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Alia POV

Meine Wange war völlig aufgeschwollen als ich mich von der Couch hob. James war nicht länger bei mir und das milde Mondlicht hatte die Morgensonne übernommen. Ich hörte das Geschirr klappern. Erschrocken zuckte ich zusammen und drehte mich dem Geräusch zu.

David war in der Küche und bereitete das Frühstück vor. "Was machst du denn hier?", fragte ich verwirrt und rieb mir die Augen.

"Ich wollte dich nicht alleine lassen.", antwortete er knapp und legte noch zwei Teller mit dem Besteck auf den Tisch.

"Wann kommen Mr. und Mrs. Morgan heim?"

"Frühstens gegen zwei Uhr Mittags." David setzte sich hin und ich setzte mich gleich neben ihn. "Du siehst sehr erschöpft aus.", kam es leise von mir während ich auf das leere Glas neben mir starrte.

"Es war ein langer Weg."

Diese kurzen Antworten und seine müden Augen, die normalerweise vor Energie nur so strahlten, machten das Frühstücken umso unangenehmer für mich. Ich wusste einfach nicht wie ich mich verhalten sollte, also starrte ich auf meinen Teller und gab kein weiteres Wort von mir.

"Alia."

"Ja?", fragte ich als ich versuchte noch einen Bissen von meinem Brötchen zu nehmen.

"Hast du dir schonmal überlegt eine Karriere mit deinen Zeichnungen zu starten?"

Ich überlegte für eine Weile was er mit "Karriere" meinte, da ich dieses Wort zum ersten Mal hörte. "Nein?"

"Warum denn nicht? Ich kenne viele Leute die ihre Kunst nutzen und damit später auch gut Geld verdienen können. Da du nicht so scharf auf die Schule bist, könntest du doch versuchen in der Öffentlichkeit zu zeichnen. Mal sehen wie die Menschen darauf reagieren werden."

"Das ist mir aber peinlich. Ich mag es nicht wenn man mir beim Zeichnen zuguckt."

"War ja nur ein Vorschlag. Du musst nichts tun was dir unangenehm ist."

* * *

Völlig entschlossen hatte ich meinen Zeichenblock und Bleistift in meine Tasche gesteckt und spazierte durch die Straßen. Ehe ich ein schönes Plätzchen fand würde ich mich setzen und anfangen zu zeichnen. In der Öffentlichkeit. Wo mir jeder zusehen konnte.

Ich hielt an.

Mein Magen krümmte sich plötzlich und mir wurde übel. "Beruhig dich Alia...", sagte ich mir selbst und setzte mich auf eine Bank. Ich holte den Zeichenblock raus und griff nach dem Bleistift. Meine Hand zitterte und die Übelkeit wurde schlimmer.

Ich packte meine Sachen sofort wieder in die Tasche und rannte in eine Ecke wo niemand war. Ich presste die Hand gegen meinen Mund. Ich wollte mich nicht übergeben, doch mein Magen spielte wie verrückt.

"Alles okay?", hörte ich ein kleines Mädchen fragen.

"Ja, alles bestens."

Die hellgrünen Augen des kleinen Mädchens funkelten mich aufmerksam an. "Ist dir schlecht?"

"Ich war nur ein bisschen aufgeregt. Was machst du hier eigentlich alleine? Wo sind deine Eltern?"

"Ich weiß es nicht. Ich suche nach ihnen."

Ich hielt das kleine Mädchen an der Hand und lächelte. "Soll ich dir helfen deine Eltern zu finden?"

Das Mädchen strahlte förmlich. "Ja, bitte!"

Wir gingen zusammen die ganze Straße hoch, doch wir fanden ihre Eltern nicht. "Sollen wir villeicht zur Polizei gehen?"

Das Mädchen schmiegte sich an mein Bein. "Die sind gruselig."

"Ach, was. Du brauchst keine Angst von ihnen haben." Ich hatte meinen Satz gerade beendet und im nächsten Augenblick bahnte sich ein Schmerz vom Nacken bis zu meinem ganzen Körper und meine Sicht fiel ins Schwarze.

Als sich meine Lider öffneten stand ich nicht länger auf der Straße, sondern lag in einem Bett und dies war kein Krankenzimmer.
Die Wände bestanden aus geflechtetem Holz und den Boden bedeckten dicke Teppiche. Ich rappelte mich auf und sah das kleine Mädchen von vorhin. Ihre goldenen Locken glitzerten im Schein der Sonne als sie sich zu mir wandte.

"Sie ist wach.", rief sie ins Zimmer und zwei völlig fremde Leute betraten den Raum. "Endlich.", hörte ich den Jungen sagen, der ebenfalls das goldene Haar des Mädchens besaß und dazu auch noch die grünen Iris. "Hast du gut geschlafen, Alia?"

"Woher kennst du meinen Namen?" Ängstlich ruckte ich im Bett nach hinten und mein Rücken berührte die hölzerne Wand.

"Du erinnerst dich nicht an mich da ich deine Gedanken manipuliert habe, aber ich möchte mit dir einen Neuanfang starten. Ich bin Nathaniel Ormond und dies sind meine Geschwister Lily und Aron."

Meine Nackenhaare stiegen auf als ich den Namen Ormond hörte. Dies war die Person, die James das angetan hatte. Meine Hände krallten sich an die Bettlacken. Die Erinnerung an James' Wunde und dem Schmerz welches sich über sein ganzes Gesicht gezeichnet hatte, war noch längst nicht verloren gegangen.  "Ich möchte nichts mit dir zu tun haben."

"So eine Chance hast du aber nicht." Er lächelte plötzlich. "Ihr Menschen vermischt euch mit der Erde nach eurem Tod und die Seele kehrt zu ihrem ursprünglichen Platz zurück, doch zum ersten Mal seit meiner Existenz sehe ich das eine Menschenseele trotz dem Tod seines Körpers, ein neues Gefäß geformt hat. Findest du nicht auch dass dies gefährlich ist?"

"Ich verstehe kein Wort."

"Ich spreche über James oder hast du ihn etwa auch vergessen?"

Ich erstarrte auf der Stelle mit der Realisation dass es niemals Wesen seiner Art gab, sondern dass er der einzige Mensch überhaupt war der sich solch einen Körper angeeignet hatte. Er lebte eine Illussion; im Glauben er war vom Glück begünstigt ein Teil von etwas zu werden, wobei er nur ein Rätsel war, welches Ormond nicht entschlüsseln konnte und deshalb die Lüge auftischte, er wäre einer von ihnen gewesen.

Mein Kopf schmerzte. Mir wurde schwindelig. "Warum... warum hast du ihm nicht die Wahrheit gesagt?"

"Weil es ihn nur stärker machen würde. Er ist gefährlich, Alia. Zu gefährlich um ihn ohne Regeln frei zu lassen, doch er kümmert sich nicht weiter um das Gesetz, er hat keine Angst mehr vor der Strafe."

"Was für eine Strafe? Du sagtest doch dass dies nur eine Lüge ist, also warum..."

"Ja, es ist eine Lüge. Es gibt auch keine Strafe, aber er weiß das nicht. Darf er auch nicht. Ich habe mich immer davor gefürchtet die Kontrolle über ihn zu verlieren falls er die Wahrheit erfährt, doch ich habe die Waffe gefunden, die mir dabei helfen wird ihn in meinen Händen zu halten." Er stach seine Finger in meine Wangen und hielt mein Gesicht seins entgegen. "Und es wäre nur zu unglücklich wenn diese Waffe zu dem Monster wird was es eigentlich eliminieren sollte."

Ich schluckte schwer, konnte meinen Atem nicht einstellen. "Was willst du damit sagen?"

Er ließ mich los und sah auf mich herab. "Du verstehst es immer noch nicht..."

Seine Blicke wurden finster. "Du glaubst doch nicht wirklich dass dich der Mörder deiner Familie übersehen hat, oder?"

Das ErwachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt