Kapitel 5

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Ich schreckte aus meinem ungeplanten Nickerchen hoch. ,,Katy, kommst du bitte runter!", rief Gran mich. Mein müdes Gehirn brauchte noch ein paar Sekunden um ihre Worte zu verarbeiten. ,,Ja ich komme", antwortete ich mit einiger Verspätung. Als ich die Treppe herunter ging torkelte ich leicht. ,,Na also, das hat aber gedauert!", sagte Gran vorwurfsvoll. Ich machte mir nicht die Mühe, darauf zu antworten. ,,Heute Abend gegen 19 Uhr kommen zwei neue Pferde, die wir trainieren sollen, ich möchte, dass du mir hilfst die Boxen vorzubereiten", sagte Gran. Ich seufzte innerlich auf, nickte aber dann. Brav trottete ich hinter Gran her in den Stall und streute schnell die neue Box ein. ,,Was für Pferde sind das eigentlich, die kommen?", fragte ich Gran. ,,Junge Pferde. Drei und vier Jahre alt. Wir sollen sie ausbilden und wahrscheinlich müssen wir sie auch erziehen", erklärte sie knapp. Ich nickte erneut.

Nachdem wir fertig waren, rief ich Lil an, um sie zu fragen, ob sie Lust hätte zu uns zu kommen. Meistens ritten wir dann zusammen aus oder quatschten stundenlang über irgendwelche heißen Jungs.

Lil sagte zu, also trippelte ich ungeduldig im Wohnzimmer auf und ab, bis es an der Tür klingelte. Mit einem breiten Lächeln riss ich die Tür auf und fiel Lil in die Arme. ,,Hey, Süße ist alles ok? Ich werde sonst nie so stürmisch von dir begrüßt!", rief sie lachend. Ich grinste. ,,Wenn ich dir gleich erzähle, was alles passiert ist, während du dir deinen Arsch in der Schule flach gesessen hast, bist du sauer, dass du nicht dabei warst. Lass uns auf mein Zimmer gehen."

Lil wischte sich eine Lachträne aus dem Augenwinkel. Als ich meine Geschichte beendet habe, hat sie einen Lachflash bekommen, mit dem sie mich sofort angesteckt hat. Wir liegen beide seit gut fünf Minuten auf dem Boden und versuchen unsere Bauchmuskeln wieder unter Kontrolle zu bekommen.

,,Bitte ... bitte sag mir, dass du... Hahaha... dass du dich nicht wirklich vor seiner Nase lang gelegt hast!!", japst Lil verzweifelt, ,,Wie... Hahaha... kann man nur so... verdammt tollpatschig sein... Hahaha... du liegst ihm im wahrsten Sinne des Wortes zu Füßen!"

Ich beruhigte mich langsam wieder und grinste Lil an. Auch sie kam langsam wieder zu sich und sah mich an. ,,Wie geht es eigentlich deiner Mutter?", fragte ich Lil. Diese wurde auf Schlag Ernst und ihre Miene verdüsterte sich.

Lils Mom hatte Krebs. Von schweren Krankheiten blieben sowohl Euphorias als auch Despairs nicht verschont. Lils Mom hat vor zwei Jahren ihre Diagnose bekommen und die Ärzte waren zuversichtlich. Jetzt hat sie Krebs im Endstadium und wird mit Sicherheit sterben.

,,Es geht ihr überhaupt nicht gut", sagte Lil mit leiser Stimme, ,,Ich spüre förmlich, wie es von Tag zu Tag schlimmer wird." Ich hörte an ihrer Stimme, wie sehr sie versuchte die Tränen zu unterdrücken.

Lil und ich waren dabei, als sie die Diagnose bekommen hat, dass sie sterben wird. Lil hat natürlich sofort angefangen zu weinen, aber ihre Mutter nahm sanft ihre Hände und sagte zu ihr: ,,Calil bitte hör auf zu weinen. Sei stark und mutig wie ein Löwe für mich, denn ich bin es nicht. Versprich mir, niemals wegen dem Krebs zu weinen, denn er hat gewonnen, wenn ein so wunderbarer Mensch wie du, dewegen Tränen vergiest." Lil nickte und wischte sich die Tränen weg und ihre Mutter lächelte sie voller Liebe an. Das war vor einem Monat. Lil hat dieses Versprechen nicht gebrochen.

,,Sollen wir sie besuchen gehen? Ich war schon gestern nicht bei ihr, außerdem möchte sie dich gerne noch mal sehen, bevor...", ihre Stimme zitterte bedrohlich, aber sie fing sich wieder, ,, ...bevor sie gehen muss." ,,Klar, ich komme gerne mit", antwortete ich.

Naja, gerne kam ich nicht mit, allerdings respektierte ich Lils Mutter sehr, da sie, im Gegensatz zu meiner Eigenen, Lil immer geliebt hat, egal was kam. Ich war dewegen immer extrem eifersüchtig auf Lil gewesen, auch wenn ich inzwischen nicht mehr mit ihr tauschen wollte. Es war echt unfair, dass so ein toller Mensch wie Grace sterben musste, während so ein Arschloch von Mutter, wie Meine, leben durfte.

Gedankenverloren, machten wir uns auf den Weg nach unten und ich bog noch mal kurz in die Küche um Gran Bescheid zu sagen wo ich hinging. ,,Hey Gran, bin mit Lil im Krankenhaus, ihre Mutter besuchen. Bin um 18 Uhr wieder da, ok?" ,,Warte ich komme mit, ich möchte Grace gerne nochmal sehen." ,Bevor sie stirbt', dachten wir beide, sprachen es aber nicht aus. Gran folgte mir in den Flur.

Während wir zum Krankenhaus fuhren, sprach keiner ein Wort. Die Stimmung war traurig und gedrückt.

Lil stieß die Tür zu Grace's Zimmer auf. ,,Calil! Katy! Elise! Wie schön euch alle zu sehen!", rief Lils Mom uns fröhlich aber dennoch schwach entgegen. Dann sprach sie hastig in ihr Handy: ,,Entschuldigung Alice, ich muss Schluss machen, ich hab Besuch... Du möchtest mit Katy reden?... Ok, ich gib sie dir." Sie fuchtelte mit ihrem Handy vor meiner Nase herum. Ich verdrehte die Augen. Na toll! Das hat mir heute noch gefehlt, ein Telefonat mit meiner Erzeugerin! Ich ergab mich meinem Schicksal und nahm das Gespräch an. ,,Hallo Alice."

Euphoria (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt