Kapitel 2

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Nach der Schule hastete ich mit gesenktem Kopf Richtung Fahrradständer um nach Hause zu fahren. Lil hatte heute länger Schule als ich. Ja ich weiß. Wie kommt es das ,,die Retter der Menschen" zur Schule gehen müssen? Um das zu erklären, muss ich etwas weiter ausholen.

Zunächst einmal gibt es nur weibliche Euphorias, warum das so ist, weiß niemand so genau und wir haben ein paar besondere Fähigkeiten. Das wir Hilferufe empfangen um den Leuten zu helfen, habe ich ja schon erklärt. Zudem ist jede von uns extrem stark, extrem schnell, extrem widerstandsfähig und nachdem man erwachsen geworden ist, auch extrem hübsch. Denn wenn man gut aussieht und denjenigen vielleicht auch noch, zumindest vom sehen her, kennt kommt man leichter an sie heran. Lil hat es da einfacher als ich, da sie jetzt schon hübsch ist. Allerdings sagt meine Gran immer, dass das vorherige Aussehen keine Rolle mehr spielt, sobald man erwachsen ist.

Wann ist man erwachsen? Nun das ist unterschiedlich. Lils Mom war schon mit siebzehn erwachsen, während meine Gran sich erst mit zweiundzwanzig sich verwandelte. Früher bezeichnete man Euphorias als Hexen, da sie in gewisser Weise auch magische Kräfte haben. Zum Beispiel, können wir Gegenstände bewegen, ohne sie zu berühren, oder Tiere kontrollieren, ohne sie zu dressieren. Wir können aber nichts erschaffen, denn wir können nur Beeinflussen, was schon existiert.

Es gibt noch andere magische Wesen, als uns: die Despairs. Die Despairs sind so ziemlich das Gegenteil von uns. Unsere Aufgaben sind komplett gegensätzlich, denn während wir Hoffnung und Freude verbreiten, sorgen sie für Verzweiflung und Hass. So wie wir manchmal hilflosen Leuten ihren Arsch retten, so bringen die Despairs irgendwelche Arschlöcher in ernsthafte Schwierigkeiten. Es gibt nur männliche Despairs, so wie es nur weibliche Euphorias gibt. Man könnte jetzt annehmen, dass Despairs und Euphorias verfeindet sind, weil wir so gegensätzlich sind. Ist aber tatsächlich nicht so. Wir meiden uns zwar, aber eigentlich lassen wir uns gegenseitig in Ruhe. Warum das so ist, weiß ich nicht und meine Gran erwiderte auf meine Frage, dass dies niemand so genau wüsste. Aber wenn man mich fragt, ist das auch besser so: wer will denn bitte schön ständig in der Angst leben, im nächsten Moment getötet zu werden?

Trotz allem werden Euphorias im Kämpfen sowie in Magie unterrichtet, vor allem, da die Gefahr einer Vergewaltigung sehr groß ist. Natürlich können wir uns auch ohne Ausbildung verteidigen, das endet aber im Regelfall tödlich für den Menschen.

Was ist mit meiner Mutter passiert? Nun, die Frage lässt sich recht leicht beantworten: meine Mutter hat keine Zeit für ihre Tochter, da sie irgendein hohes Tier im Gericht ist und tagtäglich irgendwelche Euphorias, die ihre Macht missbraucht haben, verurteilt. Außerdem bin ich ihre größte Enttäuschung, weil ich mich noch nicht verwandelt habe, während sie schon mit 14 erwachsen geworden ist. Ich schicke ihr immer kommentarlos meine Entschuldigungen, die sie, genauso kommentarlos, ausgefüllt zurück schickt. Das Verhältnis zu meiner Mutter als unterkühlt zu bezeichnen, wäre wahrscheinlich die Untertreibung des Jahrhunderts. Dennoch zwingt meine Gran mich sie einmal im Jahr zu besuchen. Immerhin können wir uns durch ihren Job einiges leisten, zum Beispiel unser Haus. Das Nachbarhaus steht seit Jahren leer, weshalb ich in aller Ruhe meine Magie trainieren kann, oder mich um meinen schwarzen Hengst Jano kümmern kann.

Gedankenverloren befreie ich mein Fahrrad vom Fahrradständer und schiebe es vom Schulhof. Fahren ist bei dem Gedrängel unmöglich, da sich knapp 200 Schüler durch zwei Ausgänge quetschen müssen, einer Richtung Bushaltestelle und einer Richtung Parkplatz. Da sich irgendein Vollpfosten gedacht hat, das es ganz toll wäre, die Fahrradständer in Richtung Bushaltestelle zu befestigen muss ich mich nun durch das weitaus größere Gedrängel kämpfen. Als ich es endlich geschafft habe, schwinge ich mich auf mein Rad und trete in die Pedalen. Ab nach Hause!

Euphoria (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt