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,,all I wish for is a family"

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Er hatte Angst, solche Angst. Seine Hände zitterten so sehr, dass er beinahe den Briefumschlag nicht aufmachen konnte. Sie fingen an zu schwitzen und sein Herzschlag beschleunigte sich ein wenig. Ganz vorsichtig machte er den Umschlag auf, das Zerreißen des Papiers hörte sich für seine Ohren so unerträglich laut an, in diesem Moment.

Jimin zog den gefalteten Brief hervor und schluckte kurz, starrte auf den Zettel in seinen Händen. Er wollte noch seine Erwartungen und Pläne festlegen und ordnen, bevor er sich den Worten annahm, die ihn sehr wahrscheinlich verwirren würden.

Was wollte er? Was war gut für ihn? Für seine Band? Wäre es klug, dem Bauchgefühl nachzugehen und sich sogleich mit der Naivität einzulassen oder sollte er auf die Erfahrung und das Gespür seiner Freunde hören, die ihn die letzten Jahre nicht im Stich gelassen hatten, ihn wahrscheinlich nie alleine lassen würden?

Er wollte ihnen gerecht werden, einer von ihnen werden und sich nicht Tag ein, Tag aus wie ein Außenseiter fühlen. Aber diese Frau und dieses Mädchen und das Kapitel in seiner Vergangenheit mit Eden - sie gehörten einer Zeit an, in dem ihm weder dieses Gefühl der Isolation noch Ängste oder fehlende Selbstliebe bedrückten. Vielleicht war es das Bedürfniss, diese Zeiten zurück zu haben, diese Auffassung von sich selbst wieder zu erlangen, die in ihm, irgendwo, ganz, ganz tief in seinem Herzen, den Wunsch formulierte, dass Yerin die Wahrheit gesagt hatte und das Kind wirklich seine Tochter war.

Er mochte sich nicht ausmalen, wie sehr sich sein Alltag verdrehen würde. Er hoffte einfach auf die Unterstützung seiner Brüder, hoffte einfach, dass sie es trotzdem noch mit ihm aushalten würden, denn nur mit ihnen könnte er die Zeit jetzt bewältigen.

Jimin straffte dann seine Schultern und faltete den Zettel auseinander. Eine gerade und saubere Handschrift zog sich über das komplette Papier. So viele Worte, die jemand verfasst hat, um eine tiefe, dringliche Bedeutung, eine Bitte loszuwerden.

Jimin,

Ich wusste erst gar nicht, wie ich das hier beginnen sollte.. es ist nun schon etwas länger her, dass wir uns gesehen haben. Bald werden es fast sechs Jahre sein. Bevor ich anfange, musst du wissen, dass ich dich nie vergessen habe. Es verging kein Tag, an dem ich nicht an dich gedacht habe. Und daran sind nicht nur meine unerklärlichen, konfusen Gefühle Schuld gewesen, sondern auch unsere Tochter.

Wenn du das hier liest, dann lebe ich nicht mehr. Ich habe Krebs Jimin. Bereits seit drei Jahren. Naeun weiß auch, dass ich krank bin, sie weiß, dass ich früher gehen werde, als andere Menschen. Ich wollte sie nämlich nicht mit einem Geheimnis aufwachsen lassen. Nicht auch noch sie, wo ich doch vor dir ein noch viel größeres Geheimnis gehütet habe.

Naeun ist deine Tochter, sie ist dein Kind. Du bist der erste und letzte Mann gewesen, mit dem ich geschlafen habe. Wir waren damals so leidenschaftlich jung und.. viel zu kopflos und unvorsichtig gewesen und dann.. war sie auch schon da, weißt du?

Es tut mir leid, dass ich dich nicht eingeweiht habe. Ich wollte es tun, wollte, dass du das Glück des Vaterseins spüren darfst und diese Freude, die dieses Mädchen in einem hervorrufen kann. Aber ich konnte es nicht. Ich war zu feige, fürchtete mich vor deiner Reaktion und einer Abfuhr, hatte Sorge um die Kleine und um dich. Du standest doch erst am Anfang deiner Karriere, am Anfang deines Lebens und auch in den wenigen Tagen, die wir miteinander zu tun hatten, wurde mir klar, dass du für diesen Traum lebst, Jimin.

PAPA || pjm.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt