Prinzessin

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-Alice
Hat er das wirklich gesagt? Mein Lächeln kann ich kaum noch verstecken. Ich greife mit beiden Händen sein Gesicht und ziehe ihn ein Stückchen näher an mich heran. Ich bin deutlich kleiner als er. Ich spüre, wie sein Puls rast und verliere mich in seinen Augen. Er wirkt wie ein scheues Reh, verschreckt  von einem großen Laster, der um die Kurve rauscht. Ich sehe, dass ihm eine große Last vom Herzen gefallen ist und streichle mit meinen Daumen sanft sein Gesicht. "Vielleicht sollten wir uns an einem warmen Ort verziehen. Mir ist ziemlich kalt und du siehst verdammt müde aus. Du solltest vielleicht noch eine Runde schlafen." flüstere ich ihm zu und warte auf eine Antwort.

-Henning
,,Hmmmm...", murmle ich mit rauer Stimme. Gebannt von ihrem kreisenden Daumen in meinem Gesicht und diesem Lächeln, das so liebenswürdig ist, dass es mir die Sprache verschlägt. Meine Stimme ist heiserer als sonst.
Ich sauge jedes Detail ihres wunderschönen Gesichts in mich auf. Die hohen Wangenknochen, der sanfte Schwung ihres Kiefers, der leichte Knubbel auf der Nase, die volle Unterlippe, ihre moosgrünen Augen, die dichten blonden Haare, die ihr Gesicht umrahmen. Ich kann nicht anders, ich muss sie berühren. Meine eine Hand legt sich wie von selbst um ihre Wange, während mein Herz mir aus der Brust zu springen droht, so sehr rast es. Ihre Lippen verziehen sich zu einem seeligen Lächeln, aber gleichzeitig liegt da eine gewisse Angst in ihrem Blick, die ich ihr nehmen will. Meine andere Hand streicht mit dem Fingerknöchel über ihre Wange. Sie schaudert. Ich lächle und wage mich weiter vor: fahre mit meinem Daumen über ihre Unterlippe, Streich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr, während sie mich bei all diesen Berührungen nur verwundert anschaut. ,,Also Prinzessin...", sage ich entspannt, als wäre nichts geschehen, "du kannst mit zu mir kommen." Mein Lächeln wird immer breiter, als sie mich noch vollkommen perplex mustert.

-Alice
Prinzessin? So hat mich mein Vater früher immer genannt. "Ich hoffe, ihr habt aufgeräumt!" Der Versuch, lustig zu sein, ist wohl eher gescheitert, aber das ist mir egal. ER HAT MICH ZU SICH NACH HAUSE EINGELADEN! Nachdem wir unsere Hände von einander lösen konnten, machten wir uns auf dem Weg zu ihm. Wir schweigen, aber das ist okay. Ich fühle mich so unglaublich wohl gerade. Das kann mir keiner nehmen. Das hier passiert wirklich. Und egal, wie die Sache hier ausgeht, ich kann mich immer an diesen Moment zurückerinnern. Etwas schüchtern greife ich nach seiner Hand und schwenke meinen Kopf zu ihm. Er versteckt sein Lächeln hinter seinem 1. FC Köln Schal. Vielleicht bist du doch kein Idiot, Alice!

-Henning
Ich greife entschieden nach ihrer Hand. Ihre Hände sind kalt. Mit meinem Daumen fahre ich ein unbestimmtes Muster über ihre Haut nach und grinse weiterhin blöd in meinen Schal. Ich hoffe, sie sieht das nicht... Muss echt bescheuert aussehen... Das Schweigen zwischen uns stört mich kein bisschen. Ich fühle mich so gut in diesem Moment. Sie lächelt. Breit. Und die ganze Zeit. Ihre Zähne sind weiß und gerade. Meine Augen finden wieder einmal den Weg zu ihren Lippen. Ob sie gut küssen kann? Mein Grinsen wird, wenn das überhaupt möglich ist, noch breiter. Wir nähern uns langsam unserer Wohnung. Ihre Hände sind inzwischen warm.

-Alice
Etwas hilflos sucht er seine Hosentaschen nach seinem Schlüssel ab und öffnet die Tür. Er greift erneut nach meiner Hand und läuft eher rennt mir mir die Treppe hoch. Ein wenig außer Atem stehen wir beide vor einer massiven Holztür. Klassischer Altbau. Er schwingt spielerisch die anderen Schlüssel über seinen Schlüsselring und öffnet die Tür. Ob die anderen auch da sind? Ich stehe im Flur wie bestellt und nicht abgeholt, während Henning seine Jacke auf den Garderobenständer schmeißt. Ein wenig Aufregung macht sich in mir breit und ich warte darauf, dass die Ruhe unterbrochen wird.

-Henning
Mein Blick fällt auf Alice, wie sie ,wieder einmal total verloren , im Flur steht. ,,Willst du nicht deine Jacke und Schuhe ausziehen?", frage ich leicht irritiert und bekomme dieses ständige Grinsen nicht mehr aus meinem Gesicht. Sie nickt abwesend und hängt ihre Jeansjacke ebenfalls auf einen der Garderobenhaken. Ich sehe die Fragen in ihrem Gesicht. ,,Wo die Jungs sind, weiß ich nicht.", beantworte ich ihre nicht ausgesprochene Frage. Sie nickt lächelnd und geht langsam vor in unser geräumiges Wohnzimmer und setzt sich auf das Sofa, auf dem immer noch ein Pulli rumliegt, der niemandem zu gehören scheint. ,,Ich schaue mal schnell in der Küche, ob sie eine Nachricht hinterlassen haben.", meine ich, da es überraschend ruhig in der Wohnung ist. Und tatsächlich neben meinem Zettel klebt ein weiteres Stück Papier mit der Aufschrift:,, Wir sind alle zu Ferdi gefahren, damit du sturmfreie Bude für dich und deine Lady hast. Viel Spaß ;) - Deine dich zu gut kennenden Freunde." Ich unterdrücke einen leisen Fluch bei dieser Nachricht. Sie kennen mich wirklich viel zu gut! Ich gehe zurück zu Alice ins Wohnzimmer, die sich mittlerweile die Fotos auf der Kommode ansieht.

-Alice
"Dieser Pulli, hmm? Hattet ihr Damenbesuch?" Ich grinse, aber Henning sieht sofort, dass ich das eigentlich absolut nicht lustig finde. Keine Antwort. Er macht sich auf in die Küche und ich betrachte die Fotos auf der Kommode neben mir. Es sind Fotos von den Jungs. Die passen zusammen wie Arsch auf Eimer. Es war wohl Schicksal, dass sie sich kennengelernt haben. Nicht gesucht, aber gefunden. " Sag mal, wie lange kennt ihr euch eigentlich schon?" Henning kommt zurück ins Wohnzimmer. "Ihr könnt echt froh sein, euch zu haben. Wie die drei Musketiere... ohne die komischen Schnauzer." Wir lachen und Henning setzt sich zu mir auf die Couch.

Das Porzellanmädchen [✔]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt