t h i r t y - f o u r

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,,I try to be strong but am reminded that I still dance in the dark"

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Jimin fühlte sich, als würden ihm die Ohren abfallen, als der fremde Mann vor ihm die paar koreanischen Wörter heraus brachte. Sein starker amerikanischer Akzent war nicht zu überhören und als der blonde Mann sich kurz zu seinen Begleitern wandte und mit ihnen in flüssigem Englisch sprach, entschloss Jin sich kurzerhand Namjoon her zu holen, der ihnen die fremden Laute dolmetschen sollte.

Während Jimin dann ganz alleine im Türrahmen stand, erwies sich dies als unnötig, denn kurz darauf trat ein heimisch aussehender Herr vor ihn und räusperte sich leise.

,,Herr Min, ich bin der Anwalt von ..", er drehte sich kurz und zeigte auf den Mann hinter sich, der ihn mit einem grimmigen Blick musterte, die Hände in den Hosentaschen des feinen Anzgs vergraben: ,,Herrn Bishop."

Bishop? Irgendwas klingelte bei ihm, der Name kam ihm zwar verdammt bekannt vor, aber er kam einfach nicht darauf, woher er ihn bereits kannte.

,,Wir sind hier, weil ein junges Mädchen, fünf Jahre alt, bei ihnen leben müsste. Ihr Sorgerecht liegt jedoch noch nicht bei ihnen."

,,Aber auch nicht bei ihm", sprang der Leader für Jimin direkt ein und stellte sich direkt neben ihn und nickte dem Amerikaner zu, der kein weiteres Wort heraus brachte. Namjoons Haare waren total zerzaust, er war barfuß und trug einen Pullover, seine Hände in den Taschen seiner Jogginghose. Der Blick den er daraufhin dem Amerikaner zuwarf, war allerdings auch in diesem Aufzug nahezu vernichtend.

,,Aber die familiäre Lage betrachtend, sollte das Kind-"

,,Was soll mit Naeun sein?", fragte nun auch Jimin leicht verärgert und verschränkte seine Arme: ,,Und was meinen sie mit familiärer Situation? Ist sie mit dem Typen verwandt oder wie?"

Der mittelalte Koreaner richtete seine Brille und nickte dann schnell: ,,Herr Bishop ist der Bruder der verstorbenen Mutter des Kindes, Eden Bishop. Eigentlich sind er und seine Frau als Erziehungsberechtigte vorgesehen gewesen, doch dazu kam es bisher noch nicht. Bevor etwas beschlossen werden konnte, war das Mädchen nämlich verschwunden und außer Landes."

,,Aber ich bin der Vater von Naeun, liegt das Sorgerecht nicht dann direkt bei mir?"

,,Das ist ein wenig komplizierter, Herr Min", erklärte der Anwalt des Amerikaners  und schien langsam ungeduldig, nervös zu werden: ,,Sie haben bis vor Kurzem nichts von dem Kind gewusst. In Amerika wusste man von der Krankheit und einem möglichen Sterbefall Edens und hat bereits Vorkehrungen getroffen, wie und wer sich um das Kind kümmern würde.. verstehen sie?"

,,Wir verstehen", antwortete Namjoon rau und Jimins Augen weiteten sich, er starrte seinen Leader an, als würde er gerade mit Elefanten jonglieren. Wollte er ihn auf den Arm nehmen? Was wurde das hier? Fiel er ihm und Naeun gerade in den Rücken?

,,Aber sie sollten auch verstehen, dass wir zuerst unser Management und unsere Anwälte informieren werden. Wir werden Naeun jetzt ganz sicher nicht aus unserer Obhut geben, da in Korea solche Beschlüsse getroffen wurden, die eben vorher sehen, dass sie in diesem Haus schläft, isst und-"

,,In Amerika wurden sehr viel früher Dokumente unterschreiben und unterzeichnet. Ich muss sie dringlichst darum bitten, das Mädchen jetzt Herrn Bishop auszuhändigen", der Anwalt verwies nochmal mit einer Handbewegung explizit auf den blonden Mann hinter sich, der groß und gut gebaut war. Seine tiefblauen Augen durchbohrten Jimin, der sich plötzlich noch viel kleiner fühlte als sonst.

,,Wir sind in Korea und nicht in Amerika. Naeun bleibt des weiteren hier, ich sagte es ihnen bereits. Wir kontaktieren unser Management und dann lässt sich bestimmt ein Termin finden, an dem wir die Sache entspannt klären können. Doch jetzt.. würde es ihnen etwas ausmachen uns jetzt in Frieden zu lassen?"

,,Nun gut, wie sie wünschen. Aber ich kann ihnen versprechen-", der kleine, rundliche Anwalt hatte sich mittlerweile etwas in Rage geredet und wedelte nun mit seinem Zeigefinger vor der Nase Namjoos herum: ,,-das wird für sie keine schöne Angelegenheit werden. Durch die fehlende Kooperation, die sie uns gegenüber-!"

,,Jaja, sprechen sie darüber mit unserem Manager", seufzte der Leader und schloss die Tür schnell zu, ehe er die Augen schloss, seine Stirn an eben diese Tür lehnte und schwer seufzte.

Jimin starrte weiterhin auf den Boden. Auf denselben, nicht vorhandenen, imaginären Punkt, den er sich während des Wortgefechts gesucht hatte. Er selbst hätte sich auch stark machen für seine Tochter und nicht nur Namjoon reden lassen wollen.. aber er war zu feige dafür gewesen. Er schob seine Hände in die Taschen seiner Jogginghose und erstarrte augenblicklich.

Seine Finger ertasteten die Tabletten, deren süße Versuchung zum Greifen nah schien. Der Verrat, der Vertrauensmissbrauch an seinen Freunde, die ganz fest an ihn glaubten und nicht mehr erwarteten, dass er solche Sachen noch nötig hatte, waren ein nebensächlicher Effekt des Ganzen.

,,Und was machen wir jetzt?", fragte Seokjin leise und brach die Stille, nachdem er zwischen Namjoon und Jimin hin und her geschaut hatte.

,,Ich denke ich sollte Sejin und Sohye anrufen", seufzte der Leader und stieß sich von der Wand ab, zog sein Handy hervor. Vorher sah er Jimin noch eindringlich an: ,,Und dir rate ich es mal bei Yerin zu versuchen. Ich bezweifle sehr, dass Naeun über irgendwas Bescheid weiß."

Naeun. Jimin wollte direkt in die Küche zurück, wo er seine Tochter auf ihn hat warten lassen, die ja bereits wach war. Als er in die Küche kam, lehnte sie mit dem Rücken an der Wand neben dem offenen Türrahmen und hob ihren Kopf langsam an, ihre Augen waren ganz wässrig vor Tränen.

,,Heißt das, ich muss weg von hier Papa? Wieso wollen diese Männer mich mitnehmen? Ich will nicht weg von hier", wimmerte sie und Jimin kniete sich sofort vor das Mädchen und zog sie in seine Arm, streichelte ihr über das Haar und versuchte sie zu beruhigen.

,,Es wird alles gut werden", nuschelte er leise und hoffte, dass er sie jetzt nicht anlog. Sie beruhigte sich allmählich, Jimin sprach ihr durchgehend aufbauende und optimistische Worte zu, die er genauso sehr brauchte.

,,Wie wär's wenn ihr Zwei euch fertig macht und die Anderen weckt, ich bereite inzwischen das Frühstück vor..?", fragte Seokjin, der die Beiden eine ganze Weile schon beobachtet hatte und sich ebenfalls Sorgen machte, dass das aufgeweckte Mädchen tatsächlich nicht länger bei ihnen bleiben durfte. Anfangs war er derjenige gewesen, der sich am stärksten gegen das neue Familienmitglied gesträubt hatte. Mittlerweile würde er seinem vergangenen Ich am liebsten eine verpassen für diese haarsträubende Denkweise gegenüber dem liebenswürdigen Kind. Er würde sie beschützen. Und nicht nur das. Er würde auch Jimin beschützen wollen, der immer noch am Rand der Klippe tanzte.

Was Jimin nicht wusste war, das Jin nach den Kopfschmerztabletten gesucht hatte und im kleinen Schrank keine fand. Er konnte nicht wissen, dass der Älteste ihn die ganze Zeit im Auge hatte, Bescheid wusste, aber es nicht ansprechen würde. Nicht jetzt, nicht morgen. Irgendwann, wenn es sich eignen würde.

,,Klingt gut, oder was meinst du?", fragte Jimin seine Tochter, ließ von ihr ab und warf Jin einen dankbaren Blick zu, als das Mädchen mit ihrer vertrauten Energie losrannte und die Treppen hinauf polterte, um nacheinander den Rest der Band zu wecken. Seokjin nickte und erwiderte das Lächeln etwas gequält, sah Jimin nach, der hinter seiner Tochter her joggte und dem erschrockenen Schrei Hoseoks folgte.

Wie konnte er sie nur beschützen, seine Familie?

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PAPA || pjm.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt