Kapitel 27

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Das Pausenklingeln erlöste Leanne und mich vom Mr. Ripleys Matheunterricht, einem alten, schrulligen Lehrer mit einer einschläfernden Staubsaugerstimme, die mich heute fast tatsächlich zum einschlafen gebracht hätte, hätte Leanne mich nicht ständig angestupst, damit ich es nicht tat. Ich schnappte mir meine Bücher und machte mich mit Leanne zusammen auf den Weg zu den Fächern. Ich knallte gerade meine Bücher dort hinein, als sich zwei Arme besitzergreifend um meine Taille schlangen. Will. Ich drehte mich lächelnd um und er gab mir einen Kuss, den ich erwiderte. Ja, wir waren jetzt seit drei Stunden zusammen. Für diejenigen, die es interessiert, was passiert ist, hier ist die Geschichte.

Ich stand vor meinem Fach, holte meine Französisch-Sachen raus und überlegte, wie ich mich am Besten bei Gran entschuldigen konnte, als Will auf einmal neben mir stand. Ich packte meine Sachen in meine Tasche und sagte zu ihm: ,,Ich muss mit dir reden. Allein." Er zuckte mit den Schultern, nahm meine Hand und zog mich in einen verlassen Raum. Ich sprudelte direkt los, sobald er die Tür geschlossen hatte. ,,Was zur Hölle sollte das heißen? ,,Ab jetzt bist du nicht mehr alleine"!?" ,,Hä? Ich dachte, das wäre offensichtlich!?", antwortete er verwirrt. ,,Offensichtlich nicht", konterte ich. Er verdrehte die Augen über mein Wortspiel. ,,Es sollte heißen", erklärte er so langsam, als wäre ich geistig zurück geblieben, ,,dass du jetzt vergeben bist." Sein Ernst!? ,,Und du bist nicht auf den Gedanken gekommen, mich einfach mal zu fragen, ob ich überhaupt deine Freundin sein will!?", fragte ich perplex. ,,Wieso glaubst du eigentlich immer sofort, dass dir alles und jeder zu Füßen liegt, sobald du einen Raum betrittst!? Wie kann man nur so unglaublich arrogant sein!?", fuhr ich wütend fort.

Will jedoch blieb völlig gelassen. Statt, wie erwartet, etwas arrogantes zu erwidern, kam er auf mich zu und nahm meine Hände in seine. ,,Katy, es tut mir leid. Du hast recht, ich hätte dich erst fragen sollen. Aber vielleicht kann ich das jetzt nachholen." Erneut erwischte er mich kalt und ich war überhaupt nicht auf sein bereuendes Verhalten vorbereitet gewesen. Ich fing mich jedoch schnell wieder. ,,Natürlich habe ich Recht, du Idiot", sagte ich sanft zu ihm. ,,Ich bin eine Frau. Es ist ein Naturgesetz, dass Frauen immer Recht haben", witzelte ich. Will lachte leise und sah mir in die Augen. ,,Katy, möchtest du mit mir zusammen sein?", fragte er mich, ohne meinen letzten Satz weiter zu kommentieren.

Ich könnte jetzt etwas extrem kitschiges antworten, wie zum Beispiel: ,,Oh Will, natürlich will ich bis in alle Ewigkeit mit dir zusammen sein" oder ,,Ich liebe dich so sehr" und dann wird stundenlang geknutscht. Vergesst es! ,,Hey, du hast ja gar nicht widersprochen, dass wir Frauen immer Recht haben! Soll das heißen, du gibst mir Recht?" Will stöhnte genervt auf. ,,Man Katy, jetzt hast du die ganze Stimmung kaputt gemacht." Ich zuckte mit den Schultern. ,,Sorry, aber ich hasse solche kitschigen Sachen. Ich gucke auch keine Romantikfilme, oder so was, ich finde das viel zu anstrengend und unrealistisch. Ich gucke lieber Superheldenfilme, oder generell Actionfilme." Jetzt musste Will grinsen. ,,Und Captain Amerika und Co. sind realistischer als Fifty Shades of Grey, oder was?" ,,Du verwechselst da was. Fifty Shades of Grey, ist ein Film, wo es hauptsächlich um irgendwelche Sexspielchen geht und nicht wirklich um Romantik." Will schnaubte. ,,Hast du ihn überhaupt schon mal gesehen?" ,,Nein. Aber Lil hat mich gezwungen, sämtliche Trailer von Teil eins bis drei mit ihr anzusehen. Und die haben mir deutlich genug gezeigt, worum es bei diesem Film geht und mich genug verstört, damit ich diese Filme nicht gucke und auch nicht vorhabe, das nachzuholen", entgegnete ich würdevoll. Will ließ meine Hände los und hob seine, als Zeichen der Kapitulation. ,,Schon gut, schon gut. Aber du hast meine Frage noch nicht beantwortet." Er trat näher an mich heran und sah mir in die Augen.

,,Will, ich... ich weiß nicht. Wir kennen uns erst seit fünf Tagen und das verunsichert mich ein bisschen, um ehrlich zu sein. Ich weiß, dass wir uns noch besser kennenlernen werden, immerhin sind wir jetzt Nachbarn, aber ich weiß nicht so recht, was ich von der Idee halten soll. Vor allem, weil... meine Großmutter will wegziehen. Sie hält es nicht mehr hier aus und naja... Ich muss mit, weil ich noch nicht volljährig bin." In Wills Gesicht zuckte es. ,,Mmh, da hast du Recht, dass könnte ein Problem sein. Wann zieht ihr denn um?" Ich schlug die Augen nieder. ,,Ich weiß es nicht. Sie hat es mir heute morgen erzählt und wir haben uns gestritten, oder eher gesagt, ich hab sie angeschrien. Ich werde mich heute nach der Schule auch dafür entschuldigen. Aber sie hat mich einfach so überrumpelt, dass ich einfach zu wütend war, um passend zu reagieren und..." Will unterbrach meinen Redefluss, indem er mein Kinn anhob und mir in die Augen sah. ,,Hey, du brauchst dich nicht zu rechtfertigen. Wir finden sicher eine Lösung." Ich versank mal wieder in seinen ausdrucksstarken, grauen Augen und versuchte, meine sieben Sinne halbwegs zusammen zu halten. ,, Bist du dir sicher?", flüsterte ich. ,,Zu 100%", bestätigte er. Dann küsste er mich und dieses Mal waren wir uns einig, dass ich ihm gehörte und er mir. Für immer.

Naja, dieses ,,für immer" dauerte ganze fünf Minuten an, dann unterbrach uns die Klingel, die das Ende der Pause einläutete und somit unseren Kuss unterbrach. Ich löste mich widerwillig von ihm und wandte mich an Will. ,,Ich fürchte, wir müssen jetzt los, wenn wir nicht zu spät kommen wollen." Er warf einen Blick auf die Uhr an der Wand, die ich bis jetzt gar nicht bemerkt hatte, und seufzte. ,,Das fürchte ich auch." Dann beugte er sich näher an mich heran. ,,Komm am Wochenende zu mir, dann machen wir da weiter, wo wir heute aufgehört haben." Diese Worte jagten mir einen wohligen Schauer über den Rücken. Den ganze Französischstunde konnte ich nicht aufhören albern und verliebt zu lächeln und malte sogar kleine Smileys auf meinen Collegeblock. Ich glaube, da wusste ich zum ersten Mal, was es heißt, über beide Ohren verliebt zu sein.

Euphoria (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt