"Meine Güte, du siehst ja schlimm aus", murmelte Marlene, die am Fußende meines Bettes saß und mich belustigt musterte. "Zu wem hast dich denn heute Nacht rausgeschlichen, du kleiner Rebell? Du kommst ganz nach mir."
Ich rieb mir die Augen mit den Fingerknöcheln, als würde es etwas daran ändern, dass ich vor Müdigkeit fast umfiel.
Ich war gestern noch bis zuletzt bei Black und Freunden geblieben und hatte mich verschiedensten Verhören unterzogen, die allesamt darauf hinausliefen, dass ich verrückt war.
"Bei Niemanden", gähnte ich und warf meine Bettdecke demonstrativ von mir, um nicht auf die Idee zu kommen, mich noch einmal zuzudecken und weiterzuschlafen. "Ich konnte nicht mehr schlafen und bin dann runter in den Gemeinschaftsraum..."
Ich räkelte mich ausgiebig und versuchte mir einzureden, dass ich eigentlich gar nicht so müde war.
"Armes Toshalein.... Das Gefühl wird dir aber wieder begegnen, weil glaub mir, nach einer guten Party kommst, denkst du nicht mal daran zu schlafen. Also... Zumindest allein...", lächelte sie und zwinkerte anzüglich. "Aber mal was ganz Anderes: Hier, der ist für dich reingekommen..."
Sie hielt mir einen Umschlag vor die Nase, auf dem, abgesehen von meinem Namen, nichts stand.
Ich nahm ihm nichts gutes ahnend entgegen.
Wenn das die Antwort von meinem Vater war, konnte ich mich auf ein gewaltiges Donnerwetter gefasst machen, wenn er mir schon so früh zurückschrieb.
Aber anstatt dem Familiensiegel, fand ich nur einen unordentlichen Wachskleks, der mehr oder weniger als Verschluss bot und das sah weder meinem Vater noch Regulus ähnlich.
Ich knickte den Brief einmal, wobei das rote Wachs knackte und sich in zwei Teile teilte.
Mit hochgezogener Augenbraue zog ich ein -nicht den Briefnormen nach- gefaltetes Stück Pergament heraus, auf dem schon ohne genauere Betrachtung ein paar Tintenklekse auffielen.
Ich überflog schnell die erste Zeile, bei der mir jedoch schon der Atem stoppte.
"Was ist denn? Von wem ist der Brief?", fragte May neugierig, die meine Reaktion richtig analysiert hatte.
"Keine Ahnung..."
"Spann uns nicht auf die Folter, lies schon!", drängte Marlene und rutschte näher, damit sie jedes Detail verstand, auch wenn meine Stimme leiser als geplant werden würde.
Auch Lily, die gerade vor dem Spiegel stand und versuchte sich ihre Krawatte zu binden, fixierte mich.
Ich biss mir leicht auf die Lippe und strich den Brief glatt.
"Tosha, ich überlege schon länger, es dir zu sagen, aber noch nie haben die Worte so danach geschrien gesagt zu werden. Die Wahrheit ist, ich mag dich ziemlich sehr, um genau zu sein, mehr als es gut für mich ist. Glaub mir, wenn ich sage, ich versuche es ja, aber egal wie lange ich dich anschaue und nach Sachen suche, die mir nicht gefallen, ich finde nur schöne Dinge. Die Art, wie du lachst, wenn jemand einen dummen Witz macht, wie du dir auf die Lippe beißt, wenn du überlegst und selbst, wenn du eine Grimasse schneidest, finde ich dich immer noch wunderschön. Mehr als das sogar. Ich kann nicht beschreiben, wie gerne ich dich gerne hätte, dich küssen würde, dir sagen, wie gern ich dich hab, aber egal wie ich es drehe und wende, es geht einfach nicht. Was auch immer noch zwischen uns passieren wird, es wird nie klappen. Aus diesem Grund denke ich, dass es für dich und für mich besser ist, wenn du nicht weißt, wer ich bin. Bitte verzeih mir. X."
Ich sah mit großen Augen von dem Brief auf und ließ meinen Blick zwischen den drei erstarrten Person hin und her schweifen.
Lene bewegte sich als Erstes.
Sie riss mir den Brief aus der Hand und hielt ihn gegen das Licht, als würde sie eine Fälschung aufdecken wollen.
"Nicht zu fassen. Kaum einen Monat hier und schon ein Liebesbrief", murmelte Marlene ungläubig, die wohl jetzt davon ausging, dass der Brief echt war.
"Und sogar ein richtig guter!", fügte May hinzu und sah der Blonden an meinem Fußende über die Schulter. "Ich wünschte, Sirius würde solche Briefe schreiben. Der einzige Liebesbrief, den ich jemals von ihm bekommen habe, handelte darüber, dass ich einen "geilen Arsch" habe, Zitat Ende."
Marlene kicherte leicht, als würde sie sich daran erinnern.
"Aber jetzt mal Klartext. Von wem ist der?"
Die Gryffindor vor mir hatte dafür natürlich als Erste eine Erklärung.
"Dylan!"
May schnaubte nur.
"Ich bezweifle, dass der überhaupt weiß, wie man ein Komma setzt..."
"Dann... Regulus?", tippte sie und warf mir einen fragenden Blick zu.
"Nein... Er sagt immer, ich muss aufhören mir auf die Lippe zu beißen, weil das eine schlechte Angewohnheit ist", sagte ich kopfschüttelnd und schwang meine Beine über die Bettkante.
"Es ist definitiv jemand, der dich oft anschaut, wenn du es nicht tust", murmelte Lily, die bisher still gewesen war. "Die beste Art herauszufinden, von wem der ist, ist wahrscheinlich, wenn wir vier einfach mal anfangen uns umzuschauen."
"Das ist gar keine dumme Idee...", murmelte Marlene und begutachtete nachdenklich den Brief. "Erkennst du die Schrift, May?"
"Die Schrift braucht ihr euch gar nicht erst anschauen... Zonko's hat jetzt Schriftändernde Federn...", klärte uns Lily auf und widmete sich nun wieder ihrer Krawatte.
"Dann müssen wir eben auf die gute, alte Art zurückgreifen", seufzte Lene, wobei aber etwas abenteuerlustiges in ihren unterschiedlich farbenen Augen aufblitzte.
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Ich hätte mal eine etwas wichtigere Frage...
Interessiert euch der Teil der Story oder der mit dem Buch mehr?
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Und der Regen blieb| Eine Rumtreiber Fanfiction
Fanfiction*beendet* Tosha Gaunt kommt seit Jahren des Hausunterrichts und Tonnen von Flehen und Betteln endlich auf Hogwarts. Dort wird ihr schlagartig bewusst, wieso Familie Gaunt die Öffentlichkeit meidet. Ihr Nachname. Denn als eine der letzten lebenden Ve...