,, Hände hoch, das ist ein Überfall''

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Sicht Lisa

,, Guten Morgen Süße.'' säuselte Sophie ins Telefon, als ich im Halbschlaf an mein Handy ging.     ,, Hast du heute schon was vor?'', fragte sie weiter. ,, Heute Nachmittag noch nichts, warum?'', brachte ich gerade so raus. ,, Weil wir dann shoppen gehen!'' ,, Muss das sein?'', fragte ich genervt. Shoppen war nicht gerade meine Lieblingsbeschäftigung. ,, Ja, das muss sein. Ich brauche eine Stilberaterin. Also bleibt dir keine andere Wahl. Ich hole dich um 16 Uhr ab!'' Bevor ich widersprechen konnte, hatte sie das Gespräch schon beendet. Mies gelaunt stieg ich aus dem Bett und zog mich an. Mittlerweile war es 11 Uhr und ich schüttete ein paar Cornflakes in die Schüssel. Die letzte Nacht hatte deutliche Spuren hinterlassen. Auf dem Nachhauseweg grübelte ich ständig über das nach, was Vincent gesagt hatte und hasste mich für mein Verhalten. Hellwach lag ich stundenlang im Bett und starrte die Wand an, solange bis ich beschloss noch einen Film zu schauen, der mich wenigstens etwas ablenkte. Heute Morgen überkam mich dann doch die Müdigkeit und ich fiel hundemüde ins Bett, konnte aber nicht länger als drei Stunden schlafen, was ich meiner Laune deutlich anmerkte. Gerade als ich den ersten Bissen Cornflakes nehmen wollte, klingelte es an der Tür, die ich schwungvoll öffnete. Vor mir standen Dag und Vincent. ,, Was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen?'', fragte Dag, als er in mein genervtes Gesicht sah. ,, Schlecht geschlafen.'', sagte ich knapp. ,, Klasse, dann habe ich heute zwei Miesmuscheln an der Backe.'' und zeigte zu Vince rüber, der tiefe Augenringe hatte und damit genauso beschissen aussah, wie ich. ,, Was wollt ihr?'', fragte ich. Doch ohne zu antworten stiefelte Dag direkt ins Wohnzimmer, wo er sich an meinen Cornflakes bediente. ,, Ey, das sind meine.''. Ich stürmte auf ihn zu und wollte ihm die Schüssel aus der Hand nehmen, was er zu verhindern wusste. Widerwillens überließ ich ihm mein Frühstück und holte stattdessen meinen Tee aus der Küche. In der Zeit hatte auch Vincent auf dem Sofa Platz genommen und daddelte auf seinem Handy rum. ,, Um auf deine Frage zurückzukommen. Wir wollten gleich zur Polizei, wegen der Nachrichten.'', sprach Dag mit vollem Mund. Stimmt, daran hatte ich schon gar nicht mehr gedacht. Momentan passiert so viel, dass ich nicht mehr weiß, wo mir der Kopf steht. ,, Ach ja.'', murmelte ich und machte mich im Bad fertig. Mit Schminke versuchte ich die Augenränder zu verdecken, die mein Gesicht zeichneten. In Gedanken war ich ständig bei gestern Abend. Die bloße Vorstellung an das, was zwischen Vince und mir gelaufen ist, löste Gänsehaut in mir aus. Es war fast perfekt und jetzt? Jetzt sitzt der Mann, den ich liebe in meinem Wohnzimmer und beachtet mich nicht mehr. Ich stieß einen lauter Seufzer aus. ,, Was ist los, Kleine?'' Durch den Spiegel sah ich Dag grinsend hinter mir stehen. ,, Ist kompliziert.'', seufzte ich. Er nahm mich in den Arm. ,, Mit kompliziert kenne ich mich aus.'', sagte er lächelnd. ,, Mhmm. Aber ich denke nicht, dass du mir helfen kannst. Da muss ich nun alleine durch.''              ,, Musst du nicht. Ich bin doch da. Irgendwie schaffe ich es schon, dich wieder zum Lachen zu bringen. Egal wie mies du drauf bist, Lachen hilft.'', klugscheißerte Dag. ,, Meinste? Ich bin ein schwieriger Fall.'', sagte ich mit einem schiefen Lächeln. ,, Gerade dann wird es doch noch spannender.'' Fest drückte er mich an sich und wuschelte wild durch meine Haare. Krampfhaft versuchte ich mich zu befreien, hatte bei Dags Stärke allerdings keine Chance. ,, Dag, hör auf.'', bettelte ich. ,, Was hast du gesagt? Ich habe nichts gehört.'' ,, Hör auf!'' Mittlerweile kam ich aus dem Lachen nicht mehr raus. Zwar waren meine Haare völlig zerzaust und es würde ein paar Minuten dauern sie zu entknoten, aber irgendwie war es auch witzig. ,, Siehste, sag ich doch. Ich bringe dich zum Lachen'' Stolz schlug Dag sich auf die Brust. ,, Bilde dir jetzt bloß nichts darauf ein.'', meckerte ich. ,, Seid ihr endlich soweit? Ich hab' nicht den ganzen Tag Zeit.'', nörgelnd stand Vincent im Türrahmen und warf uns böse Blicke zu. Dag lief auf seinen Kumpel zu und fing an, seine Haare durcheinander zu bringen. ,, Pisser! Hast du sie noch alle?'' Vincent schubste Dag zur Seite und drängte mich vom Spiegel weg. ,, Ich sehe aus, wie ein Penner.'' , mürrisch versuchte er seine Haare in die richtige Position zu bringen. ,, Sahst du vorher auch schon.'', schmunzelte Dag und steckte mich mit seinem Lachen an. ,, Findet ihr das witzig?'', fragte Vince. ,, Irgendwie schon.'', sagte ich. Genervt drehte er sich wieder zum Spiegel. Auf dem Weg zur Dienststelle alberten Dag und ich noch ein wenig herum, während Vincent mit sicherer Entfernung hinter uns lief. Gerade als Dag sich umdrehte und zu ihm ging, spürte ich einen harten Schlag gegen die Schulter und merkte, wie mir die Handtasche entrissen wurde. Reflexartig griff ich nach ihr und brachte dadurch die Person auf Inlinern leicht ins Wanken. Mit aller Kraft hielt ich meine Handtasche fest. Keinesfalls wollte ich sie hergeben. Irgendwann zückte der Unbekannte ein Messer und fuchtelte damit vor meinem Gesicht herum. Sofort lockerte ich den Griff und konnte zusehen, wie er mit meiner Handtasche verschwand. Paralysiert stand ich auf der Straße. ,, Alles gut? Wo kam der denn so schnell her?'' Hektisch rannte Dag zu mir und legte seine Hände auf meine Schultern. Ich brachte keinen Ton heraus. Meine Knie wurden weich und ich glitt langsam zu Boden. Hinter mir spürte zwei Arme, die mich auffingen. Völlig benebelt saß ich auf der Straße. Um mich herum nahm ich alles, wie durch einen Schleier wahr. ,, Hey, Lisa... Lisa.. Wach bleiben.'' Die Stimmen hörten sich an, als wären sie Kilometer weit entfernt. Neben uns tauchten Passanten auf, die aufgeregt tuschelten. ,, Mir geht es gut.'' brachte ich krächzend hervor und wollte aufstehen, wurde aber zurück auf den Boden gedrückt. ,, Du bleibst erst mal liegen.'', sagte Vince. ,, Geht schon.'' Ich stützte mich auf meinen Armen ab. Noch immer sahen die Menschen um uns herum zu mir runter. ,, Sollen wir wirklich keinen Krankenwagen rufen?'', fragte eine ältere Dame. ,, Nein, ich denke ihr geht es schon besser. Sie können ruhig gehen.'', antworte Dag höflich aber bestimmt. Anscheinend war ihm die Menschentraube genauso unangenehm wie mir. Zuerst machten sie keine Anstalten sich zu bewegen. Nach und nach löste sich der Kreis um uns dann doch auf und alle gingen ihren gewohnten Weg. Endlich waren wir wieder alleine. ,, Komm, ich helfe dir hoch.'', Vince reichte mir seine Hand und zog mich nach oben. Etwas wackelig stand ich wieder auf den Beinen.             ,, Meine Tasche!'', hektisch lief ich los. ,,Lisa, wo willst du hin?'', Dag tauchte neben mir auf.            ,, Meine Tasche. Ich brauche sie wieder.'', stammelte ich. ,, Ich denke nicht, dass du sie wieder bekommst.'', sagte er ernst. Ich ignorierte ihn und ging weiter. Verständnislos tauschten Dag und Vince Blicke aus, folgten mir dann aber wortlos. Nach einer Weile steuerte ich aufgeregt auf eine Böschung zu und fand zwischen den Ästen tatsächlich meine schwarze Handtasche. Allerdings fehlten Bargeld und Handy. ,, Verdammt!'', fluchte ich. ,, Das Handy! Es ist weg! Einfach weg! Alles... Einfach alles weg..... Die Nachrichten... Nichts ist mehr da....''

,, Und Sie konnten wirklich gar nichts erkennen, Frau Spille?'' Wieder fragte mich die Dame am Tresen der Polizeistelle, nach einer möglichen Täterbeschreibung. ,, Wie gesagt, derjenige war maskiert und alles ging so schnell, dass ich nichts gesehen habe.'', antwortete ich. Sie schien genervt zu sein. Kein Wunder. Meine Aussage führte, genau wie unsere erste Anzeige, ins Leere und würde als Karteileiche enden. Frustriert verließ ich das Gebäude. ,, Sorry Jungs, ich hätte besser aufpassen müssen.'', sagte ich bedrückt. ,, Dein Ernst? Wer kann denn ahnen, dass irgendein Verrückter deine Tasche klaut?'', sagte Dag. ,, Das war bestimmt kein Zufall.'', mischte Vincent sich ein. ,, Wie meinste das denn schon wieder Dicker?'' ,, Schon komisch, dass genau an dem Tag, wo wir zur Polizei wollen, Lisas Handtasche geklaut wird und das Handy fehlt, findest du nicht?'' ,, Selbst wenn, es ändert nichts daran, dass wir nun keine Beweise mehr haben und immer Angst davor haben müssen, was wohl als nächstes passiert!'', sagte ich nachdenklich.

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