| 19 |

51 3 4
                                    

Sam POV

Das fein geformte Metall des Löffels kreiste an den Enden der Tasse entlang, das Geräusch nagte an meinen Nerven so wie das Ticken der Uhr an der Wand. Ungeduldig hob ich die Tasse an, doch meine Hand zitterte zu sehr. Mit der Angst Mr. und Mrs. Morgan würden es merken, legte ich sie wieder auf den Tisch.

"Wo könnte Alia denn hingegangen sein?", platzte es aus mir heraus.

David, der direkt neben mir auf dem Sofa saß seufzte. "Ich hatte erhofft du wüsstest die Antwort."

Es klopfte an der Tür. Mit einem Ruck war Mrs. Morgan aufgestanden und eilte zur Tür. "Alia meine Süße!", begrüßte sie ihre Tochter.

Alia trat näher in die Mitte des Wohnzimmers; ihre Augen waren auf meine geheftet, so wie meine auf ihre. "Sam..?"

Mr. Morgan fing an ihr zu erzählen dass ich als ihr angeblicher Freund sie besuchen wollte, doch die Laute verschmolzen in ein Rauschen und alles was ich sah war nur noch Alia; die Haare völlig aufgewühlt, ihre Hose mit Erde bedreckt und ihre Bluse die sie heute Morgen trug, verschwunden. Ein Unterhemd hatte sie an, was ihr Schlüsselbein nur so mehr hervor stechen ließ. Sie wirkte viel zerbrechlicher als sonst, was mich zusammenzucken ließ.

Ich erhob mich und packte sie an der Hand, lächelte ihre Eltern an und zog sie in die Richtung die mir David als den Weg zu ihrem Zimmer beschrieben hatte. "Ich möchte nur mal kurz mit ihr reden. Bin gleich wieder zurück."

"Nur zu." Mrs. Morgan lächelte breit, nur dass es zum ersten Mal nicht gezwungen rüber kam.

* * *

Mit Wucht befreite Alia ihre Hand von meinem Griff und taumelte einpaar Schritte nach hinten und plumpste anschließend auf ihr Bett. "Wie oft denn noch? Fass... mich nicht..."

Ich schloss die Tür ab und setzte mich neben ihr hin. "Alles in Ordnung?"

Sie hielt sich den Kopf; die dünnen Augenbrauen streng einander gezogen. "Warum bist du hier?"

"Weil ich mir Sorgen um dich gemacht habe, warum denn sonst? Du hast mich angerufen und dann... hast du einfach aufgelegt. Ich bin hierher gekommen und unser Little-Picasso war wieder einmal weg."

"Sie haben mich gerufen."

"Wie bitte?"

"Die Polizisten. Sie haben mich bis zum Revier begleitet..."

Ich setzte mich aufrecht hin und drehte mich völlig zu ihr. "Moment. Das... Das ist unmöglich. Mein Vater hat mir kurz nach unserem Gespräch erzählt dass das Ergebnis der Autopsie hundertprozentig bestätigt dass es ein Herzinfarkt gewesen ist und dass niemand weiter verdächtigt wird. Also, warum sollten sie..."

"Sam." Alia sah mich mit ihren erschöpften Blicken an. Sie wirkte so als ob sie jede Sekunde ohnmächtig werden könnte. "Vergiss es einfach."

"Nein, nein. Alia, ich glaube dir. Kannst du die Polizisten zeichnen die dich zum Revier begleitet haben?"

* * *

Ich umfasste die Papiere fester als ich einen der Polizisten auf den Zeichnungen sah. "Guten Tag. Haben Sie heute Morgen ein Mädchen Namens Alia Morgan hierher gebracht?"

Der Polizist lachte laut. "Wow junger Mann warum die Frage? Ich sehe so viele Menschen am Tag und..."

Ich hob ein Bild von Alia und zeigte es ihm. "Hast du sie heute gesehen?"

"Nein?"

Ich verdrehte die Augen und ging auf das Zimmer zu wo sie Alia abgefragt hatten. Alles wurde von der Überwachungskamera aufgenommen also musste ich sie in der Aufnahme sehen, falls sie wirklich hier gewesen war.

Ich wollte gerade die Tür öffnen da spürte ich eine kräftige Hand auf meiner Schulter. "Sam. Wohin des Weges?"

Es war mein Vater. "Dad. Komm mit." Verwundert folgte er mir ins Zimmer und wir schlossen die Tür hinter uns. "Kannst du die Aufnahmen von heute Morgen zeigen die hier aufgenommen wurden?"

"Ja, aber... warum?"

Ich sah ihn flehend an und er hackte nicht weiter nach und setzte sich vor den Monitor. "Ungefähr die Uhrzeit?"

"Ich weiß nicht so recht... Gegen zehn Uhr morgens?"

Er spulte vor und vor... Meine Augen fingen langsam an zu zucken, doch da sah ich sie. "Stop!"

Genau der Polizist mit dem ich ebend gesprochen hatte führte sie rein und schloss anschließend die Tür hinter sich und ließ Alia allein im Zimmer zurück. Für ein paar Sekunden saß sie reglos auf dem Stuhl, doch dann fing sie an zu reden so als ob dort jemand wäre.

"Du hast mir nicht erzählt dass die Kleine schizophren ist.", spaßte mein Vater und ich boxte ihm leicht auf den Schenkel. "Dad! Nimm das ein wenig ernst."

Er sah erneut auf den Monitor und im nächsten Moment erstarrte er zu Stein. Ich blickte ebenfalls auf die Aufnahme; etwas zog Alia zu sich, in die Richtung, wo der leere Stuhl stand. Dann geschah es. Etwas zerrte sie auf den Boden und sie zappelte wie verrückt; versuchte sich zu befreien, doch scheiterte. Das konnte sie unmöglich allein gemacht haben, denn man konnte deutlich sehen dass etwas ihren Hals drückte.

Ich sah meinen Vater bestürzt an; er erwiderte meinen Blick und schluckte schwer. "Vater...", stotterte ich. "All das was passiert ist... Etwas... Etwas stimmt hier nicht."

Das ErwachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt