"Sky, pass auf, dass du nicht über die Wurzeln stolperst"
Verwirrt drehe ich mich um. Meine Mutter.
Sie trägt ein graues Leinenkleid und lächelt. Als ich mich selber anblicke, bemerke ich, dass ich ein blaues Hemd und einen schwarzen Rock trage. In meiner Hand befinden sich ein paar Kräuter und meine Mutter beugt sich zu mir.
"Was hast du denn gefunden? Achso, das ist Orchenblatt. Pass auf, dass du davon nichts isst, Sky. Davon bekommst du Bauchschmerzen", erklärt meine Mutter und ich schließe kurz die Augen.
Ich habe ihre Stimme so lange nicht mehr gehört. Jedes Wort aus ihrem Mund klingt so, als wäre es ein eigenes Lied, eine eigene Melodie.
"Sieh dort hin!", sagt meine Mutter ganz leise und deutet hinter mich. Ich drehe mich um.
"Siehst du diese dunkelblauen, fast schwarzen Beeren? Das sind Nachtriegel. Iss sie niemals, denn sie sind tödlich. Sofort"
Ich blicke meine Mutter an. Ich hänge an ihren Lippen, jedes Wort von ihr sauge ich in mich auf.
Ihre Augen sehen bekümmert aus, als sie diese Beeren ansieht. Wieso wohl?
Ohne weiter darüber nachzudenken, springe ich auf und laufe durch die Büsche, meine Mutter folgt mir lachend.
Erinnerungen kommen in mir auf.
Das ist die Lichtung, auf der wir manchmal ein Picknick gemacht haben. Dort hinten ist der Baumstumpf, an welchem einige Pilze wachsen und auf dem immer mein Vater saß, während meine Mutter und ich Beeren gepflückt haben.Ich drehe mich zu meiner Mutter.
"Mama..."
"Ja?" Besorgt streicht sie mir eine Haarsträhne hinters Ohr.
"Ich vermisse dich"
Meine Stimme ist rau und heiser, als ich hätte ich seit Jahren nicht mehr geredet.Meine Mutter blickt mich liebevoll an, aber ich entdecke eine winzig kleine Träne an ihrer Wange hinab laufen.
"Ich dich auch, Sky", flüstert sie und drückt mich an sich. Ihre Umarmung fühlt sich so warm an. Ich habe diese Umarmungen vermisst.
Ich hasse meine Mutter nicht. Das dachte ich früher. Ich dachte ich würde sie hassen, weil sie ohne meinen Vater und mir weglaufen wollte.
Jetzt weiß ich, dass es nur Schmerz war, nur unglaubliche Trauer. Es ist einfacher jemanden zu hassen, als um ihn zu trauern.
Hätte ich es ihr nur vor ihrer Hinrichtung gesagt. Hätte ich ihr doch bloß gesagt, dass ich ihr verziehen habe...
Als ich aufwache, blicke ich verwirrt um mich. Wo ist Marvel, wo sind die anderen?
Dann erinnere ich mich. Ich bin weggelaufen. Was mache ich jetzt?Langsam richte ich mich auf und blicke mich um. Ich liege tief in einem Busch und da ich beim Schlafen ein paar Blätter auf mich selber gelegt habe, habe ich hier sicher gelegen.
Aber jetzt?
Mein trockener Hals erinnert mich daran, dass ich dringend eine Wasserquelle finden muss. Soll ich zurück zum See? Aber was ist, wenn die Karrieros schon zurück gekehrt sind?
Für den Anfang sauge ich etwas Saft aus dem Apfel, damit ich wenigstens ein wenig Flüssigkeit aufnehmen kann.
Dann springe ich auf, packe meinen Schlafsack in den Rucksack und laufe weiter. Ich weiß selber nicht wohin. Es könnte sein, dass ich wieder Richtung Füllhorn gehe, oder aber auch nicht.
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Fᴜᴄʜsɢᴇsɪᴄʜᴛ ✓
Fanfic«Hast du Angst, Sky?» «Ja», erwidere ich ehrlich. «Ich habe Angst zu sterben. Aber ich habe auch Angst davor, meinen Vater alleine zu lassen. Und diese Angst ist größer.» _________________________ Sky Wiler ist eine der Tribute in den 74. Hungerspie...