21(I): Tot diskutierte Loyalität

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Zuma konnte es kaum fassen, dass er mich nicht in den Raum, in dem Cyril und ich uns gegenüber saßen, nicht betreten durfte. Noch einige Minuten hörte ich seine Stimme von draußen, die ungehindert durch die wehenden Vorhänge drang.

„Für einen Piraten scheint der Mann in Schwarz ziemlich auf Euch fixiert zu sein", merkte Cyril an und reichte mir ein Glas mit einer milchigen Flüssigkeit.

„Zuma ist kein Pirat", erklärte ich rasch und nahm das Glas an mich. „Er ist mein Wächter und ist schon seit meinem zehnten Lebensjahr an meiner Seite."

„Dann kann ich nachvollziehen, warum er sich so echauffiert", Cyril nahm einen Schluck und ich tat es ihm gleich. Das Getränk schmeckte nicht nach Milch und war wesentlich flüssiger als gedacht. Es roch nach einem Kraut, das ich nicht kannte und schmeckte etwas süßlich. Der junge Mann beobachtete mich neugierig. „Wieso habt Ihr Euer Leben einem Piraten anvertraut, wenn Ihr auch die Heirat mit dem zukünftigen Herrscher Luporas hättet eingehen können?"

„Weil Valor niemand ist, dem ich vertrauen kann", ich verschluckte mich, weil meine Antwort mir selbst komisch erschien. „Natürlich sind Piraten auch nicht gerade die vertrauensvollsten Menschen, aber ich sah zu der Zeit keinen anderen Ausweg. Meinen Vater wollte ich in meine Flucht nicht einweihen, damit Valor keinen Grund hat, ihm etwas anzutun."

„Ihr seid sehr mutig", gab er zu.

„Oder sehr dumm", entgegnete ich und lehnte mich ein wenig zurück, als er lachte. „Wie dem auch sei, ich möchte wirklich keinen Krieg erzwingen, doch Lupora muss Einhalt geboten werden."

„Ich kann mir ebenfalls Besseres vorstellen, als einen Krieg zu führen." Cyril sah auf den gedeckten Tisch und fischte sich eine Traube aus der Schüssel vor ihm. „Felior war nie ein starkes Land. Wir sind Fischer, nicht mehr und nicht weniger. Einzig aufgrund unseres langen Bestandes sind wir als Königreich aufgestiegen. Selbstverständlich würden wir uns unser Land nicht kampflos nehmen lassen, aber anscheinend haben sich die anderen Nationen nie um ums geschoren. Das soll so bleiben."

„Verzeiht, doch ich denke nicht, dass das möglich ist", widersprach ich ihm. „Zumindest nicht, solange Ihr mir Unterschlupf gewehrt. Xylon Dalibor aus Minerra ist uns auf den Fersen und er wird Valors Willen nachkommen, was bedeutet, dass er mich nach Lupora verschleppen wird."

„Und wie soll ich dabei ins Spiel kommen?", fragte er und winkelte sein Bein an, sodass er sein Kinn aufs Knie legen konnte.

Sicher wollte er wissen, was genau ich von ihm verlangen würde. Seine Hilfe und eine erste Ruhepause hatte er mir bereits bereitwillig gegeben. Forderte ich nun mehr, würde ich ihm eine Gegenleistung anbieten müssen, doch ich besaß keinen Reichtum und keine Macht, die ich ihm geben könnte.

„Ich kann Euch jetzt nichts für Eure Hilfe anbieten, außer ... Außer dem, wovor ich geflüchtet bin", ich erschauderte, sprach jedoch weiter. „Wenn Ihr es bereichernd für Euer Land haltet, dann werde ich Eure Frau."

„Bitte nicht", entgegnete er und ich schreckte zurück. „Nein, nein!", lachte er, als er meine Reaktion sah und setzte sich wieder gerade hin. „Ich wäre nicht abgeneigt, jemanden wie Euch zu meiner Frau zu nehmen, aber ich würde doch lieber jemanden heiraten, den ich liebe. Eine Frau, die ich mir selbst aussuche und die mich um meiner Willen möchte."

Entsetzt starrte ich ihn an. Es störte mich selbstverständlich nicht, dass er mich nicht heiraten wollte, denn ich wollte ihn ebenso wenig heiraten. Allerdings nahm er mir so meine einzige Möglichkeit, für seine Unterstützung zu bezahlen. Alles in allem fühlte ich mich bei diesem Angebot unwohl und mein Herz donnerte wie wild gegen meine Brust, weil ich nun wusste, dass er auf keine politische Hochzeit und einen Zusammenschluss unserer Länder aus war. Aber was könnte ich ihm dann geben?

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