Männer werden nie erwachsen

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Sichtweise Lisa

Am nächsten Morgen wurde ich durch das Babyphone wach. Ich drehte mich zur Seite und sah Vincent, wie er friedlich vor sich hin schlummerte. Lächelnd gab ich ihm einen Kuss auf die Stirn und zog mir meinen Bademantel über. Dann lief ich ins Kinderzimmer und schaute nach, was los ist. ,, Na, wer weint denn da?’’, flüsterte ich leise und nahm Ben auf den Arm. ,, Du glühst ja’’, stellte ich fest, als meine Hand seine Haut berührte. Das Fieberthermometer bestätigte meinen Verdacht.  Langsam kam Vince ins Zimmer gestiefelt. ,, Morgen Süße.’’, sagte er verschlafen, bevor er Ben und mir einen Kuss gab. ,, Hat er Fieber?’’, auch Vincent merkte sofort, dass etwas nicht stimmt. Ich nickte und versuchte weiterhin den Kleinen zu beruhigen. Erst als wir vom Kinderarzt wiederkamen, wurde er ruhiger. ,, So kann ich Ben aber nicht bei meinen Eltern abgeben.’’, grübelnd lehnte Vince sich gegen den Stuhl. Eigentlich wollten wir heute Abend mit den Jungs von Trailerpark Dags Geburtstag feiern.,, Geh du ruhig zu der Feier. Ich bleibe hier.’’ schlug ich meiner besseren Hälfte vor, der mich daraufhin kopfschüttelnd anschaute. ,, Auf gar keinen Fall. Du gehst hin.’’ ,, Dag wäre ganz schön beleidigt, wenn sein bester Kumpel nicht auftaucht.’’, versuchte ich ihn zu überzeugen. ,, Und genauso beleidigt wäre er, wenn du nicht kommst.’’, antwortete er daraufhin. ,, Einer muss aber bei Ben bleiben. Da ich nach der ganzen Lernerei mal wieder einen entspannten Fernsehabend gebrauchen könnte, würde ich sagen, du gehst zu der Party und ich kümmere mich um Ben. Außerdem ist er bei mir besser aufgehoben.’’, zwinkerte ich. Lachend schaute Vince mich an. ,, Du hast echt für alles eine Ausrede parat, oder?’’ und gab sich geschlagen.

Gegen Nachmittag überbrachte ich Dag die Hiobsbotschaft. Es dauerte keine zwei Minuten, da klingelte es auch schon an der Tür. ,, Du willst mich wohl verarschen, oder?’’, beleidigt kam Dag in die Wohnung gestürmt. ,, Hallo, erstmal.’’, sagte ich. ,, Ich habe mich so auf den Abend gefreut. Wir drei haben schon Ewigkeiten nicht mehr Party zusammen gemacht.’’, traurig lehnte er sich gegen die Wand. ,, Wir können den Kleinen doch nicht krank zu Vincents Eltern bringen.’’, sagte ich. ,, Ich weiß…’’ Dag schien einsichtig zu sein, war aber trotzdem ziemlich geknickt darüber, dass wir heute Abend nicht zusammen feiern können. ,, Wir holen das nach. Bea, Vincent, Du und ich.’’ ,, Geht ja wohl nicht anders.’’ zuckte Dag mit den Schultern. ,, Geht es Ben denn schon etwas besser?’’ Dags Anspannung löste sich und mit einem Mal war er wieder der Alte. ,, Der schläft gerade, also bitte nicht aufwecken.’’, lächelte ich freundlich, da ich den Verdacht hatte, er würde gleich zu ihm ins Zimmer gehen. ,, Und wo ist mein Bro?’’ ,, Na wo wohl?’’, Vincent musste noch kurz ins Studio, um irgendwas Wichtiges zu erledigen. ,, Und wie bringe ich Bea bei, dass sie heute Abend die einzige Frau in der Runde sein wird?’’, fragte Dag. ,, Da fällt dir bestimmt was ein.’’, grinste ich.

Nachdem Dag wieder verschwunden ist, kümmerte ich mich um Ben. Ich legte ihn zu mir aufs Sofa. ,, Heute Abend schon was vor?’’, fragte Miriam während wir telefonierten. ,, Babysitten. Ben ist krank.’’, antwortete ich meiner besten Freundin. ,, Ist Vince heute Abend da?’’ ,, Ne, der ist bei Dag, wieso?’’ ,, Hättest du Lust auf einen Mädelsabend?’’     ,, Du müsstest aber zu mir kommen.’’, sagte ich. Gesagt, getan. Um 19 Uhr klingelte es an der Haustür. Vollbepackt kam Miriam rein und legte ihre Sachen ab. ,, Ich habe an alles gedacht. Gesichtsmasken, Essen… und… und.. und..’’, fröhlich umarmte sie mich.

,, Ah ha, das nennst du also entspannten Fernsehabend.’’, frech grinste Vince mich an, als er nach Hause kam und Miriam und mich im Wohnzimmer entdeckte. Zur Begrüßung wurde meine Freundin von ihm in eine enge Umarmung geschlossen und mir drückte Vincent einen Kuss auf die Lippen. Gemütlich plauderte er mit uns beiden. ,, Wollt ihr nicht in einer halben Stunde los?’’, fragte ich und schaute auf die Uhr.        ,, Engelchen, ich brauche zehn Minuten, dann bin ich fertig.’’, antwortete Vince mir spöttisch. ,, Na, dann.’’, sagte ich und schaute ihm hinterher, während er in Richtung Schlafzimmer lief. ,, Und, wie sehe ich aus?’’ stolz posierte Vincent vor uns. ,, Heiß, wie immer.’’, sagte ich und musterte ihn vom Sofa aus. ,, Ohne dich wird der Abend nur halb so spannend.’’,schmollend setzte er sich zu uns, konnte aber im selben Moment wieder aufstehen, da Dag von draußen gegen die Wohnungstür hämmerte. ,, Sieh zu Dicker.’’, brüllte er. Ich bekam einen langen Abschiedskuss von meinem Schatz, bevor er zur Tür lief. ,, Danke, dass du auf Ben aufpasst. Du hast was gut bei mir.’’ hauchte Vince mir noch leise ins Ohr.          ,, Ach, nicht der Rede Wert. Hau schon ab.’’, antwortete ich. Endlich waren wir Mädels alleine. Zeit für Frauengespräche. ,, Und, wie läuft es mit Tim?’’, fragte ich Miriam, die schon die ganze Zeit über strahlte, wie ein Honigkuchenpferd. ,, Super. Er möchte, dass ich zu ihm ziehe.’’, erzählte sie aufgeregt. ,, Echt? Wurde ja auch mal Zeit.’’, lachte ich. ,, Ihr hockt doch eh ständig zusammen.’’ ,, Das sagt die Richtige.’’ schief sah sie mich von der Seite an. Ich bin wirklich oft bei Vincent. Das letzte Mal war ich während der zweiwöchigen Klausurenphase in der WG, aber auch nur, weil ich dort in Ruhe lernen konnte.
,, Da Tim und ich zusammen ziehen, müssten wir mal darüber sprechen, wie es mit unserer Wohnung weitergeht….’’, sagte Miri vorsichtig.            ,, …..Ich würde nämlich schon nächsten Monat ausziehen.’’   ,, Hey, mach dir deswegen keinen Kopf. Ich kriege das schon hin. So teuer ist die Wohnung zum Glück nicht.’’, beruhigte ich sie. ,, Kriege ich denn wenigstens eine vernünftige Abschiedsfeier? Immerhin waren wir zwei Jahre Mitbewohnerinnen.’’ fragte ich traurig. ,, Ich ziehe doch nur ein Viertel weiter.’’, lachte Miriam. ,,  Trotzdem.’’ schmollte ich. ,, Och hör. Lass dich knuddeln. Wir werden uns trotzdem noch sehen.’’ Miriam zerquetschte mich fast. Erst gegen Mitternacht ließ sie sich von ihrem Freund abholen und ging nach Hause.

Lautes Poltern ließ mich aus dem Schlaf aufschrecken. ,, Vince, was machst du da?’’, er saß in der Küche auf dem Boden und löffelte Schokoladenpudding. ,, Ich hatten tierischen Hunger.’’, brabbelte er unverständlich vor sich hin. ,, War wohl ne gute Party, was?’’, grinste ich und setzte mich zu ihm. ,, Vielleicht sogar….. zu gut…....’’, lallte er weiter. An seinen Augen konnte ich erkennen, dass es er nicht nur Alkohol konsumiert hatte. ,, Hauptsache ihr hattet Spaß.’’ sagte ich und nahm einen Löffel von seinem Pudding. ,, Finger weg. Das ist meiner.’’ Vincent zog die Kumme zur Seite und kleckerte seinen Hoodie voll. ,, Toll, jetzt hast du mich auch noch schmutzig gemacht.’’, sagte er kindisch. ,, Du hast da was.....’’ Nicht ganz so treffsicher versuchte er mit seinem Finger die Schokoladenreste in meinen Mundwinkeln wegzuwischen. ,, Upps, jetzt hast du es überall kleben.’’, kicherte er leise. Lächelnd schüttelte ich den Kopf.  ,, Komm her du Rabauke. Ab ins Bett.’’ Im Badezimmer drückte ich Vincent die Zahnbürste in die Hand und half ihm beim Ausziehen. Torkelnd lief er ins Schlafzimmer und ließ sich geradewegs aufs Bett fallen. Es dauerte keine zehn Minuten, da hörte ich neben mir ein leises Schnarchen.

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