Kapitel 1

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Diese Fanfiktion wurde von mir bereits auf FF.de am 10.05.2018 veröffentlicht und am 10.09.2018 beendet.



Sie war nervös. Viel zu nervös auch wenn man das ihrer äußeren Fassade kein bisschen ansah. Sie hatte es gelernt einen kühlen Kopf zu bewahren. Ruhig zu bleiben und nicht die Fassung zu verlieren. Sie hatte sich innerlich darauf vorbereitet. Hatte fast die ganze Nacht nicht geschlafen und versucht sich zu Recht zu legen, wie sie am besten das Angebot darbieten sollte. Aber vermutlich gab es dafür keinen Masterplan. Mit Sicherheit nicht. Heute Morgen hatte sie sich dann das weiße Etuikleid angezogen, dass sie sich zu Recht gelegt hatte. Es schmeichelte ihr und war an einer Seite schulterfrei. Dazu trug sie schlichte Perlenohrringe und hohe Schuhe. Ihre Haare, die ihr knapp über die Brust reichten, hatte sie offen gelassen und in weichen Wellen gestylt. Dazu ein schlichtes Make-up bis auf den stark geschminkten Mund, der in dunkelrot gehalten war. Sie hatte gemerkt, wie sie angesehen worden war, als sie das Firmengebäude betreten hatte. Sie wusste, wie Männer sie sahen. Sie wusste, was für eine Ausstrahlung sie hatte.


Vermutlich war das der Grund warum die Hexe am Empfang sie nicht gleich abgewimmelt hatte, als Astoria verlangt hatte mit dem Inhaber zu sprechen. Schon alleine deshalb, weil sie so aussah, wie eine Frau, der man nichts abschlug. Trotzdem musste sie warten im Wartebereich und das schon seit fast zwei Stunden. Aber wenn es sein musste würde sie hier den ganzen Tag sitzen. Das hier war die einzige Möglichkeit ihren Vater und vor allem seine Firma zu retten. Das hatte sie sofort erkannt, als sie erfahren hatte, dass eine Unmenge an Gold und Firmenanteile verspekuliert worden waren. Sie hatte ihren Vater noch nie so verzweifelt erlebt. Niemals. Astoria war beinahe überfordert damit gewesen, als sie versucht hatte ihn zu beruhigen und versprochen hatte, es nicht ihrer restlichen Familie zu erzählen. Und wenn es nicht funktionierte? Wenn er nicht auf ihr Angebot eingehen würde? Was sollte sie dann tun? Sie hatte nichts anderes anzubieten. Das war alles, was sie hatte und vorweisen konnte. Würde es genug sein? Genug für ihn? Sie hatte das Gefühl, ihr Hals schnüre sich zu, weshalb sie kurz die Augen schloss und versuchte ruhig zu atmen.

„Miss Greengrass?", ertönte eine freundliche Stimme und Astoria sah auf. Es war die Empfangshexe, die sie anlächelte. „Mr. Malfoy hat jetzt ein wenig Zeit vor seinem nächsten Termin. Wenn Sie mir bitte folgen würde." Sie stand schweigend auf und griff nach ihrer Handtasche, bevor sie der Blondinen folgte. Sie sah sich um, während sie den großen modernen Flur entlang schritten. Alles hier wirkte so modern und kalt. Zu viel Beton, Eisen und Glas. Die Blondine klopfte an einer breiten Tür und trat zuerst ein. „Miss Greengrass, Mr. Malfoy.", meinte sie freundlich, bevor Astoria den Raum betrat.
Ein großes modernes Büro gab den Blick auf London frei. Und hinter einen Schreibtisch, in einem schwarzen Anzug, blickte niemand anders auf als Draco Malfoy persönlich. Er schien verwundert zu wirken, ja beinahe irritiert. Er hatte vermutlich bei dem Namen Greengrass wen anders erwartet, obwohl er doch wissen sollte, dass Daphne schon lange den Namen Greengrass nicht mehr trug. Er war doch sogar auf ihrer Hochzeit gewesen.

„Sie können gehen.", sprach er kühl seine Angestellte an und Astoria sah ihr kurz nach, bis sie die Tür verschloss und es still war. Astoria glaubte das man ihr schnell schlagendes Herz hören musste. Vielleicht sollte sie einfach umdrehen und gehen. Jetzt. Doch dann sprach er sie an und sie blieb. „Ich habe eigentlich jemanden anders erwartet, als man mir sagte, dass Miss Greengrass mit mir unbedingt sprechen muss." Er deutete vor seinen Schreibtisch und Astoria nahm es als Einladung an und setzte sich. „Aber wir kennen uns bereits, oder?"
„Wir wurden uns vorgestellt auf der Hochzeit von Daphne."
Es war ein kurzes Hallo gewesen und nicht mehr. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet sie hier eines Tages sitzen würde, um Draco Malfoy um Hilfe zu bitten? Sie sicher nicht.

In seine grauen Augen regte sich etwas. „Natürlich. Daphnes kleine Schwester."
„Halbschwester.", verbesserte sie ihn, was vermutlich unnötig war.
Jeder wusste, dass Astoria aus der zweiten Ehe Hyperions stammte, der nochmal geheiratet hatte, nachdem seine Frau nach der Geburt von Daphne verstorben war. Seine Mundwinkel zogen sich kurz nach oben, aber es war ein kaltes Lächeln. Es wirkte einstudiert und das machte ihr Angst. So wie seine ganze Ausstrahlung. Sicher, er sah gut aus. Aber er hatte etwas Eisiges an sich. Angsteinflößendes.
„Nun, Miss Greengrass..."
„Astoria.", unterbrach sie ihn knapp und er legte leicht den Kopf schief.
„Astoria.", sprach er langsam ihren Namen aus. „Was verschafft mir die Ehre?"
Die Ehre? Das hier war alles andere als ehrenvoll. Es war eher ehrlos.
„Ich benötigte Ihre Hilfe." Er sah sie weiterhin ruhig an. „Besser gesagt, mein Vater."
Er senkte den Blick und wirkte amüsiert. „Ich nehme an, es geht um das missglückte Börsengeschäft."
„Woher..."
„Ich das weiß?", unterbrach er sie und blickte sie wieder an. „Meine Teuerste, da ein gewaltiger Anteil an englischem Gold mir gehört, ist es ziemlich leicht über so etwas informiert zu werden. Was ich nur nicht begreife ist, wie ich Ihnen oder Ihrem Vater helfen könnte?"

Wie er helfen könnte? War das ein Scherz? War das nicht offensichtlich?
„Sie haben Gold."
Genügend Gold. Glaubte man den Gerüchten, war er vermutlich einer der wohlhabendsten Zauberer in der magischen Welt und das über England hinaus. Er lachte kühl.
„Und nun soll ich mein Gold dazu nutzen, um Ihren Vater aus dem Ruin zu helfen?" Das war zumindest der Plan. Astorias Plan. „Bei allen nötigem Respekt. Meine Familie und ich, sind nicht reich geworden, weil wir Gold verschenken. Würde ich jedem Gold geben, der sich verspekuliert an der Börse, dann wäre ich bereits ein armer Mann." Er war aber kein armer Mann. „Wenn ihr Vater unfähig ist, seine Geschäfte zu führen, dann ist das nicht mein Problem."
„Mein Vater ist nicht unfähig.", knurrte sie und er wirkte weiterhin gelassen.
„Nein. Eher ihr Vetter, nicht wahr? Wobei ich nicht verstehe, dass Hyperion so einen Idioten an seine Geschäfte ran lässt."
Weil dieser Idiot an Vetter ein männlicher Erbe war und somit eines Tages die Firma übernehmen würde. Wer hätte gedacht, dass es diese bis dahin vielleicht nicht mehr gab und dass der Trottel das Privatvermögen ihres Vaters zusätzlich verspekulierte?

Er lehnte sich gelassen in seinem Stuhl zurück.
„Außerdem bin ich nicht die Wohlfahrt. Die Menge an Gold, die gebraucht wird, um diesen Schaden auszugleichen und wieder alles auf Kurs zu bringen ist unglaublich hoch. Ich schätze ihr Privatvermögen reicht nicht im Geringsten aus, um dies abzubezahlen." Diesen Gedanken hatte sie bereits verworfen, als ihr Vater erklärt hatte wie viel Gold er benötigen würde, um alles zu retten. „Und ich glaube auch nicht, dass Sie mir etwas anderes anbieten können, was mich im geringsten Interessiert. Also verzeihen Sie, aber nein, ich denke wir kommen somit nicht ins Geschäft."
„Ich denke, dass es schon etwas gibt.", sagte sie ruhig und fixierte kurz ihre Knie.
„Tatsächlich?", hakte er spöttisch nach. „Was könnte das sein?"
Sie sah ihn direkt an mit ihren großen braunen Augen. „Mich."

Sein spöttisches Lächeln verschwand und irgendetwas regte sich hinter seinen kalten Augen. Sie schienen sogar dunkler zu werden. Jedoch nur einen Augenblick, bevor er kühl lachte.
„Sie? Denken Sie wirklich einmal Sex entschädigt für mehrere Millionen?" Nein, jetzt glaubte sie das nicht mehr, nachdem er sich darüber lustig gemacht hatte. „Oder sind Ihre Fertigkeiten so berauschend, dass Sie das annehmen?", hakte er spöttisch nach und sie spürte, wie ihre Wangen vor Scham brannten, während er aufstand und sich an einem Sideboard offenbar Wasser in ein Glas einschenkte.
„Ich... ich habe keine Ahnung.", brachte sie schwer hervor und merkte, wie ihr Gesicht glühte, als er sich beinahe verwirrt zu ihr wandte. Warum musste sie jetzt rot werden? Warum stottern wie ein dummes kleines Kind? „Ich habe noch nie... ich habe noch nie..."
Sie brach ab. Sie konnte es nicht aussprechen. Zum Teufel, vielleicht war sie dem hier wirklich nicht gewachsen.

Ihm klappte für einen Moment der Mund etwas auf.
„Sie hatten noch nie Sex?", fragte er fassungslos und sie senkte den Blick, während sie ihre Finger ineinander harkte.
„Nein, hatte ich noch nicht."
Er setzte sich wieder an seinen Schreibtisch und schien sie aufmerksam zu mustern.
„Und dann kommen Sie hierher und unterbreiten mir so ein unmoralisches Angebot?" Offenbar. Sonst würde sie hier nicht sitzen. „Wozu?", fragte er weiter und sie blickte ihn wieder an. „Ist diese Ehre nicht für Ihren Zukünftigen bestimmt?"
Sie schnaubte. Verspottete er sie nun?
„Ich habe keinen Zukünftigen."
„Noch nicht versprochen? Ist das nicht immer das was die Familien in unseren Kreisen tun? Ihre Töchter vorteilhaft verheiratet?"
Normalerweise ja. Aber sie war der Liebling ihres Vaters, ganz zu schweigen, dass ihr Vater niemals seine Kinder verschachern würde, um eine vorteilhafte Partie zu ergattern. So war Hyperion Greengrass einfach nicht. Er war ein liebevoller und guter Vater.

Aber sie wusste, wie viel es Männern wert war, wenn man eine Frau fand, die unberührt war und darauf spekulierte sie.
„Was erhoffen Sie sich, Miss Greengrass?", fuhr er fort und sie hasste es, wie er mit ihr sprach. Als wäre sie ein dummes naives Kind, dass ihn übers Ohr hauen wollte. „Das ich sie danach heirate, nach alter Sitte?"
Sie wurde rot vor Wut. „Ich würde eher einen Troll heiraten, als Sie." Er grinste schief und sie fuhr fort. „Und jedem ist doch bekannt, dass Sie nicht heiraten wollen." Er war bekannt dafür hin und wieder Affären zu haben, aber keine ernsthaften Beziehungen. Der gutaussehende und reiche Junggeselle. Er hatte nicht vor zu heiraten, das hatte er auch einmal in einem Interview gesagt. Sie wurde wieder mutiger und versuchte daran zu denken, dass dies hier nichts weiter als ein Geschäft war. „Ich schlage Ihnen ein Geschäft vor. Einen Deal. Ich möchte Sie nicht übers Ohr hauen. Ich versuche nichts weiter, als meinen Vater vor dem Ruin zu retten. Ansonsten möchte ich gar nichts. Keine Heirat. Keine weiteren Verpflichtungen. Das ist mein Vorschlag, Mr. Malfoy."

Er sagte nichts, musterte sie nur lange, bevor er den Kopf erneut schief legte.
„Einmal Sex ist die Summe nicht wert. Selbst wenn sie heiliggesprochen wären.", fügte er hinzu und sie biss sich auf die Zunge.
„Schön. Was wollen Sie dann? Schlagen Sie etwas vor."
Sie sah dass er nachdachte. Vermutlich überlegte er, was er heraushauen konnte aus dieser Abmachung.
„Ich denke", fing er langsam an. „das ich darüber nachdenken muss."
Nachdenken? Dazu hatten sie keine Zeit.
„Aber...", wollte sie beginnen und er unterbrach sie gelassen.
„Sie werden mir doch ein wenig Bedenkzeit geben, Astoria. Wenigstens bis heute Abend."
Sie presste ihre Lippen zusammen. Hatte sie den eine Wahl?
„Schön. Von mir aus.", antwortete sie schnippisch und stand auf.
Dann würde sie eben gehen und warten.
„Hinterlassen Sie bei meiner Sekretärin ihre Kontaktdaten, damit ich weiß, wo ich Sie erreiche.", sprach er und schien sich bereits über neue Unterlagen zu beugen.
Sie schnaufte schwer aus und trat nach draußen, nicht ohne die Tür wütend zuzuschlagen. Er war so ein überhebliches, arrogantes Arschloch und obwohl sie im Moment wütend auf ihn war, wusste sie im Grunde, dass sie ihn fürchtete. Denn man munkelte in England auch, dass Draco Malfoy keine Gefühle, kein Gewissen und vor allem kein Herz hatte.

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