Neben Will hatte ein wunderschönes unbekanntes Mädchen gesessen. Sie war blond, mit smaragdgrünen Augen und hatte eine Modell-Figur. Ich blickte noch mal zurück und sah, wie die beiden immer noch im Auto saßen und redeten. Ich konnte nicht genau sagen, warum, aber mir wurde fast schon schlecht vor Eifersucht. Schnell wandte ich mich um, damit ich sie nicht mehr sehen musste und verschwand in der Menge, was sich ein bisschen schwierig gestaltete, da alle anscheinend Wills Auftritt vor der Mensa noch lebhaft im Gedächtnis hatten und mir deshalb hastig Platz machten. Konnte natürlich daran liegen, dass ich Michael Booth eins auf sein vorlautes Maul gegeben hatte und die Geschichte sich rumgesprochen hatte und ich momentan keinen besonders gutgelaunten Eindruck machte.
Als ich endlich vor meinem Fach stand, meinen Stundenplan studierte (den ich auswendig kannte) und angestrengt versuchte das Getuschel zu überhören, kündigte lautes Gekicher die Ankunft irgendeines Mädchenschwarms an. Ich verdrehte nur die Augen und holte nach einer geschlagenen Viertelstunde schließlich meine Geographie-Sachen heraus. Ich drehte mich um und zuckte zurück, als Michael wie aus dem Boden gewachsen vor mir stand. Einige der umstehenden Mädchen warfen mir eifersüchtige Blicke zu. Ja, ok. Ich muss zugeben, dass Michael ganz gut aussieht. Groß, sportlich und muskulös, blond und blaue Augen. Allerdings halte ich den Typen für einen Vergewaltiger und das mit Grund: Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie er das mehr als deutliche ,,Nein" eines fünfzehnjährigen Mädchens beharrlich ignoriert hat. Ich habe damals meine Meinung das erste Mal mit meinen Fäusten deutlich gemacht. Man sollte meinen, dass ihm das eine Lektion war, mir noch einmal zu nahe zu kommen, offensichtlich steht er aber darauf von mir vermöbelt zu werden. Nun ja, ich werde es mit Freude wieder tun. Das Mädchen hat übrigens sich später als Jessica Fisher herausgestellt alias Jessy.
Außerdem hört man auch allerlei Geschichten über Michael, á la er hatte mal was mit einer Elfjährigen, er hatte schon mal Sex in den Sportumkleidekabinen und solche Sachen. Ob die alle stimmen, weiß ich nicht, Fakt ist allerdings, dass mein gesunder Menschenverstand mir dringlichst dazu rät, dem Typen so gut es geht aus dem Weg zu gehen.
Sein Verstand schien allerdings nicht mehr zu existieren, denn er hatte wirklich den Nerv seine Hände neben meinem Kopf abzustützen und kam mir so noch näher. ,,Hallo meine Perle, so fleißig schon so früh am Morgen?" Sein süßliches Rasierwasser schlug mir entgegen und lies mich beinahe würgen. Wenn er schon so gehandelt hätte, bevor Will mich verteidigt hat, hätte ich, ganz vielleicht, sogar geglaubt, dass sein Interesse an mir echt wäre. So glaubte ich allerdings nur, dass es gespielt war um Will zu provozieren. Ich ließ mich durch sein Macho-Gehabe nicht beeindrucken und gab ihm zehn Sekunden Zeit, um die Unfruchtbarkeitsgefahr zu erkennen und zu verschwinden. In Gedanken zählte ich also von zehn runter, während ich ihm gelassen antwortete: ,,Michael, du hast anscheinend immer noch nicht begriffen, dass wir hier in einer Schule sind. Und in einer Schule lernt man für gewöhnlich. Außer du vielleicht. Du willst nur eine nach der anderen rumkriegen. Wer wird dein nächstes Opfer nach mir? Gina? Susana? Alica?" Die Mädchen die ich aufgezählt hatte, hatten ihn allesamt erfolgreich vor versammelter Mannschaft, teilweise sogar mehrmals, abgewiesen. Michael knirschte mit den Zähnen und zwang sich dann ein süffisantes Lächeln auf. ,,Ach Katy, vielleicht gefällt es mir ja mit dir so gut, dass ich gar keine andere mehr brauche." Ich lächelte diabolisch und lehnte mich vor. ,,Vielleicht. Aber du wirst das garantiert nie erfahren!" Mit diesen Worten ruckte mein Knie hoch und traf ihn empfindlich in die Kronjuwelen. Er taumelte überrascht zurück und ich konnte nun endlich seinem Griff entschlüpfen, was ich auch sofort tat. Michaels Miene war schmerzverzerrt und seine Mädchen-Armee umschwärmte ihn wie die Bienen ihren Stock. Ok, das klang gerade etwas pervers aber egal. (An die Jüngeren unter euch: Nein, es ist nicht schlimm, wenn ihr das nicht verstanden habt!) Michael jedoch starrte mich nur wütend und gedemütigt an. ,,Wir sehen uns noch Morningstar!" Wow, ok! Beim Letzten war er nicht so angriffslustig gewesen. Ich sah in allerdings nur desinteressiert an. ,,Schätzchen, wenn du so scharf auf eine Unfruchtbarkeit bist, dann bitte. Ich helfe dir doch immer wieder gerne Michael!" Mit diesen Worten und einer kleinen, ironischen Verneigung machte ich mich auf den Weg zu Geographie.
Ich stand gerade in der Schlange in der Mensa, als ich regelrecht von Lil angesprungen wurde. Ich konnte mich gerade noch so an einem der Stützpfeiler festklammern, damit wir nicht beide zu Boden fielen, als sie schon anfing zu kreischen: ,,Omg bitte sag mir, dass das wahr ist!" Leicht verwirrt richtete ich mich wieder auf. ,,Wovon redest du!? Und kannst du mal bitte was leiser reden!?" Lil beachtete meine zweite Bemerkung jedoch gar nicht und fing an drauflos zu quasseln: ,,Die halbe Schule redet davon! Du kannst es doch ernsthaft nicht bemerkt haben!? Egal! Jedenfalls hat Tobias heute jedem, der es hören wollte erzählt, dass ich zitiere ,,die kleine, dünne Katy aus unserem Jahrgang" heute Michael Booth beinahe kastriert hat und ihm anschließend sogar gedroht hat! Er sagte..." ,,Lil", unterbrach ich ihren Redeschwall, ,,fahr mal bitte etwas runter! Ja, ich habe ihm in die Eier getreten und ja ich habe ihm gedroht. Allerdings ist er mir etwas zu nahe gekommen für meinen Geschmack, weshalb ich mich nur verteidigt und seine Drohung mit einer Eigenen gekontert habe. Warum ist das überhaupt so eine große Sache für dich!? Ich hab doch ähnliches schon am Freitag abgezogen!" Lil verdrehte nur die Augen und klopfte mir gegen die Stirn. ,,Knock, knock? Ist da jemand zuhause!? Ich bin in Sport, also in der Stunde nach der Pause in Ohnmacht gefallen!? Erinnerst du dich!?" Ach ja, da war ja was... Ergeben nickte ich und seufzte leise.
Ich sah Leanne auf der Treppe, was meine Laune hob, jedenfalls so lange, bis ich Will erblickte, der ihr folgte und meine Laune wieder in den Keller raste. Lil bemerkte meine düstere Miene und folgte meinem Blick. ,,Ok, du musst mir unbedingt alles erzählen, was noch zwischen euch vorgefallen ist. Keine Widerrede!", sagte sie als ich den Mund öffnete, ,,Als deine beste Freundin ist es meine Pflicht, immer auf dem neusten Stand in Sachen potenzieller Typen zu sein! Übrigens ist es auch deine Pflicht, mich immer zu informieren und die Sache lang und breit mit mir auszuschlachten! Aber was erfahre ich von dir, wenn ich nicht dabei bin!? Nichts!" Ich verdrehte die Augen. Lil hob warnend den Zeigefinger. ,,Nichts da! Dieses mal keine Ausreden! Meinetwegen hol ich Leanne dazu, damit du auf jeden Fall kommst!" Sie kannte mich einfach zu gut.
Als Leanne und Will bei uns angelangt waren, drehte ich Will demonstrativ den Rücken zu und umarmte Leanne herzlich als Begrüßung. ,,Hey Leanne, was hältst du von einem Mädelsabend? Nur wir drei?", fragte ich sie. ,,Klar gerne! Heute?", sagte sie sofort zu. Ich sah Lil fragend an und sie nickte. ,,Ja heute." ,,Cool, ich freu mich schon!" Als ich mich wieder normal hinstellte, spürte ich Wills Blick auf mir ruhen. Und obwohl es ich mich alle Kraft kostete, die ich hatte, ignorierte ich ihn und redete stattdessen mit Leanne und Lil über den bevorstehenden Mädelsabend.

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Euphoria (Abgeschlossen)
FantasyEskada, von allen nur Katy genannt, ist eine Euphoria, also jemand, der dafür sorgt, dass die Menschen die Hoffnung nicht aufgeben, egal wie auswegslos die Lage ist. Sie ist dafür verantwortlich, dass es immer einen Ausweg gibt und sie ist nie gesch...