Kapitel 56

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So vergingen die nächsten drei Tage, die sich immer gleichten.

Am frühen Morgen wachte ich mit ihr im Gedanken auf. Ich dachte viel über sie nach und wie es sein würde, wenn ich ihr den Heiratsantrag gemacht hätte? Wie es wäre, wenn sie hier in Deutschland wäre? Wie es wäre, sie neben mir zu wissen? Sie neben mir beobachten, wie sie schlief, wie sie träumte und wie sie ihr leben mit mir meistern würde. Ich konnte ihr keine bessere Zukunft versprechen, aber ich wollte sie wieder bei mir haben. Sie war mein Seelenpartner. Wieso sollte ich jemanden wie Lisa haben, wenn ich Amina nie aus dem Herzen verlieren konnte?

Mutlos stand ich gegen Mittag auf und selbst beim Essen dachte ich darüber nach, wie sie damals neben mir gegessen hatte. Wir waren die meiste Zeit draußen auf dem Bolzplatz oder im Garten. Wir hatten mehr Zeit miteinander verbracht als auseinander. Am dritten Tag wollte ich in meinem Bad meine Zähne putzen, dennoch zerstörte ich erst einmal vor lauter Mutlosigkeit und Verzweiflung meinen Spiegel mit der geballten Faust.

Am Nachmittag ging ich auf Training und konzentrierte mich auch nicht richtig. Verdammt, wieso musste ich auch noch ein Jahr in Stuttgart bleiben? Ich wollte wieder nach Dortmund zurück! Ich wollte mit meinen Jungs über dieses Problem reden, auch wenn ich mit Marco und Mario nicht darüber reden könnte. Beide wollten meine Jugendfreundin. Ich sah es ihnen an, wie sie von ihr sprachen, wie sie sich verhielten, wenn nur ein Bild von ihr auftauchte. Am dritten Tag bekam ich sogar ein Ball mit voller Wucht auf mein Kopf und ich durfte eher gehen.

Am Abend versuchte ich die aufgestauten Tränen zu verstecken, doch es gelang mir nicht. Wie oft wünschte ich mir, dass sie zu mir gekommen war und mir zeigte, wie weh ihr die Distanz war? Sie hatte mir Narben auf den Rücken hinterlassen können, aber sie hatte es nicht. Ihre Bissspuren waren auch nicht mehr zu sehen. All die Erinnerungen an dieser Nacht waren wir weggefegt. Sie waren genauso weg wie der Grund für das alles.

Weinend und von den Gedanken genervt saß ich mitten in der Nacht noch auf meiner Couch und sah langweilige Sachen, die ich damals mit ihr noch so lustig fand. Seufzend wollte ich in mein Bett gehen, als es klingelte. Interessiert und dennoch verunsichert lief ich auf die Wohnungstür zu. Ein Blick durch den Türspion erkannte ich keinen. Vielleicht hatte ich mich nur verhört oder meine Gedanken wollten mir einen Streich spielen? Ich lief wieder in Richtung meines Schlafzimmers, als es wieder klopfte. Unfreundlich rannte ich durch die Wohnung und riss die Tür auf. Auf einmal sah ich in das erschrockene Gesicht von Leo, Kevin und Cathy.

„Habt ihr mal auf die Uhr geschaut?"

„Meinst du nach deinem Status hätten wir dich noch länger allein lassen können?" wollte Cathy wissen.

„Was machst du eigentlich mit dabei?"

„Mats wollte noch mal mit Mario reden. Er scheint auch mega gestresst zu sein."

„Wir haben bestimmt alle Frauenprobleme." lachte ich gespielt.

Ich bot ihnen den Eintritt an und ließ die Tür ins Schloss fallen. Natürlich leise, sodass meine Nachbarn nicht geweckt wurden. Kevin stellte die vier Sixpack Bier, Leo stellte vier Orangensaft-Tetrapacks und Cathy die Chips, Süßigkeiten und zwei starken Flaschen Barcadi auf den Wohnzimmertisch. Ich holte einige Gläser und stellte diese ebenfalls auf den kleinen gläsernen Tisch.

„Du hast also deinen Spiegel zertrümmert und hast ein Ball an den Kopf bekommen?" sagte Leo ernst.

„Und das nur wegen einem einzigen Mädchen?" wollte nun Kevin wissen.

„Ist es Lisa?" fragte Cathy direkt.

„Nein." sagte ich erstaunt, dass sie direkt fragt.

„Ich dachte es mir sofort, du wirkst etwas abwesender nachdem sie nicht in Rio geblieben war." murmelte nun Cathy weiter.

Mit der Zeit hatten wir die vier Sixpack Bier unseren Rachen runter geschüttet. Nebenbei zockten wir FIFA 14 und zum Erstaunen spielte Cathy auch mit, obwohl sie früher bei solchen Nächte immer sich gedrückt hatte.

„Wie kann sie nur bei ihm >JA< sagen?" wollte ich auf einmal wissen.

Ich ließ den Controller fallen und hätte mich wieder dafür hassen können. Ich wusste nicht, was ich denken und fühlen sollte. Mein Verstand wollte sie vergessen und sie nie wieder sehen. Mein Herz, der meistens die richtige Wahl traf, meinte ich sollte sie nicht gehen lassen. Mein Bauch ließ mir keine Chance und fühlte sich an als würde er mir sagen wollen, ich sollte geduldig sein. Manche Probleme lösten sich von alleine. Ich spürte die angetrunkene Cathy an meiner Seite, die ihren Kopf dort ablegte.

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