| 22 |

58 3 6
                                    

Alia POV

Mein Kopf pochte wie wild als ich versuchte es zu heben und nachdem sich die Benommenheit des Schlafs einigermaßen aufgelöst hatte spürte ich tausende Klingen im Unterleib die mir das Fleisch zu zerreißen drohten.

Reflexartig bewegte sich meine Hand zu meinem Bauch und es donnerte plötzlich in meinem Kopf. Schlagartig stand ich auf und sah das Blut auf dem Bett.

Völlig verzweifelt warf ich mir das Haar aus dem Gesicht und versuchte panisch die Bettlacken abzumachen, wobei die Zimmertür ruckartig aufging.

"Ach du meine Güte.", hörte ich ein Mädchen sagen und die Tür ging sofort zu, gefolgt von ihren Schritten die auf mich zu kamen. "Warum weinst du denn? Das ist nichts wofür du dich schämen musst.", vergewisserte sie mich und ich sah dass dies Lena war, die mir sanft über den Rücken strich.

Ich war mir den Tränen die mir über die Wangen kullerten nicht einmal im klaren, sowohl dem Zittern an meinem ganzen Leib. "Ich...", stammelte ich hervor. "... weiß nicht was ich machen soll."

"Wir stecken die Bettlacken fix in die Waschmaschine und du ziehst dir nach einer lauwarmen Dusche frische Klamotten an und das war's auch schon. Kein Grund zur Panik.", erklärte mir Lena und half mir die Bettlacken abzumachen.

"Ich hätte besser aufpassen müssen.", bemängelte ich mich und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht.

"David sagte dass du gestern völlig erschöpft warst und sofort eingeschlafen bist nachdem Sam gegangen ist. Also wollten wir dich nicht wecken, aber auch wenn du nicht bis um elf Uhr geschlafen hättest, wie zur Hölle hättest du denn wissen können dass du gerade heute Abend deine Tage bekommst?", tischte Lena die Worte in einem Atemzug auf. "Entspann dich einfach. Solche Ausrutscher können passieren."

"Nicht wenn ich in einem fremden Haus wohne."

Lena's Brauen hoben sich verblüfft empor. "Das... Das hier ist dein Zuhause, Alia." Weiter kam sie nicht.

Ich schüttelte den Kopf. "Auf einem Haufen Papier vielleicht schon, doch wir alle wissen dass ich nicht hierher gehöre. Das ist weder meine Familie, noch mein Zuhause." Meine Stimme begann zu brechen. "Ich weiß nicht wie ich Mrs. und Mr. Morgan ins Gesicht schauen soll wenn sie erfahren was passiert ist."

Lena faltete hastig die Bettlacken zusammen, schnappte mich an der Hand und ging zügig ins Badezimmer, wonach sie rasch die Tür riegelte. "Alia das ist nichts wofür du dich derart schämen musst. Sowas passiert nunmal. Ich mein, schlimmer als was mir passiert ist, geht bestimmt nicht mehr und wie du siehst bin ich und David immer noch zusammen."

"Was ist denn passiert?", fragte ich zögernd.

Lena kicherte schon im voraus. "Na ja... Ich hab's irgendwie hinbekommen mir in die Hosen zu machen als ich mal bei David übernachtet habe. Er ist mein Freund. Ich mein, schlimmer geht's wohl nicht."

"Und was hast du getan als das passiert ist?"

"Na was wohl?", Lena lachte los. "Ich habe ihn geweckt und gesagt dass er sich in die Hosen gemacht hat."

Ich lachte plötzlich laut auf. "Du hast was..?"

"Genau.", Lena grinste schadenfreudig. "Und er hat mir das abgekauft, obwohl seine Hosen völlig trocken waren."

"Ich glaub er hat so getan als ob er dir das geglaubt hätte damit du dich nicht unwohl fühlst."

Lena sah mich entsetzt an und klatschte sich die Hände aufs Gesicht. "Warte mal ne Sekunde... Du... Du hast völlig recht wie bin ich denn nicht darauf gekommen. Ach du lieber Gott was soll ich tun ich bin so was von am--", ich schnitt ihr das Wort ab, "Wir sind alle Menschen. Solche Ausrutscher passieren nunmal."

"Aber--", Lena unterbrach sich selbst und begann zu lachen. "Das ist wirklich ironisch. Ich sollte meine Klappe halten."

"Nein, nein." Ich schenkte ihr ein mildes Lächeln. "Danke. Mir geht's wirklich besser und du solltest dir nicht allzu große Sorgen darüber machen. David liebt dich wirklich sehr."

Lena seufzte. "Ich weiß, aber es ist troztdem peinlich." Sie zuckte plötzlich zusammen. "Ach ich sollte dir schnell frische Klamotten bringen. Geh du schon mal unter die Dusche."

Ich nickte und sie verließ das Badezimmmer, wonach ich es unauffällig zuriegelte und meine dreckigen Klamotten  in die Waschmaschine schmiss.
Ohne das vertraute Gefühl von dem Stoff auf meiner Haut fühlte ich mich völlig schutzlos und fragil.

Ich spülte mich sofort ab und wartete auf Lena. Als ich ihre Schritte hörte machte ich die Tür auf, doch streckte nur meinen Kopf von dem weißen Vorhang raus. "Kannst du mir ein Handtuch reichen?", fragte ich kleinlaut.

Lena machte die Tür hinter sich zu. "Warum versteckst du dich hinter dem Vorhang? Ich bin doch auch ein Mädchen."

"Es ist mir unangenehm."

"Verstehe." Sie gab mir einen Bademantel, doch bevor ich ihn mir über nahm, zog ich erst die Unterwäsche mit der Binde an.

"Uhm... Lena?"

"Ja?"

Ich legte mir ein Handtuch auf den Kopf. "Wann hört das eigentlich auf. Also, die Regel meine ich."

"In einer Woche oder so."

"Das mein ich nicht. Wann hört sie auf völlig zu kommen."

"Oh." Lena lächelte und hielt sich den Bauch. "Wenn du ein süßes Baby hast, dann müsstest du für neun Monate deine Ruhe haben oder wenn du vierzig bist und deine Menopause startet."

Als Lena sah dass ich auf ihre Hand starrte, die sie auf ihrem Bauch hielt, zog sie es sofort wieder zurück.

Meine Augen weiteten sich. "Ich glaub's nicht. Bist du etwa schwanger?", fragte ich im Flüsterton.

Lena sah sich nervös um. "Das... Das bleibt unter uns."

Ich nickte aufgeregt. "Weiß David davon?"

"Schon seit vier Monaten... Ja." Etwas trauriges spielte in ihrer Stimme mit. "Aber ich weiß nicht wie wir das Mr. und Mrs. Morgan sagen sollen. Sie sind schon ausgeflippt als wir ihnen gesagt haben dass wir heiraten wollen."

Ich schüttelte verneinend den Kopf und legte meine Hand auf ihren Bauch. Der Gedanke eine völlig reine Seele zu berühren die bevorsteht ein Teil dieser Welt zu werden, faszinierte mich einfach. "Sie denken nur dass David noch nicht imstande ist die Verantwortung für eine Familie zu übernehmen, aber ich bin mir sicher dass ihr das Gegenteil beweisen werdet."

"Danke." Lena weinte. "Das ist echt lieb von dir. Ich bin mir sicher dass du auch eine tolle Mutter sein wirst wenn du älter bist."

Ich sah zu Boden. "Das wird wahrscheinlich nie passieren."

Sie wischte sich die Tränen weg. "Warum denn nicht?"

"Na ja... Ich weiß nicht so recht ob das überhaupt klappen würde."

"Ohne es zu versuchen können wir's wohl schlecht rausfinden."

Wie von einem Elektroschock getroffen zuckte ich zusammen, als ich diese raue Stimme von hinten wahrnahm. Ich drehte mich hektisch um und da sah ich ihn: James. Er saß auf dem Wäschekorb und musterte mich amüsiert.

Mir wurde plötzlich klar dass er die ganze Zeit über hier gewesen sein musste. Die ganze Zeit. Es konnte nun wirklich nicht mehr schlimmer werden.
Das dachte ich jedenfalls.

Das ErwachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt