6.Tisch 6

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Anas Sicht:

Mein Mund öffnete sich, als ich einen Entschluss gefasst hatte. ,,Ich habe öfters Nasenbluten, Ivan. Es ist bestimmt nur ein Äderchen geplatzt.",war meine Lüge. Ja, ich log. Anders konnte ich mir nicht helfen. Seit vier Jahren hielt ich Still und keiner wusste von nichts. Nun kam ein daher gelaufenen Typ und meinte meine Mauer durchbrechen zu können? Niemals! Es wäre was anderes, wenn ich alleine wäre, keine Mutter. Wenn ich das alles hier für mich tun würde. Doch so war es nun Mal nicht. Egal wie gerne ich es jemanden erzählen würde, ich konnte nicht. Die Vorstellung dem hier ein Ende zu setzten und mir alles von der Seele zu sprechen, war wunderschön, doch sie war nur eine Vorstellung. Das würde es nie geben. Und damit sollte ich mich abfinden.

Spöttisch schaute mich Ivan an. ,,Du hast also öfters Nasenbluten, ja? Und was ist mit den ganzen blauen Flecken?",warf er ein und umfasste meinen rechten Arm. Ich verfluchte mich. Musste ich ernsthaft kurze Pyjamas anziehen? Ich wusste doch, wie mein Körper aussah und das Risiko kannte ich ebenfalls. Aber anderer Seits war ich auch nur ein Mensch. Ich wollte nicht vor Hitze sterben. 

,,Das geht dich nichts an, Ivan. Du solltest nicht Fragen stellen auf die du keine Antworten bekommst. Kümmer dich um deine Sachen und lass mich in Ruhe.",sagte ich distanziert. ,,Ich bekomme schon noch Antworten auf meine Fragen. Die wirst du mir freiwillig geben.",gab er mir ein Versprechen.

 Bevor ich noch zu irgendwas in Stande war, zog er mich auf den Toilettendeckel und kramte in unseren Badezimmerschränken. ,,Man fragt, wo sich was befindet, du Dreckskerl!" ,,Hach, wie schön, dass ich mich nicht angesprochen fühle." Ich konnte mir vorstellen, wie er grinste. ,,Solltest du aber." Schnell fügte ich noch hinzu, wo sich der unser Desinfektionsmittel befand und all er andere Kram. 

Er suchte sich alles raus und ich nutze diese Zeit, um ihn näher von hinten zu betrachten. Seine Rückenmuskulatur war stark ausgeprägt. Er hatte ein breites Kreuz und sah kräftig und stark aus. Die Tattoos ließen ihn bedrohlich aussehen. Unter jeden seiner Bewegungen bewegte sich ein Muskel, dabei ließen sie alles wie ein Musical aussehen.

 Ivan drehte sich um. Mit ruhigen Schritten kam er auf mich zu. Vor mir ging er in die Knie und war nun mit mir auf Augenhöhe. Er tupfte das Blut ab, desinfizierte alles und schmierte mich ein. 

Die ganze Zeit über war es still. Er sprach genauso wenig, wie ich. Um ehrlich zu sein beobachtete ich ihn. Seine Schönheit. Wie seine Gesichtszüge sich verhärteten oder Mal eine fragende Mine annahmen. Seine Haut war relativ rein und ich konnte mir nur ausmalen, wie weich sie sein musste. Seine Augen waren ein Traum. Seine Tattoos schreckten mich nicht ab. Ich fand sie spannend. Sein Körper war ein eigens Bilderbuch. Es war sein Bilderbuch und nur er wusste, was das alles zu bedeuten hatte. Das war für mich besonders. Was ganz neues. In seiner Anwesenheit fühlte ich mich wohl. Ich mochte es, wie er sich um mich kümmerte. Wie seine Hände mich anfassten. Wie besorgt er war. Ich musste mich nicht verstellen. Dafür war ich ihm dankbar.

 ,,Fertig.",nuschelte er. Abwesend nickte ich. Behutsam legte er seine Hände auf meine Oberschenkel und musterte mein Gesicht. Augenblicklich fühlte ich mich nackt. ,,Willst du mir jetzt erzählen, warum das passiert ist? Das das Vasili war, ist klar." Energisch schüttelte ich meinen Kopf. ,,Ana, das nützt nichts. Ich kenne Vasili. Er hat mir vieles erzählt und auch ich kann eins und eins zusammen zählen." Ich stand auf. ,,Denk was du willst. Mich behandelt Vasili gut. Nur ich bitte dich eins... behalte diesen Vorfall für dich.",flüsterte ich und ging. Ich nahm aus meinem Nachtkästchen eine Schmerztablette und eine halbe Schlaftablette. Ich wollte an nichts denken. Und genau das geschah auch. Ich schlief ohne jegliche Gedanken ein, nur ein Bild war die ganze Zeit vor meinen Augen: Ivans Augen.

Am nächsten Morgen:

Mein Wecker klingelte. Schnell machte ich diesen aus und stand auch direkt auf. Ich nahm mir noch frische  Klamotten und Unterwäsche. Mein Weg führte mich ins Badezimmer. Ich duschte kurz, cremte mich ein, stylte meine Haare, putze meine Zähne und schminkte mich. Ich schaute mich im Spiegel an. Man sah nichts von meinen blauen Flecken, was mich unendlich erleichterte. Nun lief ich zurück in unser Schlafzimmer, zog mir Schmuck an und besprühte mich mit Parfüm. Als nächstes ging ich meinen Sohn wecken.

[Zeitvorsprung]

Milan war nun ebenfalls fertig gemacht und saß quatschend am Tisch. Aufmerksam hörte ich ihm zu und bereitete nebenbei Frühstück vor. ,,Guten Morgen.",ertönte die verschlafene Stimme Ivans. Ich begrüßte ihn murmelnd zurück, während Milan ihn lauthals begrüßte. Darüber den Kopf schüttelnd machte ich weiter.

 Der Tisch war eh schon gedeckt, weshalb ich den Rest, den ich vorbereitet hatte auf den Tisch stellte und Kaffee und Kakao machte. Gerade als ich Vasili zu Tisch rufen wollte, kam er. ,,Guten Morgen.",kam es aus ihm fröhlich. Er lief auf mich zu, gab mir einen Kuss auf die Wange und lief zu Milan. Dieser Schleimer und Heuchler! 

Ich holte stumm die Brötchen aus dem Ofen und wir alle fingen danach an zu essen. Jeder von uns griff zu den Rühreiern, zum geschnitten Gemüse, zu dem Aufschnitten und zum Rest.

Als wir fertig gegessen hatten, räumte ich schnell alles auf, packte Milan sein Rucksack und brachte ihn zum Kindergarten. ,,Tschüss, Mama.",nuschelte er in meiner Halsbeuge. ,,Tschüss, Milan. Mama holt dich ab, ja? Viel Spaß, iss dein Essen und Pass auf dich auf! Mama hat dich lieb." ,,Ich habe dich auch lieb, Mama.",sagte er, küsste meine Wange und lief zu seinen Freunden. Er winkte mir noch einmal und dann fing er auch schon an zu spielen. 

Gott er wurde viel zu schnell groß. Ich konnte mich noch daran erinnern, wie er in seine Windeln gemacht hatte. Mein großes Baby. Bevor ich noch heulen würde, lief ich raus und machte mich auf den Weg heim. Dort kochte ich und putzte die Wohnung. Dabei ignorierte ich beide Männer.

[Zeitvorsprung]

Mittlerweile war es Abend. Ich war auf der Arbeit. Nach dem Putzen hatte ich noch einpaar Erledigungen, Termine erledigt und war in meinem Restaurant, als ich auch schon Milan abholte. 

Zu Hause aßen wir, spielten und so weiter. Um kurz vor 8 hatte ich ihn dann schlafen gelegt und mit ihm gekuschelt. In meinen Gedanken war ich schon bei meiner Arbeit. Ich war am späten Vormittag und am Abend in meinem Restaurant. Ich konnte nicht warten bis Milan einschlief und mit ihn solange kuscheln. Klar war ich die Chefin, aber ich musste nach dem Rechten schauen. Das Schlimmste war jedoch, wenn Milan krank war oder schlecht schlief. Vasili war in der Nacht zu faul, um sich um ihn zu kümmern und oftmals pendelte ich vom Restaurant nach Hause. Die reinste Hölle.

,,Chefin?",wurde ich abgetippt. Abwesend nickte ich. ,,Könnten wir vielleicht sprechen? Ich habe da ein Anliegen." ,,Aber natürlich.",sagte ich und zog sie leicht zur Seite. Keiner der Gäste musste sowas mitbekommen. ,,Ich würde nicht fragen, wenn es kein Notfall wäre, aber meine Tochter ist krank und das Geld-" ,,Wie viel brauchst du?",unterbrach ich sie. 

Ich fragte sie nicht als Chefin, sondern als Mutter. Ich hatte meinen Sohn und wollte mir nicht vorstellen, wie das wäre. Kein Geld und ein Kind. Jesus im Himmel das wäre die Hölle.

 Sie schluckte. ,,Ich wäre froh, wenn Sie mir mein Gehalt heute schon Auszahlen würden. Ich wäre Ihnen sehr dankbar." Ich nickte lächelnd und bat sie kurz zu warten. Schnell lief ich zu meiner Handtasche, nahm mein Portemonnaie und ein Kuvert.

 Einer meiner Kellner rief mich zu sich. Mit dem Zeug in meiner Hand lief ich ihm hinterher. ,,Bei Tisch 6 gibt es ein Problem.",dabei zeigte er auf besagten. ,,Ich werde mich drum kümmern." Er nickte und verschwand, während ich auf meine Mitarbeiterin zu lief. 

Tisch 6 war direkt hinter uns. Dankbar lächelte sie. Ich musste gestehen, ich würde das hier nicht tun, wenn es nicht um ein Kind gehen würde und sie keine gute, zuverlässige Mitarbeiterin wäre. Laut zählte ich das Geld. ,,So das wäre dein Monatslohn.",murmelte ich konzentriert, steckte das Geld in den Kuvert und zählte eine neue Summe. ,,Und das ist für deine Tochter.",legte ich einen weiteren Batzen Geld in den Kuvert. Ich hob meinen Blick und sah in ihre geweiteten Augen. ,,Das kann ich nicht annehmen. Ich bin Ihnen dankbar, aber das ist zu viel. Ich bitte Sie." ,,Nimm das Geld an. Das ist nicht für dich, sondern für deine Tochter. Wenn du vielleicht nochmal Hilfe brauchst, im Bezug auf deine Klein,  dann sag mir bescheid." Sie nickte zögerlich. Als sie ihren Mund öffnen wollte, unterbrach ich sie: ,,Geh an deine Arbeit." Sie bedankte sich laut. ,,Gern geschehen.",flüsterte ich vor mich hin, ehe ich mich zu Tisch 6 umdrehte und in ein paar grüne Augen blickten, die mit Stolz und Liebe gefüllt waren.

Hi Leute ich hoffe das Kapitel gefällt euch. Mir ist jetzt erst aufgefallen das das Kapitel sechs ist und Tisch sechs heißt:) Das wirklich nicht mit Absicht:) Viel Spaß und gibt mir unbedingt Feedback:) Michelle

Die Liebe zwischen den VourteilenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt