s e v e n t e e n

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,,Why, if even they don't love me?"

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Es war ihm warm. Lange war ihm nicht so warm gewesen, als er aufwachte. Er wunderte sich, runzelte ein wenig die Stirn. Ansonsten war ihm immer kalt gewesen. Die Heizungen drehte er nie auf, sie halfen ihm nicht wirklich. Und selbst wenn er sich dick anzog und unter der Bettdecke versteckte, so schaffte es die Kälte trotzdem noch, sich zu ihm durch zu fressen und in seinen Körper zu dringen, egal wie sehr er sich dagegen wehrte.

Aber jetzt war es ganz anders. Er wachte mit einer so wundervollen Wärme in sich auf, einem so wunderbaren Gefühl auf seinem Körper, das es seinen Mund zu einem Lächeln verzog. Jimin spürte weiche Fingerspitzen über seine Lippen fahren, seine Wangen und seine Nase. Ganz leicht strichen sie seine Augenlider und Stirn entlang, ehe sie sich in seinen Haaren verloren. Als er dann das helle, melodische Lachen von ihr hörte, erinnerte er sich wieder, wem genau er dieses schöne Gefühl des Wohlbefindens zu verdanken hatte. Er öffnete die Augen, um Naeun in die Augen zu schauen, die ihn mit dem herzlichsten Grinsen begrüßte, zu dem ihre Mimik im Stande war.

,,Guten Morgen, Papa", flüsterte sie mit Bedacht, ganz behutsam, um ihn nicht zu schnell aus dem Schlaf zu reißen. Er verspürte den Drang sie an seine Brust zu ziehen, sie fest zu knuddeln und ihr zu sagen, wie sehr er sie bereits ins Herz geschlossen hatte. Gemeinsam würden sie durch das Bett rollen, durch das Zimmer toben und so frei und laut Lachen, dass ihm anschließend der Kopf schmerzen würde.
Allerdings spielte sich das vorerst nur in seinen Gedanken ab, würde auch vorerst nur ein Zukunftsszenario in seinem Verstand sein. Er fühlte sich schlichtweg einfach noch nicht dazu bemächtigt, sich ihrer wahrhaft als eine Tochter anzunehmen. Sein Herz hatte sich bereits in sie verliebt, aber sein Verstand und die Vernunft, die hier mehr als überflüssig sein sollte, hielten ihn zurück.

,,Guten Morgen, Naeun", seufzte er also ebenso leise und setzte sich auf. Jimin hoffte, dass sich irgendwann die Vorstellung von ihm und einem so freien Morgen verwirklichen würde, er hoffte und wünschte es sich, aus tiefster Seele.

,,Was machen wir heute?", fragte sie und streckte ihre Muskeln durch, kniete sich hin, während sie ihrem Vater dabei zu sah, wie er seinen Pullover vom Boden nahm und sich diesen über den Kopf zog. Er zog eine Jogginghose aus dem Schrank und schlüpfte in diese hinein, drehte sich dann mit einem Lächeln zu Naeun, deren Haare ihr Gesicht wie eine prachtvolle Krone umrahmten: ,,Wir bekommen heute Besuch. Und zwar von Sohye. Sie wird nach dir sehen und schauen wie es dir geht."

,,Mir gehts supeeeer!", lachte die Fünfjährige und war aufgestanden, von dem Bett dann auf den Rücken von Jimin gesprungen, dessen Arme sich sofort sichernd unter ihre Beine geklemmt haben. Er atmete seinen Schock heraus, während das Mädchen ungeduldig auf seinen Schultern trommelte: ,,Schließlich habe ich doch dich!~"

Jimin musste wieder lächeln, als er sie herunter ließ und ihr hinterher sah, als sie aus dem Raum düste, um in ihr Zimmer zu gehen und sich selbst an zu ziehen. Er wollte, dass seine Existenz ausreichen würde, nicht nur, um sie glücklich zu machen und das Jugendamt zufrieden zu stellen.. sondern um selbst einfach einmal in seinem Leben, irgendwie genug zu sein. Mal nichts besonderes Leisten zu müssen, sich nicht bis an seine Grenzen quälen - einmal so geliebt und akzeptiert zu werden, wie er war.

Bevor er sein Zimmer verließ, nahm er sich sein Handy, auf dessen Display die Benachrichtigung von einer ungelesenen Nachricht aufleuchtete. Der Umriss des Lächelns, der noch über geblieben war, verschwand schlagartig. Anstelle des sanftmütigen Ausdrucks von eben, wurden seine Augen nun von einer Dunkelheit dominiert, die der Kälte gleich kam, die ihn Nachts so oft heimsuchte. Es war eine Nachricht von seiner Mutter.

,,Ruf deinen Vater an."

Mehr war es nicht. Kein 'Wie geht es dir?' oder 'Hast du viel zu tun?'. Kein gar nichts. Seine Eltern erkundigten sich weder nach seinem Wohlbefinden, ob er sich nun wieder überarbeitete oder wieder unter dem Druck und den Erwartungen zusammen brach, noch zeigten sie irgendein Interesse an ihrem Erstgeborenen. Sie hatten ihm auch sehr lange nicht mehr gesagt, dass sie ihn liebten. So lange, dass Jimin schon längst das Vertrauen in sie und sich selbst verloren hatte. Dieses  fragwürdige Verhältnis zu seinen Eltern hat Dazu bei getragen, dass er heute eine solche Moral gegenüber sich selbst vertritt. Wenn selbst die Menschen, die ihn geboren hatten, keinen Sinn darin sahen, ihm ein wenig Zuwendung zu schenken, wieso sollte es dann jemand Anders? Wieso sollte er selbst sich dann noch kümmern?

Schnell steckte er das Handy in seinen Pulli, wollte es schnell aus den Augen, aus dem Sinn haben, als er sich ins Wohnzimmer des Apartments begab. Er wollte nicht an seine Familie denken, die sich nicht für ihn scherte, sondern sich lediglich der zuwenden, die noch für ihn da war. Und selbst wenn sie ihn allesamt täuschten und ihm etwas vorspielten, so brauchte er doch diese Zugehörigkeit. Diese süße Lüge wäre tausend mal besser, als die bittere Wahrheit.

,,Bei Papa sah es irgendwie schöner aus", kam es von Naeun, die sich mit dem Vogelnest ihrer Haare im Spiegel betrachtete, und einem zutiefst gekränkten Hoseok somit den Gnadenstoß erteilte.

,,A-aber.. das ist das Beste, was ging..", hauchte er und war den Tränen nahe, als das Mädchen sich seufzend das Haargummi aus dem wilden Etwas zog, um ihre Haare danach zu kämmen. Während Namjoon und Taehyung sich genüsslich amüsierten, klopfte Jimin seinem Freund auf den Rücken. Nur er konnte wirklich nachvollziehen, was ein Frust es war, mit dem man konfrontiert wurde.

,,Ich mache dir jetzt einen vernünftigen Zopf", räusperte sich der Jüngste der Band, der nicht länger mit ansehen konnte, wie die schönen Haare der Fünfjährigen so verunstaltet wurden. Und wie sie den Maknae bereits kannten, flocht der Alleskönner ihr einen recht hübschen Zopf, dass das Mädchen ihren Retter in der Not glücklich umarmte. Hoseok und Jimin warfen Jungkook verbitterte Blicke zu, fanden beide, dass sie diejenigen sein sollten, denen die Umarmung zuteil werden sollte, nach dem Leid, das sie aushalten haben müssen.

,,Ich denke ich muss euch heute Abend mal zeigen, wie man flechtet, denn sonst wird die Arme ja nie aus dem Haus gehen können", kicherte Jungkook frech und Hoseok schoss ihn wütend mit einem der Haargummis ab, das allerdings mit voller Wucht im Gesicht Yoongis landete, der zusammenzuckte und dann sorgfältig sein Handy verstaute, in das er zuvor noch tief versunken war. 

,,Ein ganz normaler Morgen", murmelte Jimin mehr zu sich selbst, als Naeun und er das Spektakel betrachteten. Hoseok schrie und rannte vor Yoongi davon, der sich wiederum mit Taehyungs Schuh revangieren wollte, den er spontan vom Boden gehoben hatte. Da es Taehyungs Lieblingsschuh war, lief dieser ebenfalls hinter den Beiden her. Jin schloss sich dem Ganzen dann an, verurteilte einerseits ihre fehlerhafte Vorbildfunktion und versuchte sie zusammen zu scheißen dafür, dass sie vor Naeun fluchten. Jungkook erstickte halb an seinem eigenen Lachen, während Namjoon sich angestrengt die Schläfen massierte.

Dann klingelte es und Jimin schickte ein Stoßgebet gen Himmel, gefolgt mit einem Mittelfinger an sein Schicksal. Sohye hatte sich wirklich den passendsten Moment ausgesucht, um vorbei zu kommen und die Kompetenz der Sieben auf die Probe zu stellen. Ob der Beistand eines Gottes da ausreichen würde?

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PAPA || pjm.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt