Zusammen

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-Alice
Tausende Blicke treffen mich. Und ein "Jetzt versteh ich's." von Martin. Ich laufe rot an und versinke im Blickkontakt mit Henning. Mit meinen Lippen forme ich "Ich liebe dich auch. Über alles." in der Hoffnung, dass er gut im Lippenlesen ist. Schon wieder hat es dieser Mann geschafft, mich vor Freude, vor Glück und vor allem vor Liebe zum Heulen zu bringen. Ich blicke ins Publikum und sehe ein Grinsen nach dem anderen. Es fühlt sich komisch an, kurz im Mittelpunkt zu stehen. Ein Lachen ziert mein Gesicht und ich starre wieder auf die Bühne. Beobachte jede kleine Geste von Henning. Das Tippen auf dem Mikrofonständer. Das Wippen seiner Füße. Die funkelnden Augen, die auf die bunten Lichtstrahlen treffen. "Ich liebe dich", flüstere ich, während das Publikum wieder total in seinem Element ist. Die Leute jubeln und schreien Liebesbekundungen in Richtung Bühne, als das Lied sein Ende findet. Aber dieser Mann.. er gehört mir. Nur mir. Ihr seid zu spät.

-Henning
Alice und ich schauen uns während des letzten Songs die ganze Zeit an. Es scheint, als bestände ein unsichtbares Band zwischen uns. Unsere Mimik und Gestik reagiert aufeinander, ich kann durch ihre Augen in ihre Seele schauen und erkenne die bedingungslose Liebe in ihnen. Immer wieder formen ihre Lippen die drei allseits bekannten Worte und jedesmal beginnen meine Augen zu funkeln. Das Cover ist schnell vorbei und wir verneigen uns. Die Jungs grinsen mir zu, Alice hebt beide Daumen in die Höhe und der letzte Beifall der Menschen vor uns scheint nie zu enden. Doch auch dieser Auftritt geht irgendwann vorbei, wir verlassen die Bühne. ,,Also... Wenn das nicht romantisch war, weiß ich auch nicht.", murmelt Sevi und kneift mich in die Seite. Unser Gelächter treibt uns vorwärts. Ein weiterer gemeinsamer Auftritt. Ein weiteres Ereignis, was unsere Freundschaft besiegelt. Draußen vor dem Gebäude rauchen wir zusammen eine Zigarette. Das ist so Ritual und wird auch immer so bleiben. Ich schreibe Alice eine schnelle SMS: ,,Wir sehen uns im Hotel.
Ich liebe dich."

-Alice
Als sich die Halle langsam leert, suche in den Weg zurück zu meinen Eltern. Zusammen mit Emma warten sie ungeduldig am anderen Ende des Raumes. Grinsend komme ich ihn entgegen. Emma wirft mir einen verschmitzen Blick zu, während Mama und Papa Händchen haltend vorauslaufen. Vor der Halle werfen wir uns alle eine Jacke über und machen uns auf dem Weg zum Hotel. Die Nächte sind noch ziemlich kalt, weswegen wir alle schweigend und eingemurmelt in unseren Jacken durch die Straßen Berlins laufen. Angekommen. "Ihr könnt schon mal reingehen. Ich warte hier auf Henning und dann treffen wir uns alle im Speisesaal und essen erstmal was." Zitternd stehe ich vor der gläsernen Eingangstür des Hotels und betrachte die vorbeifahrenden Autos.

-Henning
Kaum ist die Zigarette aufgebraucht, fahren wir los, nachdem wir unsere Instrumente wieder in den roten Van geladen haben. Tatsächlich steht Alice schon vor uns vor der Tür und erwartet unsere Ankunft. Als sie das Auto vorfahren sieht, beginnt sie zu lächeln. Kaum bin ich ausgestiegen, steht sie vor mir und umarmt mich innig. ,,Du bist einfach wunderbar, Henning. Ich liebe dich so sehr.", flüstert sie an meinem Hals und ich spüre die Nässe ihrer Tränen, die meinen Nacken benetzen und meinen Hals hinunterlaufen. ,,Ich liebe dich mehr.", raune ich nahe an ihrem Ohr und löse mich sanft von ihr. ,,Nicht weinen...", flüstere ich und wische behutsam ihre Tränen fort. Sie hakt sich bei mir unter und zusammen mit Chrissi und Sevi gehen wir in den Speisesaal, um Abendbrot zu essen. Ihre Familie sitzt bereits an einem Tisch, den sie für uns mit frei gehalten haben. Gemeinsam gehen wir zum Buffet, bestücken unsere Teller mit kleinen Köstlichkeiten und reden während des Essens über Gott und die Welt.

-Alice
Mittlerweile fühlt sich es so an, als müsste das hier alles zusammengehören. Ein Puzzle, was nur einmal auf der Welt existiert. Hier ist es. Wir haben es zusammen gebaut und zusammengeklebt, damit es nicht wieder auseinander fällt. Mit Liebe. Wir diskutieren, lachen, berichten von unseren Highlights des Abends. Es könnte nicht schöner sein. Selbst Papa scheint endlich aufgetaut zu sein. Ob ihm nun endlich bewusst ist, dass er sich keine Sorgen machen muss? Die Stunden vergehen und die Uhr zeigt mittlerweile halb 1. Emma und meine Eltern richten sich auf und laufen Richtung Fahrstuhl. "Alice. Los komm schon." Auch Chrissi hat sich bereits verabschiedet und liegt zufrieden in seinem Bett. Ich löse mich von Henning. "Warte. Ich bin gleich wieder da." Nachdem auch ich aufgestanden bin, zupple ich am Hemd meines Vaters. "Duuu? Ich würde gern bei Henning schlafen.." Sein Blick schwenkt zu Mama, die schon fast im Stehen einschläft, zu Henning und dann zurück zu mir.

-Henning
Ob ihr Vater es ihr erlaubt...? Ich bin ebenfalls mit Severin aufgestanden und stehe nun mit etwas Abstand hinter der Szene, die sich vor mir abspielt... Alice' Vater zögert sichtlich. Sein Blick zuckt von mir zu Alice. Und zurück. ,,Na gut... Aber macht keinen Unsinn, es ist noch zu früh für Enkel." Ein Lächeln zuckt in seinen Mundwinkeln und er wirkt sehr entspannt.
,,Danke, Paps.", sagt Alice und umarmt ihn kurz.
,,Schlaft gut!", ruft sie noch schnell ihrer Schwester und Alva hinterher, dann ist ihre Familie verschwunden und sie kommt zu uns zurück. Ein Lächeln in ihrem Gesicht spiegelt meine Freude über die Entscheidung ihres Vaters perfekt wieder.

-Alice
"Ehrlich gesagt hätte ich nicht erwartet, dass er es mir erlaubt, aber er scheint dich wohl endlich akzeptiert zu haben." Ich fange an zu lachen, nehme Hennings Hand und schwinge sie hin und her. Sevi verabschiedet sich und kann sich einen Witz nicht verkneifen. "Macht nicht zu laut. Sonst gibt's Ärger von Chef." Ich rolle mit den Augen und richte meinen Blick wieder auf Henning, der grinsend Sevi eine gute Nacht wünscht. Auch wir machen uns auf den Weg zum Fahrstuhl.

-Henning
Händchen haltend machen wir  uns auf den Weg in mein Zimmer. Ein Glück, dass ich das Einzelzimmer habe und Chrissi und Sevi sich ein Zimmer teilen, sonst wäre das jetzt... Komisch? Ich schließe schnell die Tür auf, mache das Licht an und ziehe Alice hinter mir her zum Bett. ,,Ehrlich gesagt bin ich hundemüde...", meint Alice und mustert mich unsicher, ängstlich darüber, ob mich diese Aussage wütend, traurig oder vielleicht sogar enttäuscht macht. ,,Alles gut... Ich habe auch das Gefühl jeden Moment einzuschlafen." Erleichtert nickt Alice und verschwindet im Bad, um sich umzuziehen. ,,Ich habe dich eh schon nackt gesehen, du kannst dich auch hier umziehen!", rufe ich ihr lachend hinterher. Sie dreht sich um und wirft mir einen ,,Bitch, please"-Blick, sowie einen Stinkefinger zu. Ich lache in mich hinein. ,,Ich liebe dich auch.", erwidere ich grinsend ihren Mittelfinger-Gruß. Während Alice sich im Bad fertig macht, ziehe ich mir draußen das verschwitzte T-Shirt aus und eine Pyjamahose an. Als Alice wieder rauskommt, flitze ich nur noch schnell hinein, um Zähne zu putzen, dann legen wir uns beide nebeneinander ins Bett. Ihr Kopf liegt auf meiner  nackten Brust und ihr Atem streicht über meinen Oberkörper. Ihr Haar kitzelt meinen Hals. ,,Gute Nacht, Prinzessin..", flüstere ich, aber da ist sie schon eingeschlafen und schlingt ihre Arme um meinen Körper. Ich liebe dich. Und werde dich immer lieben. Wir stehen alles gemeinsam durch, Prinzessin. Du bist ab jetzt diejenige, von der ich jeden Morgen von neuem träume. Und so endet Alice und meine Geschichte hier gar nicht. Das hier ist erst der Anfang.

ENDE

Das Porzellanmädchen [✔]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt