Ein etwas anderes Vorstellungsgespräch

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-Henning
Ich folge Alice schlurfend in mein Zimmer. Sie steht verzweifelt in der Mitte des Raumes und sagt: ,,Henning... Ich habe nichts Frisches zum Anziehen!" Genervt verdrehe ich die Augen. ,,Hinter dir steht ein ganzer Kleiderschrank voll Klamotten." An genau den trete ich nun heran und reiche ihr ein rotes Sweatshirt weiter. ,,Du kannst das haben."

-Alice
"Dankeschön." Ich werfe mir das Sweatshirt über, drücke Henning einen Kuss auf die Wange und stürme ins Bad. "Ich liebe dich.", rufe ich aus dem Flur und schließe die Tür. Im Bad tusche ich mir schnell die Wimpern und kämme mir die Haare. Ein lautes Klopfen reißt mich aus meinen Gedanken. "He, Alice! Beeile dich, ich muss noch duschen!", meckert Sevi durch die Tür. "JAHA", entgegne ich ihm und öffne die Tür. Ich gehe zurück zu Henning, der sich gerade umzieht, und setze mich auf die Kante des Hochbettes.

-Henning
Ich bemerke, wie Alice meinen nackten Rücken mustert, und drehe mich zu ihr um. Augenblicklich wird sie rot. ,,Du brauchst dich nicht dafür zu schämen, dass ich so umwerfend bin...", meine ich lachend und weiche ihren tretenden Füßen aus. Schließlich bin ich auch angezogen und im Bad gewesen. Jetzt müssen wir nur noch auf Chrissi warten.

-Alice
"Sie sind mir einer, Herr May." rufe ich ihm nach, als er das Zimmer verlässt, um sich im Bad frisch zu machen. Fertig und bereit zum Gehen stehen Sevi, Henning und ich im Flur und warten auf Chrissi. Gerade als wir uns beschweren wollten, dass dieser trödelt, klingelt es und Chrissi steht vor der Tür. Mit seinem typischen Chrissi-Lächeln. Wir verlassen die Wohnung und machen uns auf den Weg zu mir. Draußen greife ich nach Hennings Hand. "Es soll ruhig jeder wissen, dass wir zusammen gehören.", sage ich und werfe ein Grinsen in die Runde. Etwa 20 Minuten später kommen wir an unserer Einfahrt an und ich öffne die Tür.

-Henning
Alice' Vater öffnet uns und mustert die Band nacheinander, bis zum Schluss sein Blick an mir hängen bleibt und er lächelt. ,,Kommt rein." Wir kicken unsere Schuhe weg, hängen die Jacken an die Haken in der Garderobe und betreten das Wohnzimmer. Ich lasse mich Händchen haltend mit Alice auf dem Sofa nieder, Chrissi und Sevi flankieren unsere Seiten. Es ist ein merkwürdiges Gefühl hier zu sein, nachdem ich von Papas Unfall hier erfahren habe. Ich muss ihn unbedingt nach dem Besuch hier aufsuchen und ihm vom Auftritt erzählen. Er wird ausflippen. ,,Möchtet ihr Gebäck?", fragt Alva, ganz die Gastgeberin.

-Alice
Mama reicht den Jungs Teller durch und hält erwartungsvoll die Schüssel mit Gebäck vor ihre Nasen. Papa mustert Henning und mich. "Also, um welch wichtige Frage handelt es sich denn?" Nervös spielt er am Stoff des Sessels, als hätten wir ihm gerade gesagt, ich sei schwanger. Aufgeregt erzähle ich vom Auftritt und was für eine Chance das für die Jungs doch ist. Mama setzt sich ebenfalls und hört gespannt zu. Nachdem ich etwa eine viertel Stunde gebraucht habe, um meinen Eltern klar zu machen, wie toll das doch ist und wie stolz ich auf sie bin, komme ich endlich zum Punkt. "Also... Henning.. die Jungs.. ich, ich würde gern mitfahren. Nach Berlin. Zum Konzert." Ich starre meinem Vater ins Gesicht. So wie ich es schon gemacht habe, als ich noch klein war. Wenn ich nicht das bekommen habe, was ich wollte. "Bitteeeeeeeee Bitte Bitte!"

-Henning
,,Auf gar keinen Fall, du alleine in Berlin?"
,,Aber ich bin nicht alleine Papa! Die ganze Band ist dabei!"
,,Kommt gar nicht infrage. Wie kommst du dazu, uns so eine Frage zu stellen? Wir haben in den letzten Tagen schon viel durchgehen lassen, aber das geht echt zu weit! Wo warst du überhaupt letzte Nacht?"
Ich sehe , wie eine Ader an der Schläfe von Alice' Vater beginnt zu pulsieren. Die Jungs schauen ebenfalls entsetzt dem Wortgefecht zu.
,,Das geht dich überhaupt nichts an!", faucht Alice.
,,Nicht in so einem Ton, junge Dame! So bekommst du hier gar nichts zugestanden!"
Alice schlägt verzweifelt die Hände vors Gesicht und beginnt zu weinen.
,,Ich will doch auch nur einmal Spaß in meinem Leben haben, ohne dass ihr euch ständig Sorgen macht, und mich bewacht! Wie jeder normale junge Mensch! Ist das zu viel verlangt?", schluchzt sie. Ich streiche ihr beruhigend über den Rücken.
,,Und was ist, wenn sie einfach alle mit zum Konzert kommen? Die ganze Familie, auch mit Schwester?", erhebe ich das Wort und blicke fragend in die Runde.

-Alice
Schluchzend betrachte ich Hennings Gesicht. Hat er das gerade wirklich vorgeschlagen? Mama stippt Papa in die Rippen. "Na los. Sei doch nicht so streng zu ihr. Entschuldige dich. Außerdem ist das doch eine tolle Idee!" Ein grimmiger Blick trifft Mama, aber es hat gezogen. "Ja, na schön. Vielleicht tut uns so ein Ausflug ganz gut. Außerdem sollten wir den Mann, der unsere Tochter anscheinend sehr glücklich macht, wohl noch ein wenig besser kennenlernen." Ich springe auf und drücke Papa so fest ich kann. "Danke danke danke, ich liebe euch! Ich sag gleich Emma Bescheid!" Ich sprinte an der Couch vorbei und flitze zu Emmas Zimmer.

-Henning
Glücklich seufze ich auf und schaue Alice nach, die begeistert an Emmas Tür hämmert. Ihre kleine Schwester öffnet diese verwundert. Alice fällt ihr um den Hals. ,,Wir fahren zu einem AnnenMayKantereit-Konzert nach Berlin!", quietscht sie Emma ins Ohr, die sofort zusammenzuckt, als hätte sie etwas gebissen. Ich kann mir mein tiefes Lachen nicht verkneifen. Alice' Vater schaut den beiden Schwestern mit einem milden, wohl gesinnten Lächeln bei ihrem kleinen Freudentanz zu. Mein Herz hüpft ebenfalls mit vor Aufregung.

-Alice
Ich springe den Flur entlang und packe Hennings Schultern. "SCHAAAAAAATZ, wir fahren nach Berlin! Das wird so toll!" Papa und Mama sitzen Händchen haltend auf der anderen Seite der Couch und betrachten uns 4, wie wir uns glücklich in den Armen liegen. Ich setze mich auf Hennings Schoß, lege meine Arme um seinen Hals und gebe ihm ein Kuss auf die Wange. Mein Blick fällt auf Papa. "Danke Paps!" Ich weiß genau, was du denkst. Deine kleine Prinzessin hat einen neuen Prinzen.

-Henning
Nachdem ordentlich gedrückt, beglückwünscht und Hände geschüttelt wurden, verabschiede ich mich herzerreißend von Alice, da ihre Eltern darauf bestehen, dass sie endlich mal wieder Zuhause schläft. ,,Wir sehen uns bestimmt nochmal irgendwie vor dem Abreisetag, Prinzessin.", flüstere ich und gebe ihr einen letzten Abschiedskuss. Nicht nur bestimmt... Auf jeden Fall... Ich grinse in mich hinein. Verkrampft werden wir von den anderen beobachtet, doch das macht mir nichts aus. Alice schon. Sie zappelt in meinen Armen und macht sich schließlich los. ,,Bis bald, Henning.", sagt sie, streicht mir noch kurz durchs Haar und begleitet uns dann hinaus. Die Tür fällt krachend ins Schloss. Die Jungs und ich machen uns glücklich und zufrieden auf den Weg zum Proberaum.

Das Porzellanmädchen [✔]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt