Das Porzellanmädchen [✔]

Das Plektrum

-Alice
Es ist tatsächlich schon vorbei. Das ist jetzt schon einer der besten Tage meines Lebens. Das weiß ich. Die Jungs verbeugen sich und erzählen, sie würden jetzt zum Merchstand rüber gehen. Jetzt ist also der perfekte Zeitpunkt, Merch zu kaufen. Ich richte mein viel zu großes Shirt und quetsche mich durch den Klumpen voller Menschen, die aufgeregt nach ihren Taschen greifen und sicherlich den selben Plan haben wie ich. Fast da, Alice! Ich sehe schon das große Schild im Hintergrund des Merchstandes und hoffe, die Jungs stehen dort noch alleine. Ja, sicher..., Moment, was wirst du überhaupt sagen? Kurz vorm Stand drängelt sich ein großes Mädchen vor und greift ein wenig fest nach Hennings Hand. Flüchtig begrüßt sie ihn und fragt nach einem Foto.

-Henning
Ein Mädchen mit einem leichten Lächeln im Gesicht drängelt sich vor SIE. Mein Blick bleibt an dem Mädel hinter ihr haften, aber dann konzentriere ich mich wieder auf sie. Wir machen ein Foto und sie kauft ein Tridem-Shirt. Dann ist sie weg und meine Singpartnerin tritt verlegen an unseren Stand. Ich bekomme eine leichte Gänsehaut bei ihrem Anblick. Von nahem ist sie noch hübscher, als vorhin auf der Bühne.

-Alice
Bleib ruhig Alice! Er ist doch auch nur ein Mensch. Verunsichert komme ich den Jungs Schritt für Schritt näher, bis uns weniger als eine Armlänge trennt. Henning sieht fertig aus, aber er lässt mein Herz ein wenig springen. Chrissi und Sevi fragen, wie ich heiße und ob ich denn etwas kaufen möchte. Ich antworte nicht. Henning hat mich in seinen Bann gezogen. Kurz schauen wir uns intensiv in die Augen bis mir bewusst wird, dass die Jungs mich ja etwas gefragt haben und ich wohl besser antworten sollte. "Ich.. ich heiße Alice und natürlich möchte ich etwas kaufen. Am liebsten alles. " von meinem eigenen Satz peinlich berührt schaue ich zurück zu Henning.

-Henning
Ein Lächeln zuckt in meinem Mundwinkel bei ihren Worten, dennoch kann ich meinen Blick nicht von ihr lösen. ,,Alles? Sind wir so toll?", Frage ich leicht arrogant. Sie wird rot und lässt ihre Haare vor ihr Gesicht fallen. Sanft sage ich:,, Hey, das war nur ein Spaß. Was möchtest du denn nun genau kaufen?" Keine Antwort. Unentschlossen schaue ich zu Sevi, doch der grinst mich nur blöd an und wackelt mit den Augenbrauen. Leicht hebe ich mit meinen Fingerknöcheln ihr Kinn an. ,,Hm?" sie ist wie erstarrt und starrt erschrocken von meinen Finger und zu mir. Ich lege den Kopf schief. Sie öffnet den Mund zwei Mal und schließt ihn wieder, als wolle sie etwas sagen. Sanft ziehe ich meine Hand zurück. ,,Alice? Wir beißen nicht." Ich lache verlegen.

-Alice
Völlig verdutzt schaue ich in die Gesichter der Jungs. Ist das gerade wirklich passiert? "Ich.. ich, also ich hätte gern ein Shirt. Und ich habe mein Plektrum mitgebracht.. es wäre wirklich toll, wenn ich das-" ich werde unterbrochen. Die Leute hinter mir drängeln und fangen an, mir böse Blicke und Gestöhne entgegen zu werfen. "Ich sollte wohl besser gehen." sage ich traurig und ein wenig zu leise, aber die Jungs haben mich verstanden. Mein Herz rast. Ich bekomme langsam Angst vor der wütenden Meute hinter mir und rücke zur Seite. Sevi reicht mir das Shirt und fragt nach dem besagten Plektrum. Er wollte es mitnehmen, wenn es hier etwas ruhiger wird und dann würden sie es alle für mich unterschreiben. Er bietet mir einen Stuhl hinter dem Stand an. Ich nehme das Shirt, drücke es in meine Tasche und setzte mich auf den etwas abgeranzten Plastikstuhl. Die Leute schauen wieder in meine Richtung und verunsichern mich mehr und mehr. Ich senke den Kopf und versinke im Gedanken.

-Henning
Ich werfe einen Blick zu dem vollkommen verunsicherten Mädchen hinüber. Sie scheint isoliert zu sein. Sevi, Chrissi und ich wickeln schnell die Übergabe von Merchandise, Einnahme von Geld, Autogramme geben und Fotos machen ab. Aber die ganze Zeit liegt mein Blick auf ihr, wie sie da sitzt. Vollkommen einsam und verlassen, sie wirkt so zerbrechlich wie eine Porzellanfigur. Ein Muskel in meinem Kiefer zuckt bei einem Blick auf die Menge. Nur weil die Leute nicht warten können und drängeln, hat dieses Mädchen komplett die Kontrolle verloren. Ich frage mich, wo dieser plötzliche Beschützerinstinkt herkommt. Ich kenne sie nicht mal. Mit zusammengebissenen Zähnen reiße ich mich am Riemen und bediene freundlich die letzten Leute. Jetzt sind alle durch. Ich spüre Alice Blick auf mir und wende mich ihr zu. Sie erwidert meinen Blick. ,,Also....?" Verunsichert holt sie ihr Plektrum raus und lässt es von uns unterschreiben.

-Alice
Ich könnte jetzt wirklich eine Umarmung gebrauchen. Henning überreicht mir das unterschriebene Plektrum und ich stecke es unbeholfen in meine Jackentasche. Mein Herz rast immer noch, aber Henning strahlt eine gewisse Ruhe aus, die mich ein wenig beruhigt. Er lächelt mir zu, aber sein Blick stellt tausend Fragen. Ich weiß, es ist Zeit zu gehen und verabschiede mich schon fast herzlos von den Jungs. Was ist nur mit dir? Ich begebe mich Richtung Tür, aber drehe wieder um und und gehe zurück zu den Jungs. Ich habe mich noch gar nicht richtig bei ihnen bedankt. Sie finden mich sicherlich ziemlich... fragwürdig.