mir manchmal auch einen Radiergummi raus, doch wann oder wo man ihn findet, war mir noch immer ein Geheimnis.

Die Gassen, auf die man in jeder Ecke zustoßen konnte, ließen mich unwohl fühlen, doch ich ignorierte diese Angst, bis ich das Miauen einer Katze hörte. Es quietschte und quietschte. Man könnte meinen, dass man dem Kater das Fell abziehen würde.

Verwundert ging ich auf die Gasse zu, von dem das Geräusch kam. Eine Katze flitzte auf mich zu, doch blieb sofort stehen als es mich sah.

Eine tiefe Schnittwunde war auf seinem Kopf zu sehen. Haut hing ihm den Schädel hinunter. Bestürzt hielt ich die Hände vor den Mund und musste aufpassen mich nicht zu übergeben.

Die Katze wich an mir vorbei. Mein Blick richtete sich in die Tiefen der Gasse. Auf dem Boden hockte ein Mann der mich anlächelte. "Hey...", grüßte er mich.

Mein Blick fiel auf das Messer in seiner Hand, von dem Blut aufs Boden tropfte. Sein Lächeln wurde zu einem Grinsen als er sich erhob und sich mir einen Schritt näherte.

"Keine Angst, Süße.", sagte er und sah auf das rot gefärbte Messer in seiner Hand hinab. "Das ist nicht mein Blut."

Das ErwachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt