Kapitel 13

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Ich betrat die Küche, wo Lil schon emsig zugange war. Als sie mich bemerkte, fragte sie nur kurz ,,Und?", ohne von ihrem Schneidebrett aufzusehen. ,,Meine Mutter hat es mir erlaubt", antwortete ich. ,,Gut." Ich setzte mich, schnappte mir ebenfalls ein Messer, Schneidebrett und eine Paprika und fing an zu schnippeln, während ich darauf wartete, dass ihr eine Kleinigkeit auffiel. ,,Warte mal, deine MUTTER hat es dir erlaubt!? Hat die Drogen genommen!? Oder eine anständige Gehirnwäsche hinter sich?" Ha! Lil enttäuschte mich einfach nie! ,,Keine Ahnung. Du kannst dir vielleicht vorstellen, wie ich gehüpft bin, als ich ihre Stimme statt Grans gehört habe. Ich habe immer noch nicht so ganz verstanden, warum sie überhaupt ihr ach so edles Haupt hier her bewegt hat. Außer, um miese Stimmung zu verbreiten vielleicht. " Lil zuckte nur mit den Schultern. ,,Keine Ahnung, für sie wäre das bestimmt ein Grund. Aber hey, du darfst dich bis morgen bei mir verkrümeln, also lass uns nicht darüber reden und unser Essen genießen!" ,,Da sagst du was Wahres!"

Nachdem wir Lils Paprika-Nudel-Gericht aufgegessen hatten, setzten wir uns, in Begleitung von ein paar Chips und Nachos, vor die Couch auf den Teppich und Lil schmiss den Fernseher an und öffnete Netflix. ,,Auf was hast du Lust? Eine Komödie? Ein Actionfilm, der nur von seinen Effekten lebt? Oder was Schnulziges?", fragte Lil. Ich musste nicht lange nachdenken. ,,Eine Komödie, ich brauch was zum Lachen. Mein Gefühl sagt mir, dass ich die nächsten Tage nicht wirklich was zu Lachen haben werde." Lil nickte und öffnete den Film ,,Traumschiff Surprise", welcher einer meiner absoluten Lieblingsfilme war und nach dem 200sten Mal immer noch lustig war.

Ich erwachte auf Lils Teppich und drehte ein bisschen verwirrt meinen Kopf hin und her, bis ich Lil noch schlafend neben mir entdeckte und mir gestern Abend langsam wieder einfiel (Gott, das klingt, als ob ich gestern Abend besoffen war, dabei war ich einfach bloß noch verschlafen). Während dem dritten oder vierten Film, irgendeinem Actionstreifen, ungefähr um 2 Uhr morgens, ist Lil eingeschlafen und ich hab dann den Fernseher ausgeschaltet als der Film zu Ende war, war aber zu müde, um mich auf die Luftmatratze im Schlafzimmer zu schleppen, also hab ich es Lil gleich getan und hier auf dem Teppich gepennt.

Während ich mich aufrichtete, merkte ich, dass die Idee hier auf dem Boden zu schlafen, eine ganz Schlechte gewesen war und verfluchte mich für meine Faulheit. Jeder einzelne Muskel in meinem Körper protestierte gegen jede Bewegung, die ich ausführte und ich stöhnte schmerzerfüllt auf, als ich versuchte aufzustehen. Beim zweiten Anlauf klappte es schließlich; mit viel Schmerzen und jede Menge gemurmelten Flüchen stand ich schließlich auf meinen protestierenden Beinen und tappte langsam Richtung Küche, weil ich gefühlt am Verdursten war. Auf dem Weg dorthin führte ich einige Gymnastikübungen durch, die mit Sicherheit jeden Zuschauer vor Lachen auf den Boden befördert hätten und fragte mich warum zur Hölle ich mich nicht wenigstens auf die Couch gelegt hatte. Tausend weitere Flüche und Verwünschungen an meine Wenigkeit, ein großes Glas Wasser und eine weitere Gymnastikeinlage später, ging es mir jedoch glänzend und ich beschloss Lil und mir Frühstück zu machen. Also band ich mir eine Kochschürze um und schwang den Kochlöffel.

Das Rührei war gerade fertig, als Lil hundemüde in die Küche getappt kam. ,,Morgen" gähnte sie und ließ sich auf einen Stuhl fallen. ,,Oh man, wir haben nicht wirklich im Wohnzimmer gepennt, oder? Ich fühle mich, als ob ich gründlich durchgekaut und wieder ausgespuckt wurde", jammerte Lil. Ich sah Lil nur belustigt an und setzte mich zu ihr, nachdem ich das Rührei in zwei gleichgroße Schalen gefüllt und auf den Tisch gestellt hatte. ,,Hör auf zu heulen! Ich hab immerhin noch den letzten Film durchgehalten, im Gegensatz zu dir und hab auch brav alles aus gemacht", erwiderte ich nur trocken und schmierte mir Butter und Frischkäse auf eine Scheibe Brot und biss ab. Lil griff nach ihrer Schale mit Rührei und begann sie zu essen. Also saßen wir schweigend da und aßen.

Kennt ihr die Leute, wo Stille nicht total peinlich ist, sondern angenehm? So war es mit Lil und mir. Wir waren halt einfach beste Freunde und verstanden den Anderen, oft auch ohne Worte. Lil stand vom Stuhl auf, ließ sich jedoch stöhnend und jammernd wieder darauf zurück fallen. Ich beobachtete sie grinsend, ehe ich selbst aufsprang und sie mit Schwung ebenfalls hochriss. ,,Komm, ich hab eine coole Idee!", rief ich begeistert und zerrte Lil einfach mit ins Wohnzimmer ungeachtet ihrer Flüche und Morddrohungen. Ich kramte ihre Bluetooth-Box hervor und verband diese mit meinem Handy. Ich öffnete YouTube und machte das erstbeste Lied an, das mir vor die Nase kam. Es war ein Lyrics-Video von ,,How Long" von Charlie Puth. Ich fing an wild drauflos zu tanzen und zu singen und nach einigen Augenblicken machte Lil mit.

Wir verbrachten noch den gesamten Vormittag damit, irgendwelche YouTube-Lyrics-Videos lauthals mitzusingen und machten uns dabei total zum Affen. ,,Haven't I made it obvious? Haven't I made it clear? Want me to spell it out for you? F-R-I-E-N-D-S!", sangen wir auf tiefster Seele Anne-Maries ,,Friends" mit und tanzten dabei extremst albern und peinlich. Lil hatte noch ihren Schlafanzug an und ich trug inzwischen einen Jogginganzug, weil ich ihm Schlafanzug zu sehr gefroren hatte, und wir hatten unsere Haare einfach zu Dutts gedreht, damit sie uns nicht störten.

Die Klingel störte uns dann allerdings bei unserer peinlichen Aktion. Ich hoffte einfach, dass das nicht die Nachbarn waren, die sich darüber beschweren wollten, das wir zu laut waren. Lil runzelte die Stirn und verschwand im Flur. Sekunden später hörte ich den Türöffner. Ich schaltete die Musik aus, in der Hoffnung, uns so vor einer Moralpredigt zu retten. Ich hörte Lil im Flur reden, konnte aber nicht hören was sie sagte oder mit wem sie sprach. Schließlich kam sie ins Wohnzimmer mit einem ,,Sorry"-Gesichtsausdruck und setzte sich auf die Couch. Ich wollte Lil gern über den ungebetenen Besucher ausquetschen und öffnete gerade den Mund um ihr eine Frage zu stellen, als sich die Tür erneut öffnete und (Trommelwirbel) Will das Zimmer betrat. Ich sah verwirrt zwischen den beiden hin und her. Während Lil ziemlich gelassen wirkte, war Will sichtlich nervös und knetete seine Hände. Schöne Hände, wie mir auffiel. Als er bemerkte, wie ich darauf starrte, ließ er sie einfach zu den Seiten hängen.

Ich war ein bisschen sauer, dass Lil ihn hinein gelassen hatte, andererseits war das hier ihre Wohnung, also konnte sie mehr oder weniger tun und lassen was sie wollte. Außerdem sah er einfach zum hinknien gut aus und ich musste mich sehr zusammenreißen, um nicht auf seine muskulöse Brust zu starren, die sich deutlich unter seinem engen T-Shirt abzeichnete. Stattdessen sah ich ihm in seine Augen. Ich kniff meine Eigenen feindselig zusammen und fixierte ihn. Ich hatte die Sache vor der Schule nicht vergessen. ,,Was willst du Will?

Okay, okay! Nervige Nachbarn wären mir deutlich lieber gewesen!

Euphoria (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt