NATE
Ich hielt auf dem kleinen Parkplatz, welcher sich am Eingang des Waldes befand und wo normalerweise Wanderer ihre Autos abstellten. Heute war es der Treffpunkt meiner Motorradgruppe, die das erste Mal seit langem mal wieder etwas geplant hatte.
»Da ist ja unser Küken«, begrüßte mich Joshua, der Älteste unserer Gruppe und klopfte mir auf die Schulter. Er war groß, aber sehr breit: in seinen jungen Jahren war er sicher mal ein gutaussehender junger Mann gewesen, jetzt hatte er einen grauen Bart, beinahe eine Glatze und bekam mit jedem Mal mehr Falten.
»Wenigstens sehe ich noch gut aus und habe nicht so einen Bierbauch«, entgegnete ich mit einem Grinsen, während ich den Helm abnahm.
Unsere Motorradgruppe bestand derzeit aus 17 Leuten, wovon heute ganze 10 anwesend waren, was mehr waren als sonst. Für gewöhnlich kamen gerade mal 6 oder 7, wenn es denn überhaupt mal mit einem Treffen klappte.
»Super, da ist ja der Schwule unserer Gruppe wieder! Endlich kann ich wieder schlechte Schwulenwitze reißen!«, meinte Tony und wuschelte mir grinsend durch die Haare, als wäre ich ein kleines Kind, obwohl er gerade einmal drei Jahre älter war als ich. Mit meinen zwanzig Jahren war ich der Jüngste der Gruppe, was mir auch den liebevollen Spitznamen Küken eingebracht hatte, den ich vermutlich auch dann nicht los werden würde, wenn jemand noch jüngeres die Gruppe beitreten würde oder ich älter wurde.
Jeder in der Gruppe wusste, dass ich auf Männer stand und damit waren sie auch die Einzigen, denen ich das jemals erzählt hatte. Es war nicht so, dass ich es verheimlichte – aber ich erzählte es auch nicht einfach so, wenn man mich nicht danach fragte. Sie alle hatten das so locker aufgenommen und behandelten mich noch immer so vertraut wie vorher auch. Und da sollte mal einer sagen, alle Biker wären asozial – es waren die nettesten Menschen die ich je kennengelernt hatte und in deren Gegenwart ich mich immer wohl fühlte.
»Du tust ja gerade so, als ob ich Jahre lang verschollen gewesen wäre«, meinte ich und begrüßte auch die anderen mit dem üblichen Handschlag.
»Wir können ja auch nichts dafür, wenn du wieder einen neuen Lover hast und die Wochenenden ständig bei ihm rumhängst«, meinte Tony dann und holte aus seiner Tasche eine Schachtel Tic Tacs. Er war regelrecht süchtig danach und ich hatte ihn noch nie ohne einer Packung in seiner Jackentasche gesehen.
»Er ist nicht mein Lover. Wir sind nur befreundet«, verteidigte ich mich und er grinste nur.
»Mal sehen wie lange noch.« Ich verdrehte die Augen.
»Ich habe übrigens sehr gute Nachrichten: Nach unserer Tour gibt es bei mir eine Grillparty«, sagte Joshua, womit er natürlich gleich die Aufmerksamkeit aller hatte.
»Sagt denn deine Frau nichts dazu?«
»Die ist mit ihrer Freundin weggefahren und sie war es auch, die den Vorschlag gebracht hat, dass ich euch einladen könnte. Wir haben gestern schon jede Menge Sachen eingekauft.« Begeistertes Murmeln in der Gruppe, dann diskutierten wir wo wir lang fahren würden und schon begann unsere Motorradtour.
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»Alles gut bei dir?« Ich zuckte zusammen, als Leon neben mir erschien und sich neben mich stellte. Wir waren jetzt in Joshuas Garten, während die anderen gerade den Grill anzündeten und das Fleisch auf einem kleinen Tisch daneben türmten, hatte ich mich etwas abseits hingestellt, mir die erste Flasche Bier genehmigt und gerade meine Zigarettenschachtel aus der Jackentasche gekramt.»Ja, wieso sollte nicht alles gut sein? Auch eine?« Ich hielt ihm die Schachtel hin und er zog dankend eine heraus, ehe er sich neben mich stellte.
»Ich frage nur, weil du heute so ausgeglichen wirkst und öfter gelächelt hast.« Es wunderte mich, dass ihm das überhaupt auffiel. Leon war ziemlich ruhig, er überließ die meisten Entscheidungen der Gruppe und obwohl man merkte, dass es ihm Spaß machte konnte er es ähnlich wie ich nicht so wirklich zeigen und hatte oft einen ernsten Gesichtsausdruck.
»In letzter Zeit lief auch alles ziemlich entspannt. Sowohl auf der Arbeit wie auch im Privatleben. Ich kann mich jedenfalls nicht beschweren.« Er lächelte, dann zündete er die Zigarette an und warf mir einen Seitenblick zu.
»Das ist schön, ich hoffe für dich dass es weiterhin so gut läuft.Auch wenn ich weiß, dass Tony vorhin nur gescherzt hat, es war doch etwas Wahres dran, oder? Du scheinst dich für jemanden zu interessieren. Zumindest entnehme ich das aus der Tatsache, dass du heute öfter auf dein Handy geschaut hast als gewöhnlich und dabei immer zufrieden aussahst.«
»So ist es nicht. Also ich bin nicht verliebt, aber es gibt jemanden, den ich als Person ziemlich interessant finde. Er ist das komplette Gegenteil von mir und trotzdem verstehen wir uns super und haben uns schnell angefreundet.«
»Ist doch gut.« Wir rauchten auf, dann gesellten wir uns wieder zu den anderen, die gerade um den Grill herum standen oder bereits am Tisch saßen. Fast sofort, als ich mich hinsetzte, nahm ich mein Handy in die Hand und war überrascht, dass ich tatsächlich eine Nachricht von Key hatte. Ich hatte ihm vorhin ein Bild geschickt, als wir gerade kurz Pause gemacht hatten und er hatte ebenfalls mit einem Bild geantwortet, nur dass er vor einem Stapel Manga saß und meinte, dass er gerade ein paar alte Reihen nochmal las. Sofort lächelte ich und tippte eine Antwort. Vielleicht hatte Tony doch nicht ganz unrecht und ich begann noch irgendwann Gefühle für ihn zu entwickeln, immerhin schaute ich das Bild nicht nur ein paar Sekunden an... und mein Blick galt nicht seinen Mangas.

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Dark Shame (Boyslove)
Teen FictionKey ist ein Otaku, wie er in sämtlichen Klischee Büchern anzutreffen ist: Regale voller Manga, Figuren und Merchandise, seine Freizeit verbringt er zum Großteil mit Anime schauen. Er kennt sich in den Genren welche er mag aus, ist oft das "Animelexi...