Der Anfang unserer Freundschaft

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Sichtweise Dag

Den Nachmittag verbrachte ich alleine. Lisa wollte ihre Eltern besuchen und ich die freie Zeit nutzen. Ich dachte viel über die vergangenen Monate nach. Wie ich Bea kennengelernt habe und was diese Frau in mir ausgelöst hat. So verliebt war ich schon seit langem nicht mehr. Ich verstehe es einfach nicht, wie ich die Zeichen übersehen konnte? War alles gelogen? Alles nur ein Spiel? Hat sie mir ihre Gefühle vorgetäuscht, um meine Bekanntheit auszunutzen? Selbst Lisa hatte ein gutes Gefühl bei ihr und die beiden haben auch viel zusammen unternommen. Wie kann man sich nur so in einem Menschen täuschen? Das Schlimmste ist, dass sie mich und meinen besten Kumpel beklaut hat. Der Abend sollte doch perfekt werden. Wir beide kamen gerade aus Rom wieder und Vincent und Lisa waren noch zusammen an der Ostsee. Das Studio ist wie mein zweites zu Hause. Ein Ort an dem ich entspannen kann. Ich hatte ein Candle Light Dinner auf der Dachterrasse geplant und wollte ihr nebenbei etwas auf meiner Gitarre vorspielen. Leider hatte ich die Kerzen vergessen und lief schnell zum nächsten Supermarkt, um noch welche zu besorgen. Als ich zurückkam, war Bea verschwunden und mit ihr die erste CD, die Vincent und ich damals im Kinderzimmer aufgenommen haben. Mühevoll hat er die damals noch auf Kassette aufgenommen Lieder auf die CD überspielt. Sie hing eingerahmt an der Wand und war der einzige Tonträger, den wir aus dieser Zeit noch hatten. Keiner der aufgenommen Songs, haben wir jemals veröffentlicht. Es war einfach für uns beide. Eine Erinnerung an die Anfänge unserer Freundschaft. Völlig panisch schaute ich nach, ob noch mehr geklaut wurde und stellte fest, dass meine Fender fehlt. Meine erste eigene Gitarre, auf der ich spielen lernte.  Seither war dieses Instrument auf jedem Konzert und Festival mein treuer Begleiter. Die Erinnerungen lösten Wut in mir aus und ich schlug mit voller Wucht gegen die Wand. Die aus Holz gebaute Hütte fing leicht an zu vibrieren. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass Bea mir das Herz gebrochen hat, verliere ich jetzt vielleicht noch meinen besten Kumpel, wenn ich ihm beichte, was passiert ist. Dieser Tonträger hat für ihnen einen ganz besonderen Wert. Ich schnappte nach meiner Jacke und lief nach draußen.

Sichtweise Lisa

Vorsichtig öffnete ich die Tür und versuchte so leise wie möglich zu sein. Ben war auf dem Rückweg im Wagen eingeschlafen und ich wollte ihn keinesfalls aufwecken. Ich stellte den Maxi- Cosi in der Küche ab und lief weiter ins Schlafzimmer, da ich Dag nirgends finden konnte. Mir stieg der Duft von Alkohol in die Nase. ,, Bitte nicht!’’, flehte ich innerlich. Dag lag auf dem Bett und schlief. Neben ihm eine leere Wodkaflasche und dutzende Bierdosen. Ich setzte mich zu ihm und streichelte sanft über seinen Kopf. Der Anblick zerbrach mir das Herz. Warum kann dieser wundervolle Mann nicht auch mal Glück in der Liebe haben? Hat er es nicht verdient?  ,, Wir schaffen das. Ich bin immer für dich da.’’, flüsterte ich leise in sein Ohr. Dag bewegte sich leicht und hielt meine Hand fest, die ich auf seiner Schulter abgelegt hatte. Sie fühlte sich warm und weich an. Sofort erinnerte ich mich an die Zeit im Krankenhaus, in der er jeden Tag bei mir war und meine Hand ganz festhielt. Jetzt ist es wohl an der Zeit, dass ich mich dafür revanchiere. Ich würde einen Weg finden, um an diese CD heranzukommen. Damit kann ich ihm zwar nicht sein Leid nehmen, aber zumindest die Angst vor Vincents Reaktion. Also schlich ich mich wieder leise aus dem Zimmer und öffnete das Notebook in der Küche.

Sichtweise Dag

Mit höllischen Kopfschmerzen wachte ich auf und blickte um mich. Draußen war es schon dunkel und im Nebenzimmer hörte ich den Fernseher laufen. Schmerzverzerrt rieb ich mir die Augen und versuchte aufzustehen. Leicht torkelnd griff ich nach der Türklinke und drückte sie runter. Das Licht vom Fernseher blendete mich. ,, Du bist ja wach.’’ Lisa saß mit einer Decke auf dem kleinen Sofa und schaute gerade eine Doku. Als sie mich sah versuchte sie zu Lächeln, auch wenn ich ihre Sorge um mich deutlich spüren konnte. ,, Du hast nicht zufällig Ibu dabei?’’, fragte ich.        ,, Setz dich. Ich hole dir was.’’ Ich murmelte mich aufs Sofa und legte die bereits angewärmte Decke über mich. Lisa kam mit einer Tablette und einem Glas Wasser wieder und legte die Sachen auf dem runden Tisch vor uns ab. ,, Sorry.’’, entschuldigte ich mich. ,, Schon okay.’’ Lisa schaute wieder zum Fernseher rüber. Krampfhaft versuchte ich mich zusammenzureißen und wieder nüchtern zu werden. Zumindest so auszusehen, als sei ich nüchtern. ,, Hab dich lieb.’’ Irgendwie hatte ich gerade das Bedürfnis mich bei ihr zu bedanken. Lisa gibt sich so viel Mühe und versucht mit allen Mitteln, dass es mir besser geht und ich auf andere Gedanke komme. ,, Ich dich auch, Großer.’’ antwortete sie mir und drückte mich fest. Mir stieg der Duft ihres Shampoos in die Nase und ohne nachzudenken, küsste ich sie.

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