t w e n t y - o n e

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,,You never were a part in my life and never will be"

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Als sie am Abend wieder am Dorm ankamen, waren sie alle fertig mit ihren Nerven. Eine Dusche, etwas zu Essen und dann sein Bett: das war sein Wunsch. Allerdings gingen die Wünsche eines gewissen Kindes momentan über die Seinen.

Naeun, die Zwischendurch schon immer die Möglichkeit hatte, ein kurzes Nickerchen zu machen, war dementsprechend jetzt noch ziemlich wach. Jimin segnete Taehyung dafür, dass er noch die Kraft dafür hatte, mit dem Mädchen herum zu tanzen und zu albern, um sie wenigstens ein wenig auszupowern, bevor sie dann schlafen gehen musste. Es war nämlich bereits Halbzehn, als sie zu Hause ankamen.

Jeder verschwand augenblicklich, um sich schlafen zu legen oder zu duschen; denn morgen würde es in demselben Tempo weitergehen. Jimin gähnte und nickte Taehyung dankbar zu, der Naeun auf dem Arm hatte und ihn die ganze Zeit aufgedreht bat, sämtliches vorhandenes Obst zu zerschneiden. Während sich das Idol die Treppen hoch schleppte, fiel ihm auf, dass er dazu momentan absolut gar keine kraft mehr hätte.

Er duschte sich kurz heiß ab, zog sich etwas Bequemes an und wollte dann eigentlich auch wieder runter, um Naeun schlafen zu legen und Tae zu entlasten, griff dann allerdings noch nach seinem Handy. Als er sich gewaschen hatte, kam ihm der Gedanke, sich nochmals bei Sohye zu bedanken, dass sie der Band sehr wahrscheinlich ermöglicht hatte, Naeun mit zu nehmen. Da er die Treppen in dem Apartment auch im Dunkeln herunter gehen konnte, ging er auf den Chat mit ihr und tippte die wenigen, gut gemeinten Worte in die Leiste und drückte auf Senden.

,,Papaaa!", kicherte Naeun überglücklich und rannte durch das Wohnzimmer, direkt in seine Arme. Er steckte das Handy in seine Hosentasche und hob Naeun hoch, drehte sich und sie einige Male um ihre eigenen Achsen, ehe er die Fünfjährige wieder sicher auf dem Boden abstellte. Sie griff sich sofort seine Hand und zog ihn mit zum Sofa, auf dem Seokjin und Hoseok saßen. Letzterer hatte seinen Kopf auf dem Polster der Couch hinter sich abgelegt und war bereits weg, Jin hatte seinen Kopf in seine Hand gestützt und Taehyung war der Einzige, der irgendwie ganz ähnliches Interesse wie Naeun an dem im Fernseher laufenden Kinderfilm zeigte.

,,Setzt dich hier hin", befahl sie ihm und klopfte auf das Kissen neben sich. Sie hockte vor dem Couchtisch, um ihre Mandarinen über dem Teller essen zu können. Gerade wollte Jimin sich zu ihnen gesellen, da surrte sein Handy. Er dachte zuerst, dass es die Sozialarbeiterin war, die ihm geschrieben hatte, dabei war es jemand völlig Anderes. Seine Mutter.

,,Das ist das Letzte Mal, dass ich mich wiederhole: Ruf' deinen Vater an."

Zu wievielten Mal kam das jetzt? Er hatte die Nase gestrichen voll.

,,Entschuldigt mich..", murmelte Jimin benommen und steuerte auf den Balkon zu, suchte in den Kontakten die Nummer seines Vaters heraus. Vorsichtig schob er die Tür hinter sich zu, hatte die drei aufmerksamen Blicke bemerkt, von denen Einer in ganz besonders stark gemustert hatte.

Jimin tippte auf den grünen Hörer und hielt sich das Gerät an sein Ohr, lauschte dem dumpfen Tuten der noch leeren Leitung. Die eisige Luft zog an seinem Körper vorbei, drang durch das dünne Shirt und kroch auch allmählich durch seine Jogginghose. Ungeduldig trat er von einem Bein auf das Andere. Als dann jedoch abgehoben wurde, verstummte er. Das Frösteln unterdrückte er, er ignorierte die Kälte. Er hörte sogar kurz auf zu Atmen, als sich sein Vater endlich räusperte.

,,Ich dachte schon du würdest nicht mehr anrufen", raunte die leicht verzerrte, vorwurfsvolle und dunkle Stimme, die dem Idol einen Schauer über den Rücken schickte, der schlimmer war, als die frische Luft es je schaffen würde.

,,Nachdem ich so oft damit beauftragt wurde..."

,,Ich hab ihr bereits nach dem zweiten Mal gesagt, dass sie es lassen soll."

,,Hätte ich mir schon denken können, dass es nicht Mama alleine war..", lachte Jimin humorlos auf, seufzte dann leise: ,,Du warst schon immer ein Meister darin, anderen Befehle zu erteilen."

,,Ist dein Respekt gegenüber mir gar nicht mehr vorhanden?"

Jimin hob seinen Kopf, schaute über die Brüstung des Balkons hinaus. Die Erinnerungen an seinen Vater, seine Kindheit kamen wieder hoch. Ganz schnell schluckte er sie wieder herunter. Er hatte schon lange mit diesen Themen abgeschlossen. Er wollte nicht länger über die Zeit nachdenken, in der er alles in seiner Macht stehende für ein kleines Bisschen Aufmerksamkeit getan hatte. Und dann eines Tages, gab er es auf. Er erfuhr damals einen Sinneswandel - wortwörtlich durch die Hände seines Vaters. Die Narben trug er bis heute tief in seinem Herzen, jeden Tag bei sich.

,,Ich habe gelernt, dass man sich den Respekt verdienen muss."

,,Du undankbares Gör hast doch keine Ahnung davon, was Respekt überhaupt ist."

,,Oh ich glaube schon. Und vor dir werde ich gewiss keinen haben. Nie wieder. Du bist bei mir durch, schon seit damals. Wieso rufst du mich überhaupt noch an?"

,,Weil du der Erstgeborene der Park Familie bist. Du hast auch noch eine Mutter, die jeden Abend um ihre zerbrochene Familie weint und einen kleinen Bruder, der Gott sei Dank kein Vorbild in dir sah, aber dich dennoch vermisst. Wenn es alleine nach mir ginge, hätten wir dich bereits vergessen."

Als eine weiterer, kühler Windhauch über den Balkon fegte und Jimins Haar zerzauste, an seiner Haut und seinen Klamotten zerrte, spürte er die Kälte endgültig nicht mehr. Auch wenn er glaubte, bereits abgeschlossen zu haben, so würden diese Wunden nie wirklich verheilen können. Und so sehr er sich auch dagegen wehrte, sie rissen jedes Mal wieder von Neuem auf. Und statt dass der Schmerz weniger würde, pulsierten die Wut und der Hass immer stärker in seinen Adern.

,,Du bist doch Schuld an alledem", presste Jimin zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, seine Hand ballte sich zur Faust, er krallte sich regelrecht an das Handy.

,,Du bist es, der unsere Familie auseinanderriss. Wegen dir weint Mama. Und wage es ja nicht so über Jihyun zu sprechen - du solltest dem Herrn lieber danken, dass er auch mich hatte und nicht an dir verkommen ist."

Dann sagte sein Vater eine Weile gar nichts mehr. Das Schweigen bedeutete allerdings nur, dass sich der kaltherzige Mann nun sehr bedacht die folgenen Worte zurecht legte.

,,Also denkst du bis heute ich bin Schuld? Du bist es doch, der einfach gegangen ist."

In Jimin lodert ein solcher Hass, den er seinem Vater am liebsten mit voller Wucht in sein Gesicht schleudern würde. Er wusste, dass dieser in seinem Arbeitszimmer am Fenster stand und hinausschaute, wie Jimin gerade ebenfalls auf die Nachtlichter der vielen anderen Apartmentkomplexe. Er wusste, dass sein Vater sich jetzt zufrieden auf seinem Schreibtischstuhl sinken ließ. Schon seither fand dieses Monster Genugtuung an dem Leid seines eigenen Sohnes. Und jetzt.. jetzt musste es einfach raus. Wieder mal zerbrach etwas in Jimin und wieder mal war er seiner Naivität folgend, auf seinen Erzeuger rein gefallen. Unterbewusst versuchte er noch immer das Gute in diesem zu sehen. Aber es scheint nur die Dunkelheit in ihm zu wohnen.

,,ACH JA? UND WEM ZULIEBE HABE ICH DEN ÜBERHAUPT ANGEFANGEN MICH BEREITS SO FRÜH NACH EINER KARRIERE UMZUSCHAUEN?"

,,DU SOLLTEST EINEN VERNÜNFTIGEN BERUF ERLERNEN UND STUDIEREN, JUNGE! DENN SIEH DICH DOCH JETZT AN! FÄRBST DIR JEDEN TAG DIE HAARE; SCHMINKST DICH WIE EIN MÄDCHEN UND HAMPELST VOR ALLER WELT HERUM! DU ERNIEDRIGST DICH UND UNSERE-"

,,HALT DEINE SCHEIß KLAPPE!", rutschte es Jimin geschmeidig über die Lippen, der nun eindeutig genug hatte: ,,DU HAST MIR REIN GAR NICHTS ZU SAGEN; DU SOLLST DICH AUS MEINEM LEBEN RAUSHALTEN: DU HAST DICH NIE FÜR MICH INTERESSIERT UND HAST ES EBEN WIEDER BESTÄTIGT. WENN DIR MEIN RESPEKT DENNOCH SO WICHTIG IST, DANN HÖR AUF UND VERPISS DICH DORTHIN, WO DU HERAUSGEKROCHEN KAMST! ICH HASSE DICH!"

Er beendete den Anruf, bevor sein Vater etwas erwidern konnte und ließ den Arm langsam sinken, erzitterte nun wieder. Er nahm langsam wieder die Minusgrade war, die seine Glieder nun erbarmungslos zum Zittern brachten und auch die Tränen, die ihm in Unmengen über die Wangen tropften.

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PAPA || pjm.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt