23. Tagesplan

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<<Meddi>>

Ich war irgendwie doch ziemlich erleichtert, als wir aus dem Auto raus waren.
„Wo sind wir?“ 
„Da ist der Bäcker.“ Achso. Hier sind wir. Von hier aus kannte ich den Weg sogar. Ein hoch auf meinen Orientierungssinn. 
„Dann lauf mal vor.“ Okay.  Von hier aus ging es nach rechts die Promenade runter.
„Falsche Rictung, Meddi.“ Ach verdammt. Ich drehte mich um. 
„Da lang?“ Ich war ein bisschen verunsichert. Ich lebte nach dem Motto „Lieber fünf Mal fragen, als einmal nachdenken“.
„Es geht entweder nach links oder nach rechts. Wenn rechts falsch ist, dann ist links ja wohl richtig.“
„Das erinnert mich an etwas. „Entweder ich gehe links vorbei, oder ich gehe rechts vorbei.” - Ludwig Kögl.“ Felix lachte. 
„Wie viele von diesen Zitaten hast du auf Lager?“
„Ein paar.“ Tausende. Abertausende von dummen Fußballzitaten flogen in meinem Kopf hin und her. Aber das hatte man nun mal davon, wenn man ständig Interviews mit Fußballern sah oder die 11 Freunde las.

„Geht das eigentlich mit deinem Fuß?“, wechselte Felix das Thema. Jetzt wo ich daran dachte, tat er wieder ein bisschen weh. Aber es war jetzt kein übler Schmerz. Aber wenn ich sagen würde, dass es weh tat, würde er mich vielleicht wieder tragen. Und klar, normalerweise hasste ich es hilfsbedürftig zu sein, aber bei Felix konnte ich da ja mal eine Ausnahme machen.
„Zwickt ein bisschen, aber...“ Das reichte schon.
„Ich trag dich wieder.“
„Och nö. Komm schon Felix, so schlimm ist es nicht.“ Wie geplant ignorierte Felix meinen Einwand und legte sich mich über die Schulter. Ich war schon ziemlich raffiniert. 
„Also Kleines, was ist der Plan?“
„Ich geh zu dir, krieg alles gezeigt, was ich zum Putzen brauche, nehme mein Zeug mit zu mir, schneide den Vlog... ähm..."
„Dann kommst du wieder zu mir, rettest mich aus Simons Fängen und bist bei CraftAttack dabei.“ Was auch immer das war. Für ihn machte ich das doch gerne.
„Okay. Und dann?“
„Dann improvisieren wir“, löste Felix meine Frage auf. Klang nach einem guten Plan. Ich sag dazu nur: Planlos geht mein Plan los.

„So. Hier ist das Treppenhaus. Das müsste immer so ein, zwei mal pro Woche gewischt werden. Dazu nimmst du einfach...“ 
„Ey. Bleib realistisch.“ Ich kitzelte ihn an der Hüfte und krallte mich dann sofort an ihm fest, damit ich nicht runter fiel. Denn Felix schien ziemlich kitzlig zu sein und drehte sich im Kreis wie sonst was.
„Nicht kitzeln“, japste er. 
„Mach ich doch gar nicht mehr“, empörte ich mich. Und Leute, Felix roch unglaublich gut. Wirklich. Und langsam konnte ich die ganzen Fangirls verstehen. Obwohl. Nein. Konnte ich nicht. Die kannten Dner. Nicht Felix. Die kannten den Typen, der sich mit... ähm... ungefähr zwanzig, würde ich sagen, noch wie ein Kleinkind benahm. Sie kannten weder seinen Humor, noch seine Playboy- Ader und sie hatten keine Ahnung wie gut er roch und wie wunderschön er oben ohne aussah. Also hatte ich deutlich mehr Gründe auf Felix zu stehen, als irgendeine von diesen kleinen Teenagern. So. Damit wäre das geklärt.

„So.“ Felix ließ mich runter und schloss die Tür auf. Ich konnte nicht umhin mich zu freuen, dass Felix Wohnung momentan einfach so krass sauber war. Immerhin einer von uns beiden, der putzen konnte. Auch wenn der das jetzt nicht mehr musste. Aber er würde mir doch bestimmt ein bisschen unter die Arme greifen. 
„Der Boden?“ 
„Einmal alle zwei Wochen die ganze Wohnung fegen. Die Küche einmal pro Woche.“ Fegen ging ja schnell. Das schaffte ich auch noch.
„Die Scheiben musst du nur einmal wischen. Mach auch ich nur einmal pro Monat.“ Scheiben wischen war schon problematischer.
„Wie siehts mit Staubsaugen aus?“
„Im Schlafzimmer. Sonst hab ich nirgendwo Teppich.“ Puh. Glück gehabt. Ich saugte nämlich immer wenn ich saugte alles weg. Ob Kleingeld oder Ohrringe. Alles unter einem Quadratmeter wurde von mir weggesaugt.
„Dann kannst du immer nach dem Frühstück und so vorbeikommen und meinen Tisch abwischen“, sagte er mit einem breiten Grinsen.
„Haha. Das war unlustig.“
„Wieso?“ 
„Ich werd doch nicht jedes Mal zum Essen zu dir rüberkommen“, protestierte ich.
„Keine Angst. Ich frühstücke um die Zeit, zu der andere Mittag essen. Und das dann meistens ohne Tisch auf dem Dach. Und Mittag esse ich fast nie. Und Abendbrot esse ich entweder bei Simon, im Restaurant oder beim Aufnehmen.“ Er wollte nicht wirklich, dass ich seinen Tisch abwischte, oder?
„Ansonsten melde ich mich, wenn mir noch was einfällt.“
„Ja. Mach das mal.“

Oh scheiße. Wann kam Marie noch mal wieder? Sie musste mir dringend einen Crash-Kurs im Putzen geben. 
Felix lief munter plappernd vor mir her und zeigte mir wo das ganze Putzzeug stand. Und ich überlegte verzweifelt, wie man Scheiben wischte. 
„So. Hier ist der Balkon.“ Es war kein Balkon. Es war so eine Art Dachterrasse. Und da waren auch meine Sachen. Ein Wunder, dass sie noch nicht runtergefallen sind. Ich klemmte mir mein Top und meine Hotpants unter den Arm und hängte mir meinen Beutel über die Schulter. 
„Hast du dir ungefähr alles gemerkt?“
„Tisch wischen, fegen, Staubsaugen, Scheiben putzen und that's it.“ Ja. That's it. Ganz easy. Weil ich ja nichts besseres zu tun hatte, als putzen. Noch zwei Tage, bis Marie und Karsten wieder kommen. Noch zwei Tage, in denen ich heraus finden musste, wie man putzte. Und Videos machen musste. Und meine Zimmer einrichten musste. Und mit meinen Brüdern kommunizieren musste. Und mir selbstständig Essen besorgen musste. Ich war am Arsch.

„Was steht da eigentlich auf deinem Top?“ 
„You know nothing Jon Snow.“
„Das kann ich auch sehen. Aber warum?“
„Weil Ygritte denkt, dass Jon nichts über das Leben weiß. Und irgendwie hat sie damit schon recht.“ Felix sah mich verständnislos an. Hallo? Man kannte den Spruch ja wohl. Hatte er noch nie Game of Thrones geschaut?
„Game of Thrones“, sagte ich vorsichtig.
„Hab ich von gehört.“ Er hatte von gehört? Was war da los? Ich hatte alle Bücher auf deutsch und englisch gelesen. Und die Serie geschaut. Und das wars. Aber viel mehr konnte man nicht machen. Außer sich halt Fan-Stuff kaufen. Aber das hatte ich auch gemacht.
„So. Du hast schon von Game of Thrones gehört. Ich würde sagen, Planänderung. Nach diesem Craft- Dingens schauen wir Game of Thrones.“ Man konnte Felix ansehen, dass er wirklich gar keinen Plan hatte worum es bei Game of Thrones ging. Lappen.
„Wie viele Folgen gibt’s davon?“
„Zehn pro Staffel.“
„Oh Gott.“
„Dann geh ich mal lieber schnell los. Damit wir heute auch ein paar Folgen schaffen.“

Drei Minuten später stand ich im Treppenhaus. Und ich hatte einen Plan. Einen bösen Plan. Um mich an Felix zu rächen. Wegen dem Putzen und so. Ich würde einfach auf dem Weg nach unten noch mal bei Simon vorbeischauen und ihm sagen, dass ich zu mir nach Hause ging. Dann könnte er Felix in Beschlag nehmen und voll labern. Und das war eine gelungene Rache. Fand ich zumindest.

Ja, Nein, Vielleicht | DnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt